Zwei Jahre trainierte der Rekord-Nationalspieler die Grünwalder E-Jugend - doch vor Kurzem hat Lothar Matthäus hingeschmissen: "Den ganzen Tag am Telefon hängen und von Eltern anhören müssen, was ich alles falsch mache – das soll bitte ein anderer machen." BR24 hat mit einigen Jugendtrainern aus dem Raum Passau gesprochen. Die einhellige Meinung: Der Einfluss von Vätern oder Müttern geht vielen tatsächlich manchmal zu weit.
"Kann verstehen, dass Matthäus aufhört"
"Hinschmeißen würde ich nicht gleich, aber klare Ansagen in Richtung Eltern sind schon wichtig", kommentiert Michael Egner, C-Jugend-Coach beim SV Neukirchen/Inn im Landkreis Passau, den Fall Matthäus. Ähnlich äußern sich Stephan Uhlschmied und Christian Holzbauer, die beim SVN für die F-Jugend, also für die sechs- bis achtjährigen Talente, zuständig sind.
Diskussionen mit Eltern über Mannschaftsaufstellung, Ein- und Auswechslungen oder einzelne Spielzeiten würden sie nicht zulassen. Holzbauer: "Vor allem bei den jüngeren Mannschaften, denen man vermitteln soll, was Teamsport und Zusammenhalt sind, kann man nicht immer ein Kind herausstellen, das vielleicht etwas besser spielt als das andere. Ich kann verstehen, dass Matthäus da lieber aufhört."
Kinder werden verunsichert
Julia Mangelsdorff, Mutter zweier Jugendspieler, coacht die Neukirchner D-Jugend. Klar könnten und müssten sich Eltern auch einbringen, sagt sie. Allerdings gebe es Grenzen – etwa bei der Trainingsgestaltung und besonders im Spiel. Wenn Eltern direkt am Spielfeldrand stünden und rein plärrten, so Mangelsdorff, müsse man eingreifen, da das die Kinder total verunsichere. Verantwortliche aus umliegenden Vereinen sehen es genauso.
BFV: "Falscher Ehrgeiz, aus Kindern Profis zu machen"
Der Fall Matthäus habe das Thema überambitionierte Eltern im Fußball durchaus befeuert, so Fabian Frühwirth, Leiter Kommunikation beim Bayerischen Fußball-Verband (BFV) gegenüber BR24. Oft sei falscher Ehrgeiz im Spiel, um aus Kindern die Profis von morgen zu machen.
Der Verband hält zum Beispiel mit der Plakataktion "Bleibt's entspannt am Spielfeldrand" dagegen. Ein Hinweis darauf, dass Emotionen beim Fußball zwar dazugehören, aber Spaß am Ehrenamt im Vordergrund stehen und gerade Väter und Mütter Anstandsregeln einhalten sollten.
"Wir haben in den letzten drei Jahren 4.000 Jugendtrainer so ausgebildet, dass sie Konflikte mit Eltern lösen können", sagt Frühwirth. In Bayern gibt es laut BFV aktuell 24.000 Jugendmannschaften mit etwa 210.000 fußballspielenden Buben und Mädchen.
Kommunikativ und cool bleiben
Welche Tipps man Jugendtrainern geben könnte? Werner Steinleitner, seit über 30 Jahren Abteilungsleiter beim FC Fürstenzell, rät dazu, bei Meinungsverschiedenheiten mit Eltern kommunikativ und sachlich zu bleiben: "In den meisten Fällen findet man beim Reden mit den Leuten einen Kompromiss, wie viel Spielzeit ihre Kinder bekommen, ob und wann sie ein- oder ausgewechselt werden sollen." Und A-Jugend-Trainer Alois Mörtlbauer findet, man solle cool bleiben, als Coach sein Ding durchziehen, sich selbst aber schon immer wieder hinterfragen, ob man alles richtig mache.
In einem sind sich die befragten Experten einig: Auch wenn die "Problem-Eltern" in den vergangenen Jahren deutlich mehr geworden sind – die Mehrheit der Mütter und Väter verhält sich auf dem Fußballplatz dann doch sehr vernünftig.
- Zum Artikel: "Das sind Kinder": Verein wirbt für Respekt im Fußball
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