Es hätte einer der größten Momente seiner Karriere werden sollen: Auf der 18. Etappe der Tour de France sah der Augsburger Radprofi Georg Zimmermann seine Chance und attackierte. Für den Etappensieg reichte es dann aber nicht, er erreichte Platz 23. Wie er sich nach dem Rennen in seiner Heimat erholt hat, und warum die Tour de France trotzdem ein Erfolg für ihn war, erklärt der 26-Jährige im Interview.
BR24: Georg Zimmermann, über 200 Tage im Jahr sind Sie mit Ihrem Team Intermarché-Circus-Wanty in der Welt unterwegs. Was machen Sie als erstes, wenn Sie wie nach der Tour de France vor vier Wochen nach Hause kommen?
Georg Zimmermann: Erst mal habe ich einen großen Koffer voller Schmutzwäsche, die gewaschen werden muss, dann gehe ich ins Büro, wo mein Posteingang überquillt. Erst danach kann ich mir dann überlegen, in welches Restaurant ich mal wieder gehen würde oder ob das Wetter zum Baden einlädt. Nach der Tour de France habe ich über vier Wochen Pause gehabt. Jeden Tag war ich schwimmen oder im Biergarten. Den halben August habe ich aber auch vor dem Fernseher verbracht.
BR24: Wegen der Olympischen Spiele in Paris, nehme ich an. Dort gab es ja auch Straßenradrennen. Deutschland hatte nur zwei Startplätze, am Ende hat sich der Bund Deutscher Radfahrer nicht für Sie entschieden.
Georg Zimmermann: So ist es im Sport: Auf einen Erfolg kommen zehn Misserfolge, daran bin ich schon gewöhnt. Ich konnte die Spiele nicht immer genießen, weil ich eigentlich lieber in Paris gewesen wäre als zu Hause auf dem Sofa. Aber die beiden Deutschen sind super Rennen gefahren. Maximilian Schachmann ist im Zeitfahren Neunter geworden, das ist definitiv aller Ehren wert. Auch Nils Politt ist beim Straßenrennen ganz toll unterwegs gewesen, bis er rund 30 Kilometer vor dem Ziel mit Magenproblemen ausscheren musste. Die Jungs haben Deutschland formidabel vertreten. Ich habe die tollsten Olympischen Spiele erlebt, seitdem ich sie verfolge.
BR24: Bei der Tour de France im vergangenen Jahr hätten Sie fast einen Etappensieg errungen, Sie sind Zweiter geworden. Heuer machte es den Eindruck, dass es schwieriger für Sie war. Lag das auch daran, dass es für Ihr Team gut gelaufen ist?
Georg Zimmermann: Dieses Jahr fuhr das Team ganz im Zeichen unseres eritreischen Leaders Biniam Girmay: Der hatte die Form seines Lebens, hat drei Etappen und das Grüne Trikot des besten Sprinters gewonnen. Dementsprechend hatte ich aber auch viel Arbeit: Bei den Bergetappen haben wir öfter mal auf Biniam gewartet, um ihn dann für die Sprintwertung wieder heranzuziehen. Am Ende ist es perfekt aufgegangen.
BR24: Also war die Tour de France auch ein Erfolg für Sie?
Georg Zimmermann: Der 18. Etappe trauere ich schon ein bisschen nach: Ich habe mich richtig gut gefühlt, es lief sehr gut. Am Ende ist nicht alles perfekt aufgegangen. Aber das Grüne Trikot für Biniam war der größte Erfolg, bei dem ich jemals dabei sein durfte. Als Teamkollege war es für mich eine ganz neue, tolle Erfahrung, bei der Tour de France absolut im Rampenlicht zu stehen und in einem der Topteams zu fahren. Wenn ich in zehn Jahren meine Karriere beende und ein Resümee ziehe, wird diese Tour de France ein absolutes Highlight sein.
BR24: Die Saison ist aber noch nicht vorbei für Sie. Morgen beginnt die Deutschland-Tour in Schweinfurt. Dort ist es immer gut für Sie gelaufen.
Georg Zimmermann: Ja, in den letzten Jahren habe ich ein Nachwuchstrikot gewonnen, war einmal Vierter und einmal Fünfter in der Gesamtwertung, Dritter auf der Schlussetappe. Außerdem sind im September noch zwei World Tours in Kanada. Ein großes weiteres Saisonziel sind die Weltmeisterschaften Ende September in Zürich. Nach der Deutschlandtour will ich auf sie hintrainieren.
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