Sieben Monate vor Beginn der Heim-Europameisterschaft in Deutschland liegt die deutsche Mannschaft am Boden. Nach dem 2:3 gegen die Türkei sollte in Wien gegen Österreich eine Trendwende her – das ist krachend missglückt. Das 0:2 (0:1) durch die Treffer des Dortmunders Marcel Sabitzer (29.) und des Leipzigers Christoph Baumgartner (73.) wirft die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann, die spielerisch erneut nicht überzeugen konnte und sich zudem durch eine Undiszipliniertheit von Leroy Sané selbst schwächte, erneut zurück.
Für den möglichen deutschen EM-Gruppengegner Österreich war es der zweite Sieg gegen die DFB-Elf nacheinander – das hatte es zuletzt vor 92 Jahren gegeben.
"Die Rote Karte von Leroy fasst alles ein bisschen zusammen - den Frust, die Enttäuschung über sich selbst. Wir haben es Österreich zu leicht gemacht." Kapitän Ilkay Gündogan
Umstellungen bringen keine Besserung
"Wir wollen Variabilität testen. Auch mit Hinblick auf das Turnier", begründete der Bundestrainer vor der Partie im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion dem ZDF die Hereinnahme von Leon Goretzka. Der verdrängte so seinen Vereinskollegen Joshua Kimmich. Außerdem neu in der Startelf: Mats Hummels, der neben Antonio Rüdiger in die Innenverteidigung rückte, dafür übernahm Jonathan Tah die Außenverteidigerposition von Benjamin Henrichs.
Wenig Rotation also im Vergleich zur 2:3- Niederlage gegen die Türkei am vergangenen Samstag. Die Hoffnung auf mehr defensive Stabilität durch BVB-Routinier Hummels musste Nagelsmann aber schneller begraben, als ihm lieb sein konnte: Die mit acht Bundesligaspielern (plus den Ex-FC-Bayern-Profi David Alaba) gespickte ÖFB-Auswahl war von Beginn an giftiger und zielstrebiger und hatte nach nur zwei Minuten die erste gute Abschlusschance durch Christoph Baumgartner.
Chancenplus und Führung: Sabitzer trifft für Österreich
Und so ging es weiter. Während die DFB-Elf kaum mal in die Nähe des österreichischen Strafraums kam, hatten die Gastgeber mehrfach gefährliche Torszenen. Allein der Ex-Augsburger Michael Gregoritsch (SC Freiburg) hatte zwei Riesenmöglichkeiten, verzog aber einmal (12.) und scheiterte bei der bis dahin besten Torchance des Spiels an Kevin Trapp im deutschen Kasten (17.).
Österreichs Coach Ralf Rangnick schien schon mit der mangelnden Chancenverwertung zu hadern, als es dann doch klingelte: Marcel Sabitzer vernaschte Tah und vollendete flach und trocken ins kurze Eck – 1:0 (29.).
Sané verliert die Nerven
"Immer wieder Österreich“ skandierten die Fans. Den ersten deutschen Torschuss in dieser Partie gab Leroy Sané tatsächlich erst in der 32. Minute ab, der war aber kein Problem für Torhüter Alexander Schlager.
Hinten anfällig, wenig Tempo und kaum Lösungen im Spiel nach vorne – es war die nächste ernüchternde Halbzeit, auch für Rudi Völler und Hans-Joachim Watzke auf der Tribüne. Mit "Mentalitätsspieler“ Thomas Müller, der für Niclas Füllkrug ins Team kam, sollte es nach dem Wechsel besser werden. Doch ein anderer Münchner machte diese Hoffnung zunichte: Nach einem Foul ließ sich Sané provozieren und verpasste Phillipp Mwene einen Schlag ins Gesicht (49.) – einzig richtige Konsequenz: glatt Rot.
Kaum Torchancen in Unterzahl
Nagelsmann brachte direkt danach Henrichs für Brandt – das sah schon nach Schadensbegrenzung aus. Auch mit den ebenfalls eingewechselten Florian Wirtz und Kimmich ging weiterhin nicht viel nach vorne. Die besseren Gelegenheiten hatten wie gehabt die Gastgeber, die durch Stefan Posch (51.) und Gregoritsch (64.) zu weiteren Chancen kamen und in der 73. Minute alles klar machten: Baumgartner vollendete nach schöner Vorarbeit von Gregoritsch zum 2:0. Danach war Österreich näher am 3:0 als Deutschland am Anschlusstreffer.
In der Schlussphase gab es dann doch noch zwei Schüsse, bei denen Schlager eingreifen musste. Alles in allem war es aber eine mehr als ernüchternde Leistung einer deutschen Mannschaft, die momentan bestenfalls europäisches Mittelmaß darstellt. Nur noch vier Tests bleiben bis zu EURO 2024 im eigenen Land.
Nagelsmann: Nicht in Opferrolle verfallen
"Schlechter kann's gerade nicht sein. Vielleicht ist das der einzige positive Aspekt heute", sagte Gündogan nach der Partie im ZDF. Die Zeit für Nagelsmann, eine Mannschaft zu formen, mit der man das erklärte Minimalziel Viertelfinale bei der EM erreichen kann, wird knapp. Das ist dem Ex-Bayern-Trainer auch bewusst: "Wir haben viel Arbeit vor uns, nach wie vor", so seine erste Reaktion nach dem 0:2. "Aber wir dürfen nicht in die Opferrolle verfallen. Es geht darum, dass wir das akzeptieren, dass wir noch viel Arbeit haben." Jeder Einzelne müsse jetzt "ein paar Schritte mehr gehen. "Es wird bis Sommer nichts leicht von der Hand gehen."
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