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Der FC Bayern München steht in der Fußball-Bundesliga auf Tabellenplatz eins. Nachdem der Serienmeister die vergangene Saison ohne Titel beendet hatte, wurde einmal mehr der Trainer getauscht. Seit dem 1. Juli 2024 ist Vincent Kompany der starke Mann auf der Bayernbank. Er ist der neunte Trainer der Bayern in den vergangenen zehn Jahren. Von den 18 Teams, die aktuell in der Bundesliga spielen, hatten acht Mannschaften im selben Zeitraum sogar noch mehr Trainer, darunter etwa Borussia Dortmund (11) oder der VfB Stuttgart (15).
Kontinuität findet sich dagegen in Heidenheim, wo Frank Schmidt seit 2007 Cheftrainer ist, sowie beim SC Freiburg, der in den vergangenen zehn Jahren nur einmal den Trainer gewechselt hat und das auch nur, weil Christian Streich sein Amt nach zwölf Jahren niederlegte.
In welcher Sportart gibt's die meisten Trainerwechsel?
Im Netz sorgen Trainerwechsel immer für Diskussionen, auch bei der BR24-Community. Als sich kürzlich in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) die Straubing Tigers von ihrem Trainer Tom Pokel trennten, fragte etwa "lauris": "Warum wechseln Trainer so häufig? Ist das öfters als beim Fußball?"
Trainerwechsel innerhalb einer Saison gebe es häufig dann, wenn Mannschaften hinter ihren Erwartungen zurückbleiben, erklärt Sportwissenschaftler Sebastian Zart von der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern. Anders als bei Spielern, die nur in Transferperioden wechseln dürfen, könne ein Trainerwechsel zu jedem Zeitpunkt umgesetzt werden.
Um einen Vergleich zwischen den Sportarten anzustellen, hat das Team von "Dein Argument" die Trainerwechsel der vergangenen zehn Jahre in verschiedenen deutschen Sportligen gezählt. Dabei zeigte sich: In der Fußball-Bundesliga der Männer wird der Trainerstuhl am häufigsten neu besetzt. Durchschnittlich 8,5 Cheftrainer hatten die aktuellen Bundesligisten seit Januar 2015 unter Vertrag.
Knapp dahinter folgen die Mannschaften der Deutschen Eishockey Liga. Dort liegt der Durchschnittswert bei rund sieben Trainern pro Team. Noch niedriger ist der Wert in der Basketball-Bundesliga (6,18), der Fußball-Bundesliga der Frauen (5,63) und in der Handball-Bundesliga (4,94).
Trainer als "Bauernopfer"
Woher kommt diese Diskrepanz? "In Deutschland ist der Fußball die mit Abstand umsatzstärkste Sportart", so Gregor Hovemann, Dekan der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig gegenüber BR24. Der Erfolgsdruck sei am größten. Ein Trainer sei häufig das beliebte "Bauernopfer". Durch den Wechsel könne das Management zeigen, dass es Veränderungen zum Wohle des sportlichen Erfolgs anstellt. Auch Sebastian Zart von der TU Kaiserslautern spricht davon, dass "Fußball medial viel stärker im Fokus" stehe als andere Sportarten.
Was die Experten meinen: Vergleicht man Etats, Transfersummen, Sponsorengelder oder Einschaltquoten, liegt der Fußball in allen Bereichen in Deutschland weit vorne.
So hat die Fußball-Bundesliga in der Saison 22/23 einen Umsatz von 4,45 Milliarden Euro erzielt. Im selben Zeitraum lag der Umsatz der DEL bei 150 Millionen Euro, der der BBL bei 127,5 Millionen Euro. Auch bei den Personalkosten gibt es deutliche Unterschiede: Lagen sie in besagter Saison bei den Bayern-Fußballern beispielsweise bei rund 415 Millionen Euro, kamen die Basketballer des FCB mit 19,6 Millionen Euro aus.
Lohnen sich Trainerwechsel?
In den Kommentarspalten bei BR24 hinterfragen User die Sinnhaftigkeit von Trainerwechseln. "Das ist wieder einmal der einfachste Weg, den Trainer zu entlassen", schrieb etwa "Schmidt17". "NedEgal" und fragte rhetorisch: "Ob es wirklich immer am Trainer liegt?"
Die Frage, ob sich Trainerwechsel lohnen oder nicht, könne nicht pauschal beantwortet werden, sagt Sportwissenschaftler Sebastian Zart. So kamen verschiedene Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen. Demnach hätten etwa die Hälfte dieser Studien positive Effekte auf die Leistung einer Mannschaft gezeigt, die andere Hälfte negative. Ob ein Trainerwechsel helfe oder nicht, hänge von der Situation ab. Wenn die Krise einer Mannschaft etwa durch tiefe strukturelle Probleme verursacht werde, könne ein Trainerwechsel die schwachen Leistungen sogar verstärken, so Zart weiter. Auf der anderen Seite könne ein neuer Trainer ein Team durch neue Impulse zurück in die Erfolgsspur führen.
Eine Studie von Sebastian Zart und Arne Güllich aus dem Jahr 2022 hatte rund 4.000 Spiele und 150 Trainerwechsel in der deutschen Fußball-Bundesliga, der spanischen Primera División und der britischen Premier League analysiert. Dabei habe sich gezeigt, dass bei einer Unzufriedenheit der Spieler mit ihrem Trainer ein Wechsel sofort zu einem Leistungsanstieg von einem Spiel zum nächsten führe. "Der positive Einfluss war bis zu 16 Spieltage nach dem Trainerwechsel gegeben", so Zart im April 2023.
Hinweise der Redaktion: Bei der Statistik wurden alle Trainerwechsel der aktuell in der ersten Liga spielenden Mannschaften der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt, ungeachtet dessen, ob das Team zum Zeitpunkt des Trainerwechsels auch in der ersten Liga spielte oder nicht. Mannschaften, die derzeit in der zweithöchsten Spielklasse oder niedriger spielen, wurden hingegen nicht mitgezählt. Hatte ein Trainer während dieses Zeitraums mehrere Amtszeiten im selben Verein, zählt jede Amtszeit einzeln. Auch Interimstrainer werden mit berücksichtigt.
Bei der Statistik zur Frauen-Bundesliga im Fußball wurde RB Leipzig rausgerechnet, weil die Mannschaft vor zehn Jahren noch nicht existierte. Bei der Handball-Bundesliga wurde der VfL Potsdam wegen unklarer Datenlage nicht berücksichtigt. Anfragen der Redaktion blieben unbeantwortet.
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