Die Kurve des deutschen Aktienindex (DAX) im Frankfurter Börsensaal.
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Erstmals ist der DAX über 19.000 Punkte geklettert. Wie kann es sein, dass die Aktienkurse trotz der Flaute neue Rekordstände erreichen?

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DAX-Rekord trotz Wirtschaftsflaute: Das sind die Gründe

DAX-Rekord trotz Wirtschaftsflaute: Das sind die Gründe

Erstmals ist der DAX über 19.000 Punkte geklettert. Gleichzeitig kommen praktisch täglich Hiobsbotschaften von der deutschen Wirtschaft. Wie kann es sein, dass der deutsche Aktien-Leitindex trotz Flaute neue Rekordstände erreicht? Hier die Erklärung.

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Der Jubel an den Aktienmärkten ist groß: Der DAX hat die Marke von 19.000 Punkten geknackt. Dabei senken immer mehr Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Konjunkturprognosen. Selbst eine erneute Rezession schließen sie nicht aus. Warum also steigen die Aktienkurse?

Die 40 im Deutschen Aktienindex notierten Unternehmen werden zwar oft als die wichtigsten Repräsentanten für die Wirtschaft hierzulande betrachtet. Allerdings ist der heimische Markt für die großen Konzerne in den meisten Fällen gar nicht so entscheidend. So betonte auch Emanuel Mönch, Professor für Geldpolitik und Finanzmärkte an der Frankfurter School of Finance & Management, unlängst: "Der DAX ist kein reines Abbild der deutschen Realwirtschaft".

DAX-Rekord: Deutsche Wirtschaft hat nur wenig Bedeutung

Den weit größten Teil ihres Geschäfts machen die DAX-Unternehmen im Ausland. Schätzungen zufolge beläuft sich der Umsatz, den sie noch in Deutschland machen, auf insgesamt nur rund 20 Prozent. Von daher ist für die Firmen weit entscheidender, wie es in anderen Staaten läuft. Und da sieht es meist besser aus.

Für Deutschland geht der Internationale Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr nur von einem Mini-Plus beim Bruttoinlandprodukt von 0,2 Prozent aus. In der gesamten Eurozone soll es demnach um 0,9 Prozent nach oben gehen. Für die USA erwartet der IWF ein Wachstum von 2,6 Prozent, in China und Indien sogar 5,0 bzw. 7,0 Prozent.

Steigende Aktienkurse: Zwar sinken Unternehmensgewinne, aber auch Leitzinsen

Allerdings läuft es für die DAX-Konzerne bei weitem nicht so gut, wie sie noch Anfang des Jahres gedacht hatten. Im ersten Halbjahr mussten viele Unternehmen sinkende Gewinne vermelden. Und gerade jetzt melden immer mehr Firmen, dass die Geschäfte im Gesamtjahr deutlich schlechter laufen. BMW, Mercedes und Infineon etwa haben ihre Gewinnprognosen zuletzt gesenkt.

Die Aktienkurse werden aber angetrieben von der Hoffnung, dass es in absehbarer Zeit besser wird. Einen großen Anteil daran hat auch die Geldpolitik. Wichtige Notenbanken haben die Zinswende eingeleitet, also die Leitzinsen gesenkt. Nach der Europäischen Zentralbank hat in dieser Woche nun auch die US-Notenbank Fed die Zinsschraube erstmals seit Jahren wieder nach unten gedreht. Sinkende Zinsen bedeuten, dass Unternehmen günstiger an Kredite kommen. Das könnte die Investitionen ankurbeln.

Gleichzeitig machen sinkende Zinsen und die Aussicht, dass sie noch weiter nach unten gehen, Anlagen in Zinspapiere relativ uninteressant. Deshalb stecken Anleger ihr Geld lieber in Aktien, bei denen sie mitunter sogar mit Dividenden rechnen können, die über dem liegen, was Anleihen jährlich abwerfen.

DAX im Vergleich zu Dow Jones weit abgeschlagen

Und apropos Dividenden: Nicht übersehen werden darf beim DAX, dass der deutsche Leitindex ein sogenannter Performance-Index ist. Das bedeutet, zwar werden von den Unternehmen ausgeschüttete Dividenden vom Aktienkurs abgezogen, doch bei der Berechnung des DAX eben nicht. So konnte der DAX-Performance-Index die 19.000-Punkte-Marke knacken. Damit liegt er fast 140 Prozent über dem Höchststand im Jahr 2000. Der separat berechnete Kursindex, bei dem die Dividendenzahlungen herausgerechnet werden, liegt derzeit aber nur bei gut 7.200 Punkten und damit lediglich 16 Prozent über dem Stand von vor fast 25 Jahren.

Damit hat sich der DAX weit schlechter entwickelt als andere wichtige Indizes. Die in der Berichterstattung maßgeblichen US-Aktienindizes sind Kursindizes. Der Dow Jones hat sich seit dem Jahr 2000 fast verdreifacht, der Nasdaq-Composite sogar fast vervierfacht.

Nur wenige DAX-Aktien im Höhenflug

Dass der DAX als Performance-Index berechnet wird, führt zu einem Kuriosum: So hat der DAX zwar neue Rekorde erreicht, doch viele Aktienkurse der DAX-Konzerne sind teilweise weit entfernt von ihren Höchstständen. Die Aktien der Deutschen Telekom und von Infineon liegen mehr als 70 Prozent unter ihrem Allzeithoch, Bayer und Commerzbank sogar 80 Prozent bzw. über 90 Prozent darunter.

Wirklich auf Rekordflug sind nur wenige DAX-Mitglieder wie Munich Re, SAP und Deutsche Börse.

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