GEMA-Jurist Kai Welp fühlt sich vom US-Unternehmen OpenAI bislang mit "formaljuristischen" Antworten abgespeist, wie er dem BR sagte. Jetzt müssten daher die Gerichte entscheiden: Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) klagt gegen das in San Francisco beheimatete US-Unternehmen OpenAI (externer Link), Betreiber des viel gefragten ChatGBT-Systems.
Der Netz-Dienst (Chatbot) beantwortet mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI, englisch Artificial Intelligence, abgekürzt AI) beliebige Fragen von Nutzern. Der Vorwurf der GEMA, die rund 95.000 Urheber vertritt: Das amerikanische Unternehmen habe seine Computer "offensichtlich" mit Liedtexten "gefüttert", ohne dafür Lizenzgebühren zu bezahlen. Jedenfalls könnten die Nutzer von ChatGBT auf entsprechende Fragen Originaltexte der von der GEMA verwalteten Songs abrufen.
"Die wollen schlichtweg nicht zahlen"
"Die haben sich die Werke, die ihnen nicht gehören, genommen und damit ihre Maschinen trainiert", so Welp über Open AI. "In vielen Fällen gelingt es eben, aus den Maschinen die Originalwerke, mit denen sie trainiert worden sind, wieder herauszuholen. Damit wollen wir letztlich ein Lizenzmodell durchsetzen, bei denen die KI-Unternehmen dafür den Urhebern eine Vergütung bezahlen, wenn sie deren Content für ihre Systeme nutzen."
OpenAI habe zwei Milliarden US-Dollar Jahresumsatz, so Welp: "Natürlich könnten die, wie jedes andere Unternehmen auch, das Content benutzt, dafür bezahlen. Das wollen die schlichtweg nicht."
"Wir müssen gewisse Erfahrungen sammeln"
Gefragt, um welche Summe eigentlich gestritten wird, blieb der Jurist allerdings unkonkret: "Es gibt keinen am Markt durchgesetzten Tarif. Wir würden zunächst in Verhandlungen gehen und müssten vermutlich erst mal gewisse Erfahrungen sammeln, die wir nur im Gespräch mit dem Verantwortlichen sammeln können, um festzustellen, wie intensiv unsere Werke genutzt worden sind. Wir haben ja keine konkreten Informationen, was da in die Maschinen hineingeflossen ist. OpenAI gibt ja keine Informationen darüber, welche Werke zum Training genutzt worden sind."
Die GEMA wird von prominenten Mitgliedern wie Reinhard Mey, Peter Plate und Rolf Zuckowski unterstützt. Aufsichtsratsvorsitzender Ralf Weigand argumentierte, menschliche kreative Leistungen dürften nicht als "Gratisvorlage für die Angebote der KI-Anbieter in einer zutiefst wirtschaftlichen Verwertungskette dienen". Es gehe um die "Lebensgrundlage von Kreativen".
OpenAI: "Respektieren Rechte von Urhebern"
Ein Sprecher von OpenAI teilte dem BR auf Anfrage schriftlich mit, die Klage der GEMA werde "geprüft": "Wir respektieren die Rechte von Urhebern und Eigentümern von Inhalten und sind der Meinung, dass sie von der KI-Technologie profitieren sollten. Wir führen produktive Gespräche mit vielen Kreativen und deren Vertretern auf der ganzen Welt und haben uns kooperativ bemüht, ihre Bedenken zu verstehen und uns darüber zu verständigen. Wir sind optimistisch, dass wir weiterhin Wege der Zusammenarbeit finden werden."
Grundsätzlich sei es bei "mutmaßlichen Rechtsverletzungen" jederzeit möglich, OpenAI zu kontaktieren. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen eine neue Plattform schafft, auf der Urheber unbürokratisch ihre Ansprüche anmelden und beispielsweise auch regeln könnten, inwieweit ihre Inhalte in Bildung und Forschung verwendet werden dürfen. Bisher gibt es dazu nur Spekulationen.
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