Es geht um mehr als nur um ein paar neue Heizungen. Die politische Debatte ist in den vergangenen Wochen derart hitzig geworden, dass klar wird: Hier geht es auch um die Frage, wie wichtig den einzelnen Beteiligten, also den Bürgerinnen und Bürgern, der Politik und der Wirtschaft, die ausgegebenen Klimaziele für Deutschland sind.
Und jetzt soll alles ganz schnell gehen: Am vergangenen Freitag wurde der endgültige Entwurf des erneuerten Gebäude-Energiegesetzes (GEG) dem Bundestag übergeben. Am Montag Anhörung, am Dienstag letzte Notizen durch die Beteiligten von SPD, Grünen und FDP, und am Freitag soll der Bundestag final debattieren und abstimmen. Sieben Tage Zeit also für ein kompliziertes Gesetz, über dessen Inhalt zuvor viel diskutiert wurde.
Welche Kernpunkte beinhaltet das Gesetz?
Ab dem 1. Januar 2024 sollen in neuen Gebäuden nur noch Heizsysteme eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In Bestandsbauten mit funktionierenden Heizungen muss nicht sofort ein neues Heizsystem eingebaut werden, stattdessen darf es so lange weiterlaufen und repariert werden, bis es irreparabel kaputt, also 'havariert' ist.
Ist eine alte Gas- oder Ölheizung irreparabel kaputt, dann läuft eine Übergangsphase an, an deren Ende eine neue, nicht-fossile Heizung eingebaut sein muss - oder ein Anschluss ans kommunale Fernwärmenetz möglich ist. So sieht es das Gesetz jedenfalls vor.
Da die Planung für das ausgebaute Fernwärmenetz aber frühestens Mitte 2026 steht, in kleineren Kommunen sogar erst 2028, können vorübergehend auch die klassischen Systeme eingebaut und betrieben werden. Danach allerdings müssen sie endgültig gegen eine energieeffiziente Heizmethode ausgetauscht werden.
Eine Ausnahme aber soll es geben: Wenn die neu eingebaute Heizung mit Gas betrieben wird, aber auch an Wasserstoffleitungen angeschlossen werden kann, darf sie dauerhaft drin bleiben. H2-ready heißt diese Technologie, Verbraucherschützer sehen sie aber kritisch, weil unklar ist, ob es bis dahin genügend grünen Wasserstoff geben wird.
Damit Eigentümerinnen und Eigentümer einen zusätzlichen Anreiz haben, eine Heizung zu erneuern, sollen die staatlichen Fördermöglichkeiten ausgebaut werden. Die sollen bis zum September nochmal überarbeitet werden. Genau die sind aber für viele Eigentümerinnen und Eigentümer ausschlaggebend dafür, was und wie hochwertig sie energetisch sanieren. Allerdings gilt schon seit längerem, dass fossile Heizsysteme, die seit über 30 Jahren nicht erneuert wurden, ausgetauscht werden müssen. Bei dieser Regelung soll es bleiben.
Was hat es mit der "kommunalen Wärmeplanung" auf sich?
Dass diese Übergangsfrist fünf Jahre beträgt, erschließt sich aus der zweiten großen Änderung, die das neue Gebäude-Energiegesetz mit sich bringen soll: Die Kommunen werden dazu verpflichtet, eine Wärmeplanung auf die Beine zu stellen. In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern soll die Stand Montag bis zum 30. Juni 2026 vorliegen, in kleineren Kommunen erst zwei Jahre später.
Mit dieser verbindlichen Wärmeplanung bekommen alle Haushalte eine klare Aussage darüber, ob sie sich mittelfristig ans Fernwärmenetz anschließen können oder ob sie doch ein eigenes Heizsystem benötigen. Der Anschluss an die Fernwärme ist deutlich günstiger, weil dafür beispielsweise nicht zwangsläufig neue Leitungen und Heizkörper installiert werden müssen.
Welche Ziele sollen überhaupt mit dem Heizungsgesetz erreicht werden?
Im Kern geht es darum, Deutschland bis 2045 klimaneutral werden zu lassen. So begründet das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium dieses "schnelle Umsteuern im Gebäudebereich". In Bezug auf das Heizungsgesetz bedeutet das, dass ab 2045 keine fossilen Brennstoffe mehr zum Heizen verwendet werden sollen.
Laut dem Bundesumweltamt (UBA) macht Wärme-Erzeugung in Deutschland 50 Prozent des Energieverbrauchs aus. Und in der Regel werden Gebäude bislang mit fossilen Brennstoffen beheizt. In Deutschland verwendeten im Jahr 2021 laut UBA rund 55 Prozent der Haushalte Erdöl oder Erdgas als Energieträger, nochmal 19 Prozent verwenden Strom, der auch teilweise aus fossilen Energien gewonnen wird. Etwa 16 Prozent der Haushalte heizen mit erneuerbaren Energien. Dieser Anteil soll mit den neuen Heiztechniken ansteigen.
Welche Heiztechniken werden künftig gefördert?
Zunächst andersherum, das ist leichter: Nicht gefördert werden fossile Heiztechniken, also Gas- und Ölheizungen. Diese Heizungsarten sind zwar bewährt und auch sehr günstig in der Beschaffung und Installation, die Energieträger haben aber vergleichsweise hohe Emissionswerte. In den vergangenen Jahren sind allerdings die CO2-Bepreisung dazugekommen und die Preise für Gas und Öl sind gestiegen. Deshalb empfiehlt auch die Verbraucherzentrale Bayern, sich mittelfristig von fossilen Energieträgern zu verabschieden.
Gefördert werden soll also nun, was Heizsysteme mit Hilfe von erneuerbaren Energien betreibt: Pellets und Hackschnitzel, Solarthermie, Wärmepumpen und "innovative Heizungstechnik auf Basis erneuerbarer Energien" – damit ist auch Wasserstoff gemeint. Außerdem sind Kombinationen möglich. Wichtig ist, dass rechnerisch nachgewiesen werden kann, dass das Gebäude zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien beheizt wird.
Wer jetzt trotzdem noch eine Gasheizung einbaut, der sollte sich eine zulegen, die "Wasserstoff-ready" ist. Diese Variante lohnt sich am ehesten für diejenigen, die davon ausgehen, mittelfristig ans Fernwärmenetz der Kommune angeschlossen werden zu können. Übrigens: Wer versucht, die neuen Gesetze aktiv zu umgehen, dem drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro.
Wie sollen die Fördermaßnahmen finanziert werden?
Das Geld für die sogenannte Wärmewende soll nicht aus dem normalen Bundeshaushalt kommen, sondern aus einem Sondervermögens-Topf: dem Klima- und Transformationsfonds. Mit dem sollen allerdings nicht nur die Wärmewende, neue Heizsysteme und der kommunale Wärmeplan finanziert werden, sondern auch "die Dekarbonisierung unserer Industrie, der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft und Fortschritte bei der Elektromobilität", heißt es beim Bundesfinanzministerium. Angelegt ist der Fonds bis ins Jahr 2026.
Welche Fördertöpfe gibt es für Bürger? Wer ist wofür zuständig?
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, um an staatliche Zuschüsse für so eine Sanierung zu gelangen. Da ist zum einen das BAFA und zum anderen die KfW. Beim BAFA können Einzelmaßnahmen wie beispielsweise Solaranlagen, eine bessere Gebäudehülle oder eben die neue Wärmepumpe gefördert werden, je Wohneinheit und Maßnahme ist die Förderung auf maximal 60.000 Euro gedeckelt. Eine Übersicht über Einzel-Fördermaßnahmen gibt es hier.
Die Förderung hier sollen laut dem Entwurf zum neuen Heizungsgesetz erweitert werden – und zwar für Menschen, die ein Jahreseinkommen unter 40.000 Euro haben. Sie können dann eine Förderung von bis zu 70 Prozent des Kaufpreises einer Wärmepumpe erhalten. Allerdings ist diese Förderung voraussichtlich bei 30.000 Euro gedeckelt.
Die andere Förderstelle ist die KfW. Hier werden umfassendere Sanierungsvorhaben gefördert, je nach Vorhaben mit mindestens fünf und maximal 35 Prozent Tilgungszuschuss. Die Gesamt-Kredite hier können aber nur höchstens 150.000 Euro je Wohneinheit betragen. Eine Übersicht über die einzelnen Darlehens-Töpfe gibt es hier.
Bislang war es nicht möglich, die Fördermöglichkeiten von BAFA und KfW zu kombinieren. Das scheint sich nun zu ändern. Im Gesetzestext steht jetzt: "Zusätzlich zu den Investitionskostenzuschüssen werden zinsvergünstigte Kredite mit langen Laufzeiten und Tilgungszuschüsse für Heizungstausch oder Effizienzmaßnahmen angeboten." Die Kredite sollen allen Haushalte zustehen, die weniger als 90.000 Euro zu versteuerndes Einkommen zur Verfügung haben, und zwar unabhängig vom Alter. Bis Ende September dieses Jahr sollen diese Förderrichtlinien ausformuliert sein.
Wie viel kostet mich so eine neue Heizung überhaupt?
Das ist tatsächlich die große Frage. Denn nachdem in dem sogenannten Heizungsgesetz nicht auf das Haus geschaut wird, sondern auf das Heizsystem, das darin verbaut werden soll, können Kosten, Nutzen und Aufwand extrem verschieden sein. Nach Angaben des Bauherren-Schutzbunds können je nach Gegebenheiten vor Ort bei einem Einfamilienhaus insgesamt Investitionskosten zwischen 65.000 und 125.000 Euro entstehen. Allerdings reduziert sich die Summe dann wieder, je nachdem, wie hoch die Fördermöglichkeiten ausfallen.
Dass die Schätzung eine so große Spanne hat, hängt vor allem damit zusammen, welche Maßnahmen für den Einbau notwendig sind. Wird beispielsweise nur der alte Heizkessel gegen eine Wärmepumpe ausgetauscht, die aber mit alten Leitungen und Heizkörpern weitgehend kompatibel ist, fallen die Kosten geringer aus. Da aber die Pumpe mit Strom betrieben wird und dieser idealerweise aus Solarpanelen auf dem Dach kommen soll, muss dazu noch eine Photovoltaik-Anlage gerechnet werden.
Ist es dann aber notwendig, neue Leitungen zu verlegen, braucht es wiederum gegebenenfalls neue Böden. Und wenn dann noch die Hauswände aufgebrochen werden, um Ansaug- und Ausblas-Öffnungen für die Wärmepumpe zu installieren, schrauben sich die Kosten wieder in die Höhe. Weil also jeder Fall individuell ist, lohnt es sich, eine professionelle Beratung aufzusuchen und gegebenenfalls einen Sanierungsfahrplan zu erstellen.
Außerdem hatte es ursprünglich den Plan gegeben, Über-80-Jährige von den Austauschpflichten zu befreien - diese Sonderregelung wurde wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gekippt.
Im Video: Keine Ausnahmen für Über-80-Jährige
Wer berät mich?
Sowohl für Privathaushalte als auch für Unternehmen gibt es Energieberater, die sich hier per Postleitzahl finden und kontaktieren lassen.
Diese Energie-Effizienz-Expertinnen und -Experten können sowohl eine Begehung mit Beratung machen, als auch einen Sanierungsfahrplan erstellen oder gleich die komplette energetische Sanierung von Gebäuden planen. Auch für sie gibt es bei BAFA- und KfW-Zuschüsse.
Eine weitere Anlaufstelle sind die Kommunen selbst oder die Verbraucherzentralen und der Verbraucherservice. Hier wird zum Teil auch Energieberatung gemacht, aber auch Kostenaufstellungen entwickelt und zu Themen wie Krediten, Absicherung oder kurzfristigen Einsparmöglichkeiten beim Heizen beraten.
Bei der bayerischen Architektenkammer gibt es außerdem kostenlose Beratung für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit (BEN). Dort können Eigentümer sich eine Erstberatung geben lassen, um für sich einen Sanierungs-Fahrplan zu entwickeln.
Wie sollen ärmere Leute sich so einen Heizungsumbau leisten?
Tatsächlich war das einer der Hauptkritikpunkte am neuen Heizungsgesetz: Soziale Härten, wie es so schön heißt, fanden zunächst kaum Berücksichtigung. Nun aber soll es bei einem Haushaltseinkommen von unter 40.000 Euro jährlich zusätzliche Förderung in Höhe von 30 Prozent geben. So können bis zu 70 Prozent des Kaufpreises für eine Wärmepumpe erstattet werden.
Geregelt werden diese angepassten Förderungen mit Hilfe der Bundesförderung für Energieeffiziente Gebäude (BEG), diese Förderungen sollen bis zum September 2023 nochmal angepasst werden, gültig ist das Gesetz aber ohnehin erst ab 1. Januar 2024.
Für Menschen, deren Haushaltseinkommen über 40.000 Euro liegt, könnte der geplante "Geschwindigkeitsbonus" interessant werden. Wer bis zum Jahr 2028 seine Heizung auf Erneuerbare umgerüstet hat, kann einen zusätzlichen Förderbonus in Höhe von 20 Prozent bekommen. Ab 2028 soll dieser Bonus um drei Prozentpunkte alle zwei Jahre sinken. Insgesamt aber ist die Förderung bei maximal 70 Prozent gedeckelt.
Was bedeutet das Gesetz für Mieterinnen und Mieter?
Der Spagat ist nicht ganz einfach: Einerseits sollen Eigentümerinnen und Eigentümer animiert werden, sich um die Energieeffizienz ihrer Gebäude zu bemühen. Andererseits sollen Mieterinnen und Mieter vor schnell und stark steigenden Mieten beschützt werden.
Auch das wurde bedacht in der Gesetzesnovelle: Grundsätzlich ermöglicht die sogenannte Sanierungsumlage es, Teile der Kosten auf die Mieterschaft umzulegen. Wird eine Heizung ausgetauscht, kann diese Umlage von derzeit acht auf dann zehn Prozent angehoben werden. Allerdings nur, wenn für die Finanzierung staatliche Förderung in Anspruch genommen wurde und nachdem die endgültigen Fördersummen von den umlegbaren Kosten abgezogen wurden.
Damit die zusätzlichen Kosten für Mieterinnen und Mieter trotzdem nicht ins Unendliche steigen können, soll noch eine Stopp-Linie eingezogen werden: Die maximale Mieterhöhung pro Quadratmeter und Monat soll immer bei 50 Cent gekappt werden. Wenn die neuen Mietkosten mehr als 30 Prozent des Monatseinkommens der Mieterinnen und Mieter einnehmen, dann soll eine Härtefallregelung in Kraft treten. Für Index-Mietverträge, die sich an die Inflationsraten anpassen, ist diese Umlage nicht möglich.
Welche wesentlichen Kritikpunkte gibt es an dem Gesetz?
Wie so oft bei großen Gesetzesvorhaben hagelt es auch beim neuen Gebäude-Energiegesetz Kritik von allen Seiten. Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich überzeugt zeigt, dass dieses Gesetz dazu beitragen wird, die Klimaziele für Deutschland zu erreichen, bezweifelt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm das: "Man wollte da ja einen sehr ambitionierten Wurf machen, das ist es nicht geworden", sagte sie im Interview mit dem Deutschlandfunk. Auch viele Umweltverbände kritisieren, das Gesetz gehe nicht weit genug, um die Klimaziele zu erreichen.
Von mehreren Seiten gibt es außerdem erhebliche Zweifel an der Machbarkeit des Gesetzes: Die Kommunen, die jetzt den Auftrag haben, eine Wärmeplanung zu erstellen und so möglichst viele Haushalte an die Fernwärme anzuschließen, befürchten, dass der Zeitplan bis spätestens 2028 zu knapp bemessen ist. Der Mieterbund befürchtet außerdem, dass Mieterinnen und Mieter nicht gut genug abgesichert sind durch das Gesetz.
Am Wochenende gab es außerdem sehr viel Kritik am Diskussionsstil der Ampelkoalition in Berlin. Vor allem, weil es für so ein wichtiges Gesetz mehr Zeit bräuchte, ist aus dem Bundesrat zu hören. Der soll dem Gesetz noch am Freitag, dem letzten Tag vor der Sommerpause, zustimmen.
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Im Video: Heizungsgesetz nach langem Streit auf Zielgeraden
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