Es klingt schrill, was in einem anonymen Schreiben zu lesen ist, das derzeit in Bayerns Gesundheitsszene kursiert. Angeblich stehen 321 Beschäftigte der AOK Bayern hinter dem Papier, und sie stellen eine radikale Forderung: Die beiden Vorstände Irmgard Stippler und Stephan Abele sollen zurücktreten.
Interne Umfrage bringt miserable Ergebnisse
Dem Brandbrief beigelegt sind Daten über eine interne Mitarbeiterbefragung, deren Echtheit mehrere langjährige Beschäftigte dem BR bestätigt haben. Danach würden nur 17 Prozent der 6.555 Teilnehmer der Befragung die AOK Bayern Freunden oder Familienmitgliedern als Arbeitgeber empfehlen. Nur 30 Prozent der Befragten würden raten, sich bei der Kasse zu versichern, für die sie selbst arbeiten. Insgesamt hat die Kasse rund 11.000 Beschäftigte.
Keine Stellungnahme der AOK
Die Pressestelle der AOK Bayern will zu dem anonymen Brief nicht Stellung nehmen und auch nicht zu der Umfrage. Es handele sich um eine interne Befragung, auf die auch intern reagiert werde, erklärt die Spitze der Kasse.
Aus der internen Befragung lässt sich schließen, dass es für die oberste Führungsebene der AOK Bayern nicht leicht sein dürfte, in einen offenen Dialog mit der Belegschaft zu treten. Von den Befragten antworteten zwar 78 Prozent, sie könnten sich mit ihrer jeweiligen direkten Führungskraft offen austauschen. Mit dem Vorstand halten hingegen nur 21 Prozent eine offene Kommunikation für möglich. 53 Prozent sehen keine Möglichkeit für einen offenen Austausch mit der Kassen-Spitze. 26 Prozent äußern sich bei dieser Frage neutral.
Sorgen bei der Personalvertretung
Während die Leitung der AOK die Hinweise auf interne Probleme nach außen nicht kommentieren möchte, erklärt sich der Personalvertreter Christian Handl zu einer Einschätzung bereit. Er leitet bei der AOK Bayern die Betriebsgruppe der Gewerkschaft Verdi und auch den Gesamtpersonalrat. Er spüre in seiner Arbeit weit mehr Unruhe als früher, sagt Handl. Es gebe "sehr viele Anfragen, sehr viele Hinweise, sehr viele, auch eher schwierige und kritische Themen".
Der Personalvertreter will sich aber nicht zu dem anonymen Schreiben äußern, in dem von einer "Diktatur" innerhalb der AOK Bayern die Rede ist. Er betont vielmehr, dass er der Kasse gegenüber grundsätzlich loyal sei. Er habe, so wie viele andere Beschäftigte der AOK Bayern, "grünes Blut", betont Handl unter Anspielung auf die grüne Farbe im Logo der Kasse. Aber daran, dass das Betriebsklima sich spürbar verschlechtert hat, gibt es seiner Ansicht nach keinen Zweifel: "Hier haben wir aus meiner Sicht schon Handlungsbedarf."
Harsche Kritik aus der Belegschaft
Andere langjährige Beschäftigte der AOK, die nicht namentlich genannt werden wollen, gehen ein ganzes Stück weiter. Sie werfen der Vorstandschefin Irmgard Stippler vor, sie trage die Verantwortung dafür, dass das Betriebsklima deutlich abgekühlt sei. Ihr Führungsstil sei aufbrausend, behaupten anonyme Kritiker. Und Stippler, die die Kasse seit sechs Jahren leitet, habe es nicht verhindern können, dass der Marktanteil der größten Kasse im Freistaat schrumpfe.
Widerstände in der Selbstverwaltung
Kassen-Chefin Irmgard Stippler wurde im November 2017 von der Aufsicht, in der Vertreter von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften sitzen, an die Spitze der AOK Bayern geholt. Im vergangenen Winter wurde ihr Vertrag verlängert. Bei der Verlängerung habe es allerdings Widerstände gegeben, berichten Mitarbeitende der AOK.
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