"Wir sollen das so machen wie der TikTok-Account der Tagesschau". Joshua Grundmann versammelt sich mit seinen Mitschülern aus der 8b des Labenwolf-Gymnasiums in Nürnberg rund um einen Tisch. Die Jugendlichen sind mitten in ihrem Projekt. Das Ziel: Ein Video zum Thema Demokratie erstellen.
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Das Ganze ist Teil eines bayernweit einmaligen Pilotprojekts. Es geht dabei nicht nur darum, Videos auf Social Media zu konsumieren, sondern selbst welche zu produzieren. Die Aufgabe des Projekts besteht darin, die Schüler kreativ für Demokratie und Meinungsfreiheit zu begeistern.
Schüler sollen politisches Thema zusammenfassen
Dabei durfte die Schülergruppe ihr eigenes Thema wählen. "Wir haben uns die Frauenrechte ausgesucht, weil das gerade ziemlich wichtig ist", erklärt Schülerin Hannah Morgenroth. Das fertige Video soll am Ende zeigen, dass Frauen nicht überall gleichberechtigt sind. Und dass sich das ändern müsse. Gemeinsam überlegen die Schüler deshalb, was in ihrem Video vorkommen soll: Wie man politische und gesellschaftliche Inhalte zusammenfasst und zuspitzt.
"Jugendliche sind beeinflussbar von sozialen Medien"
Das Projekt ist eine Kooperation des Bildungs-Start-ups "DigitalSchoolStory" und des Nürnberger Verlags Tessloff, der für die Kindersachbuchreihe "Was ist was" bekannt ist. Durch Arbeitsprojekte soll die Demokratiebildung in den Schulen nachhaltig gelebt werden, erklärt Lehrer Matthias Göller im BR24-Interview – und das über ein Medium, das die Jugendlichen erreicht.
"Gerade in der Mittelstufe sind die Jugendlichen sehr beeinflussbar und beeinflusst von sozialen Medien." Dieses Projekt biete deshalb den Vorteil, das Thema Demokratie in den Deutschunterricht zu bringen, sagt Göller. "Dadurch ergeben sich viele Gespräche. Man merkt, dass das Thema Demokratie besprochen und reflektiert wird."
Fiktive Interviewszene soll Lage der Frauenrechte abbilden
Bei den Schülern kommt der kreative Ansatz an. "Alleine erfahre ich täglich nicht so viel über die Demokratie", sagt beispielsweise Alexandra Green, die ebenfalls Teil der Schülergruppe ist, die sich mit den Frauenrechten befasst.
Die Jugendlichen sind inzwischen dabei, das Video zu drehen. Joshua Grundmann hält ein Mikrofon in der Hand und spricht in die Kamera. "Frauen werden immer noch nicht gleichberechtigt, oder? Schauen wir uns mal an, wie das in anderen Ländern ist. Dazu jetzt ein Interview aus Deutschland." In dem von Mitschülern gestellten Interview ist anschließend zu sehen, wie der Fragesteller mit einer Frau aus Afghanistan reden möchte. Doch ihr Ehemann, der daneben steht, schneidet ihr immer das Wort ab.
Die Schüler erleben dadurch hautnah Themen, die sie über die Nachrichten vielleicht gar nicht mitbekommen würden. "Das ist natürlich grauenvoll, dass Frauen in Afghanistan gefühlt gar keine Rechte haben und eher wie Objekte behandelt werden", sagt Joshua Grundmann, als die Filmaufnahme beendet ist.
Erkenntnis der Schüler: "Es benötigt Zeit für Recherche"
Insgesamt 18 Stunden hatten die Schüler in drei Wochen Zeit für die Idee und das Erstellen des Videos. Noch fehlt dem Clip das filmische Fazit. Aber schon jetzt haben die Schüler etwas durch das Projekt gelernt. "Ich nehme mit, dass es viel mehr Aufwand ist, so ein Video zu erstellen, als man eigentlich denkt", sagt Joshua Grundmann. "Und, dass es Zeit für Recherche benötigt." Mitschülerin Ella Scheckenbach ergänzt: "Ich sehe oft TikToks und dann schaue ich in die Kommentare, ob das wirklich stimmt – und das stimmt meistens nicht."
Ob das Pilotprojekt am Labenwolf-Gymnasium in Nürnberg in Zukunft auch an anderen Orten Schule macht, ist offen. Fest steht, dass mindestens ein Teil der Schüler der 8b nach dem Projekt mehr über demokratische Inhalte und soziale Medien weiß als davor.
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