Als Jorge Mario Bergoglio vor zehn Jahren zum Papst gewählt wurde, ging ein Ruck durch die katholische Welt. Bei Gläubigen, die auf Veränderungen drängten, keimte Hoffnung auf. Dieser freundliche Mann sollte alles anders machen. Der nicht im Benz, sondern im Fiat fährt. Dem die Umwelt und die Armen am Herzen liegen. Mit der Superkraft der Bescheidenheit sollte Franziskus I. die Kirche reformieren.
Franziskus - ein Papst als Superheld der Bescheidenheit?
Und dann erst der Name! Ein Papst, der die Kirche wieder vom Kopf auf die Füße stellen sollte. In Rom fanden sich gar Graffiti, die den Papst als Superheld der Bescheidenheit zeigten.
Fragt man auf dem Petersplatz nach, sind sich die meisten einig: Franziskus sei ein Papst "für die Geschichtsbücher". Er sei "ein sehr liebenswürdiger Papst, weil er die Natur liebt, der auch sehr auf den Klimawandel achtet ", sagt eine Frau. Und ein Familienvater fügt hinzu: "Uns hätte nichts Besseres passieren können."
Doch gerade in der römischen Kurie, unter den Kardinälen, haben bei weitem nicht alle eine so positive Sicht auf ihren Chef. "Kommentatoren aller Couleur sind sich darin einig, dass dieses Pontifikat in vielerlei oder mehreren Hinsichten ein Desaster ist, eine Katastrophe", schrieb der mittlerweile verstorbene Kardinal George Pell.
Papst-Graffiti an den Häusern von Rom
Welches Papstbild trifft zu? Visionär, Zerstörer, Gescheiterter? Was ist die Bilanz nach zehn Jahren Papst Franziskus? Maler Mauro Palotta, Künstlername MauPal, kennt sich aus mit Papstbildern. Seit Jahren verwendet er Franziskus als Motiv zum Beispiel beim Thema Umwelt- und Klimaschutz. Auf einem Bild, das eine ganze Hauswand ziert, sieht man den Pontifex, wie er durch ein Seil gesichert vom Himmel herabhängt und mit einem Fensterwischer versucht, diesen vom Smog zu reinigen.
Palotta hat Franziskus auch schon persönlich getroffen. "Ich war sehr aufgeregt und muss gestehen, dass ich ihn in der Anrede nicht Seine Heiligkeit nannte, sondern Herrn Papst", erinnert er sich. "Das war ein bisschen ungewöhnlich. Und er brach in Gelächter aus."
Bilder gehen im Netz weltweit viral
MauPals Papst-Bilder an den Fassaden der ewigen Stadt gingen weltweit im Netz viral. Mittlerweile arbeitet er in seinem Studio in Rom an einem neuen Werk. Diesmal für das Kinderkrankenhaus Bambino Gesu. In einer Skizze ist zu sehen, wie ein Kind im Rollstuhl Franziskus anschubst, der ebenfalls im Rollstuhl sitzt und nach einer Taube greift.
Er wolle den kleinen Kindern im Krankenhaus Bedeutung verleihen, so der Künstler, "die mit ihrer Kraft und ihrem Enthusiasmus wie auf einer Schaukel Papst Franziskus anschubsen, damit er den Frieden erreicht".
Palotta wohnt und arbeitet im Borgo, direkt neben dem Vatikan. Päpste als Nachbarn hat er schon einige erlebt. Doch noch keiner hat den Maler mit den teils provokanten Motiven so inspiriert wie Franziskus. "Ich erinnere mich an die ersten Tage, nachdem er Papst geworden war", erzählt er. "Er verließ immer wieder den Vatikan, kaufte eine Brille wie ein normaler Mensch. Und diese, sagen wir mal, Normalität, die ein Papst nicht haben sollte, hat mich so sehr beeindruckt, dass ich angefangen habe, ihn unter die Lupe zu nehmen."
Besonders beeindruckt Palotta, dass sich Franziskus' Blick vor allem auf die Schwächsten richtet. Hier sieht er den Papst ganz nah bei seinem Namenspatron: "Der heilige Franziskus wollte die Kirche von innen heraus verändern. Und dieser Papst versucht es zumindest. Es ist kompliziert, er nimmt so viele absurde Privilegien weg."
Stadt Rom entfernt MauPals Franziskus-Graffiti immer wieder
MauPal kann das Wandgemälde von Franziskus im Kinderkrankenhaus anbringen. Hier bleibt es hängen. Anders als im Borgo. Dort werden alle seine Papstbilder von der Stadt Rom entfernt. Seine anderen Werke, wie Portraits der Nachbarn, Katz und Maus und sogar der heilige Stefan mit Corona-Impfstoff nicht.
Nach der Beseitigung eines Werks, das Papst Franziskus beim Tic-Tac-Toe spielen zeigt, während ein Schweizer Gardist an der Hausecke Schmiere steht, sei es zu einer Art kleinen Revolution im Viertel gekommen, erinnert sich der Künstler. Zuallererst seien die Besitzer des Ladens sehr traurig gewesen, an deren Wand das Bild gemalt war. "Ich empfand es als grundlose Gewalt", so Maupal. "Denn das Graffiti hat allen gefallen. Es war in allen Zeitungen der Welt. Stattdessen wollten sie es um jeden Preis entfernen. Und ich habe es nicht verstanden."
Schuld an der Entfernung der Papstbilder ist für MauPal die Stadtverwaltung, die nicht wolle, dass man sein Papstbild beschmiert und so ins Negative ziehe. Für die Nachbarschaft steckt der Vatikan dahinter, die Gegner von Franziskus, die gegen jedwede Reformen in der Kirche sind.
Papst Franziskus: Ein Superheld "wie jeder von uns"
Franziskus also der Superheld der Liberalen, die auf Veränderung in der Kirche hoffen und das Feindbild der Konservativen, die ihn als Katastrophe für die Kirche sehen und seine Bilder möglichst überall tilgen wollen? So einfach ist das für MauPal nicht, der den Papst bereits 2014 als Superpope dargestellt hat.
Franziskus sei nicht weltentrückt und kein Idol, meint der Zeichner: "Wenn man sich die Zeichnung genau anschaut, die ich mit dem Papst Superman gemacht habe, dann sieht man einen Herrn mit einem kleinen Bauch, der eine Brille trägt und aus dessen Handtasche der Schal seines Lieblingsvereins San Lorenzo, herausschaut. Er ist also kein Idol, er ist ein ganz normaler Mensch, der dann auch ein Held sein kann, so wie jeder von uns."
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