Was machen mit der Beton-brut-Architektur aus den 1960er- und 70er-Jahren? Es gibt eine Menge Bauten, bei denen sich die Frage stellt: abreißen oder sanieren? Betroffen sind auch einige bayerische Schulen aus jener Zeit, in der der sogenannte Brutalismus die Moderne prägte - raue, aber durchaus qualitätsvolle Sichtbetongebäude, an denen die Jahre nicht spurlos vorübergingen.
Vieles sprach für einen Abriss
Für den Abriss sprechen veraltete Grundrisse und Technikausstattungen, die Erhaltung nahe legen grundsätzliche Überlegungen zu Nachhaltigkeit und Ökologie im Sinne der bereits ins Gebäude gesteckten Materialien und Energien. Im Fall Gymnasiums im oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab lässt sich nun sagen: Die Architektenbrüder Peter und Christian Brückner haben die Schule sensationell saniert und in unsere Zeit geholt.
"Was für ein toller Ort!", schrieben die Architekten über das etwas oberhalb von Neustadt mitten im Wald gelegene Gebäude - und weiter: "Für die Lehrer und Schüler war das Schulgebäude ein ungeliebtes Kind mit undichten Dächern, vielen dunklen Räumen und einem zugewachsenen Innenhof, für uns Architekten ein echter Glücksfall mit großem Potenzial dafür, ein Ort für zeitgemäßes Lernen zu werden."
Außen und innen griffen die Architekten ein
Die Brückners haben den alten Innenhof überdacht und eine lichte Schulbibliothek samt Galerie daraus gemacht. Die angenehm breiten Korridore zu den Klassenzimmern wurden beibehalten, erhielten jedoch neue Sitznischen sowie Sichtfenster in die Klassenzimmer sowie das Lehrerzimmer und das Sekretariat. Transparenz und kommunikative Elemente sind die Devise. Sichtachsen durch das Gebäude nach draußen wurden geschaffen, die Klassenzimmer technisch und klimatisch ertüchtigt.
In der Aula, in der während unseres Besuchs ein Tanzkurs für die Schülerinnen und Schüler stattfindet, ließen die Architekten von der Decke abgehängte Elemente entfernen und fügten einen Tageslichtplafond ein. Plötzlich ist dort, wo früher Düsternis herrschte, Helligkeit. Glanz. Licht. Das motiviert, hebt die Stimmung, macht Architektur zur inspirierenden Hülle.
Besichtigung im Juni möglich
Und draußen, rund um den neu platzierten Haupteingang samt ausgedehnter Frei- und Sitztreppe, die zur Schule hinaufführt, haben Peter und Christian Brückner gezaubert. An die Fassade wurde poliertes, reflektierendes Alu-Dibond geschraubt, in dem sich nun die Umgebung spiegelt.
Bei den diesjährigen "Architektouren" am 29. und 30. Juni kann man die neue alte Schule in Neustadt besichtigen. Klar ist: Das Bauen im Bestand, wenn es so vollzogen wird, ist nicht nur nachhaltig und ressourcenschonend, sondern auch formal überzeugend.
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