Zwei Torschüsse, 33 Prozent Ballbesitz, nur 74 Prozent angekommene Pässe. Bayer Leverkusen stand beim Topspiel gegen den FC Bayern 90 Minuten lang mit dem Rücken zur Wand. Derart ungefährlich hat man das Team von Xabi Alonso lange nicht mehr gesehen. Auch wenn das Topspiel in der unentschieden endete - der Rekordmeister hat im Duell mit dem amtierenden deutschen Meister die Kraftverhältnisse in der Fußballbundesliga wieder ein wenig - aus ihrer Sicht - zurechtgerückt.
Das 1:1 in der Münchner Arena alleine war dafür freilich nicht ausschlaggebend. Mit 13 Punkten führt der FCB nach fünf Spieltagen die Tabelle an, knapp vor Rasenballsport Leipzig (11 Punkte) und eben Leverkusen (10 Punkte). Die Möglichkeit, mit einem Sieg gegen Leverkusen ein erstes Ausrufezeichen zu setzen und der Konkurrenz zu enteilen, hat der FC Bayern verpasst, und doch hat man das Gefühl, dass diese Mannschaft eine andere ist, als die aus der vergangenen Saison.
Neuer unzufrieden: "Hätten den Sieg verdient gehabt"
"Die Art und Weise, wie wir aktuell Fußball spielen, die macht Spaß", sagte Müller kürzlich, nachdem seine Mannschaft den SV Werder Bremen mit 5:0 abgefertigt hatte, gegenüber dem "kicker" und fügte an: "Diese Dominanz, dieses Beherrschen des Gegners, das ist schon wieder neu." Müller reiht sich damit ein in eine Reihe von FC-Bayern-Stars und Verantwortlichen, die nicht nur den neuen Trainer Vincent Kompany lobten, sondern auch einen neuen Spirit, einen neuen Geist, der in der Mannschaft herrscht.
Die Gesichter seiner Kollegen nach dem 1:1 gegen Leverkusen waren weit weniger fröhlicher als das von Müller nach dem 5:0 gegen Bremen und dennoch bestätigten die Aussagen den Eindruck, dass die Münchner derzeit zu alter Stärke zurückfinden. "Wir hätten mehr verdient gehabt", sagte Münchens Kapitän Manuel Neuer mit finsterer Miene am Sky-Mikrofon und fügte an. "Wir waren die klar bessere Mannschaft, wir waren drückend, wir hatten mehr Chancen, hätten den Sieg verdient gehabt."
Xhaka freut sich über Punkt in München
Und so war auch die Aussage von Leverkusens Kapitän Granit Xhaka, der mit seiner Mannschaft am Ende der vergangenen Saison 18 Punkte vor dem FC Bayern stand, Zeugnis einer neuen alten Zeitrechnung im deutschen Fußball. "Das war defensiv eine sehr, sehr, sehr gute Leistung. Dass wir mit dem Ball mehr machen können, wissen wir alle, aber wenn einer vorher gesagt hätte, dass wir einen Punkt mitnehmen, dann hätten wir das unterschrieben", resümierte er zufrieden. Und Leverkusen-Trainer Xabi Alonso nannte Gründe für den Münchner Umschwung: "Die Energie und der Glauben sind wieder da."
Der Traum vom "Finale dahoam 2.0"
Die Saison ist noch jung. Fünf Bundesligaspiele, je eine Partie in DFB-Pokal und Champions League - doch beim FC Bayern ist das Vertrauen in die eigene Stärke zurück, das zuletzt verloren gegangen war. Das Auftreten und das neue Spielsystem von Vincent Kompany, eine gute Balance im Kader aus altgedienten Topstars und talentierten Emporkömmlingen, Konkurrenzkampf auf fast jeder Position - all das führt zu einem anderen Selbstverständnis: An der Säbener Straße glaubt man nicht nur wieder an Titel, man nimmt sie sich fest vor.
Der größte von allen ist zweifelsohne der Champions-League-Titel, der zum ersten Mal seit dem dramatischen "Finale Dahoam" 2012 wieder in München ausgespielt wird. "Es gilt alles daranzusetzen, dass wir noch einmal dort hinkommen", manifestierte kürzlich Manuel Neuer. Das "Mia san mia", das Vereinscredo, das in den turbulenten zwei Jahren, bei Spielern, Verein und Fans ein wenig abhandengekommen war, kehrt allmählich wieder zurück.
Ein Blick zurück zeigt: Der Weg zum Titel ist noch lang
Doch wie weit der Weg in ein Champions-League-Finale ist, das wissen die Münchner nur zu gut. Vor fünf Saisons ist es dem FC Bayern zuletzt gelungen, ein solches zu erreichen. Die Deutsche Meisterschaft landete da bekanntermaßen schon deutlich häufiger in der Vitrine der Säbener Straße.
Doch schon ein Blick in die vergangene Saison zeigt, dass eine anfängliche Euphorie, ausgelöst durch einen guten Saisonstart, noch lange nicht in Titel mündet. Auch am 5. Spieltag stand der FC Bayern recht frohen Mutes an der Spitze der Bundesligatabelle. Auch damals lautete die Bilanz: Vier Siege, ein Unentschieden und sogar ein Tor mehr hatte man erzielt als aktuell. Der Weg zu Ziel, das sollte allen klar sein, ist noch lang.
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