Das Recht zu streiken – das gibt es auch in Deutschland. Nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht verweist immer auf Artikel 9 im Grundgesetz (externer Link). Arbeitgeber und Arbeitnehmer handeln frei die Bedingungen aus. Der Staat darf sich nicht einmischen.
Um überhaupt etwas durchsetzen zu können, dürfen Gewerkschaften zum Streik aufrufen. Alles andere wäre "kollektives Betteln", so sieht es das Bundesarbeitsgericht. Allerdings darf nur für Forderungen gestreikt werden, die sich in Tarifverträgen regeln lassen. Der politische Streik, zum Beispiel die Arbeit aus Protest gegen die Rentenpolitik der Regierung niederzulegen, ist in Deutschland nicht erlaubt.
Keine gesetzlichen Regelungen
Was es in Deutschland nicht gibt, ist ein Arbeitskampfgesetz, das bestimmt, was an der Streikfront geht und was nicht. Stattdessen gilt das Richterrecht. Über die Jahre hinweg haben die obersten Richter mit ihren Urteilen sozusagen Leitlinien gesetzt.
Eine Gewerkschaft muss stark genug sein, um ihre Ziele auch durchsetzen zu können. Sie darf nicht zum Kampf aufrufen um des Kampfes willen, also nur um das Gegenüber zu treffen. Ein Betrieb darf durch die Aktionen nicht in seiner Existenz bedroht werden. Um beim jüngsten Streik des Flughafen-Bodenpersonals zu bleiben: Die Gerichte wägen da oft ab. Einige Betroffenen könnten zum Beispiel –statt zu fliegen – auf das Auto umsteigen. Die Airlines bieten das zum Teil auch an.
Streit über Verhältnismäßigkeit
Immer wieder gibt es Streit darüber, ob ein Streik noch verhältnismäßig ist oder nicht mehr. Die Urteile zur Verhältnismäßigkeit von Streiks fallen unterschiedlich aus. Oft schon wurden die Arbeitsgerichte von der Deutschen Bahn im Konflikt mit der Lokführergewerkschaft GdL angerufen. Meist durfte die weiterstreiken.
Allerdings muss eine Gewerkschaft versuchen, am Verhandlungstisch eine Lösung hinzubekommen. Erst wenn das aus ihrer Sicht gescheitert ist, darf sie die Streikwesten auspacken. Eine Urabstimmung unter den Mitgliedern ist dafür nicht nötig.
Keine wirklichen Beschränkungen
Wenn Arbeitgebern der Streikplan der Gewerkschaft zu weit geht, können sie beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragen, um den Streik unterbinden zu lassen. Für die Gewerkschaften ist das ein Risiko. In Nachhinein droht eine Forderung auf Schadensersatz, wenn sie vor Gericht unterliegt. Ein nicht rechtmäßiger Streik könnte teuer werden und würde die Gewerkschaftskassen belasten.
Außerdem muss eine Gewerkschaft auch immer die Streikkasse im Blick haben. Ihren Mitgliedern steht während des Streiks ein Ausgleich für den vom Arbeitgeber gestrichenen Lohn zu. Tagelange Aktionen muss sich eine Gewerkschaft also auch leisten können.
Forderungen nach einem neuen Streikrecht
Wirtschaft und Politik fordern angesichts der Aktionen an den Flughäfen ein neues Streikrecht oder zumindest Regelungen, die die Folgen der Aktionen abmildern. Gerade die kritische Infrastruktur, also Verkehr, Gesundheitswesen oder Versorgung, müssten demnach geschützt werden. Streiks sollten rechtzeitig angekündigt und vorab eine Schlichtung vorgeschrieben werden.
Doch so leicht lässt sich das nicht umsetzen. Viele Arbeitsrechtler haben Bedenken. Ein Versuch könnte vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden, das dem Streikrecht einen hohen Stellenwert einräumt. Was sicher keinen Bestand in Karlsruhe hätte, wäre eine Zwangsschlichtung. Da sind sich Juristen einig.
Schlichtungspflicht vor den Streiks?
Per Gesetz oder von Seiten der Regierung einen gefundenen Schlichterspruch zu verordnen, das ließe sich kaum mit der Tarifautonomie vereinbaren. Anders sähe das wohl aus, wenn man eine Schlichtung vorschreiben würde, bevor gestreikt werden darf. Im Baugewerbe haben sich die Tarifparteien auf eine verbindliche Schlichtung geeinigt. Bevor die Gewerkschaft zum tagelangen Streik aufruft, muss geschlichtet werden. Ob das etwas bringt oder den Konflikt nur nach hinten verschiebt, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.
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