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Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte ziehen sich aus kleinen entlegeneren Orten zurück.

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Einkaufen auf dem Land: Renaissance der Tante Emma-Läden

Einkaufen auf dem Land: Renaissance der Tante Emma-Läden

In vielen Orten auf dem Land schließen Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte. Die Folge: Ortskerne verwaisen, soziale Treffpunkte fallen weg. Bürger sagen dem Ladensterben nun mit privaten Initiativen den Kampf an. Funktioniert das?

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Alltagsversorgung mit Lebensmitteln – in immer mehr bayerischen Orten wird das zur Herausforderung. Doch zunehmend helfen sich Orte selbst und kämpfen gegen das Sterben der Läden auf dem Land. Dieses zeigt sich besonders in Mittelfranken, Niederbayern und Oberfranken.

Ladensterben: 3.500 bayerische Gemeinden ohne Lebensmittelgeschäft

Im Gegensatz zu den Metropolen, wo die Versorgungsdichte zunimmt, ist die Lage in kleinen Orten zunehmend unsicher. 3.500 Gemeinden in Bayern fehlt ein Lebensmittelgeschäft. Zahlen des Bayerischen Landesamtes für Statistik zeigen: Allein zwischen 2010 und 2019 sank die Zahl der Lebensmitteleinzelhändler in Bayern um 800. Immerhin: Zwischen 2001 und 2021 haben knapp 200 Dorfläden eröffnet, von denen einige allerdings auch schon wieder schließen mussten.

Thiersheim: Plötzlich schließt der letzte Laden

Auch für die Menschen in Thiersheim im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge hat sich das Einkaufen in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Früher war es aus Sicht der Einwohner kein Problem, wie sich Ellie Klughardt, die Seniorenbeauftragte aus dem Ort mit rund 1.700 Einwohnern erinnert: "Als ich herkam 1971, hatten wir hier sechs Bäcker, fünf Metzger, neun Lebensmittelläden. Doch immer mehr gaben auf. Dann war nur noch ein Laden da war – und der hat plötzlich geschlossen."

Kein Laden mehr: Ein Schock, vor allem auch für die Rentnerinnen und Rentner. Denn viele Ältere besitzen kein eigenes Auto oder fahren nicht mehr selbst. Doch vor rund einem Jahr hat im Ort ein innovativer Laden eröffnet: 'Tante M'. Er bietet Waren des täglichen Bedarfs an. Nur scannen muss man selbst.

Selbstscanner-Laden: Ein Konzept für ländliche Region

Das Konzept des neuen Selbstscanner-Ladens in Thiersheim ist gemacht für ländliche Gemeinden in strukturschwachen Regionen. Die Basis ist Vertrauen, dass keiner Dinge einsteckt, ohne zu bezahlen, dass alle nur in haushaltsüblichen Mengen einkaufen und zudem nicht das Angebot eines großen Supermarkts erwarten. Verkäufer gibt es in dem Laden nicht. Eine Mitarbeiterin kommt nur einmal die Woche für ein paar Stunden zum Einräumen der rund 1.400 Produkte. Beliefert wird genau einmal pro Woche. Nur der Metzger und der Bäcker aus der Region kommen mehrmals.

Der Thüringer Andreas Gerullis betreibt den Laden 'Tante M' als Franchise-Nehmer. "In Großstädten funktioniert sowas nicht. Im Fall Thiersheim schauen die Bewohner sehr wohl und da ist auch Zusammenhalt da", sagt Gerullis.

Thierstein: Frauen gründen ehrenamtlich einen Dorfladen

Nicht weit entfernt von Thiersheim, im Ort Thierstein, gab es das gleiche Problem, doch eine andere Lösung: Vor sieben Jahren gründeten fünf Thiersteinerinnen einen Dorfladen, kurz Dola. "Es gibt viele Dinge, die man im Kleinen tun kann", sagt Karin Löhner, ehrenamtliche Geschäftsführerin des Dola. "Solche Projekte sind wichtig, wo es nicht ums Geld verdienen geht, sondern um Gemeinschaft."

Andrea Schnurrer arbeitet im Dola als bezahlte Verkäuferin und als ehrenamtliche Geschäftsführerin. "Dass wir hier in Thierstein einen Laden haben, das ist für mich das Nonplusultra", sagt die gebürtige Thiersteinerin. Die Frauen beliefern Senioren, wollen einen Ort zum Austausch und Verweilen bieten. Rund 2.000 Artikel führen sie, 30 davon aus der Fichtelgebirgsregion. Doch eine Entwicklung drückt: Nur einen Kilometer weiter hat vor einigen Monaten ein Discounter eröffnet. Der Absatz im Dola sank, sie mussten einem Minijobber kündigen.

Smarter Supermarkt in Frauenau

Eine lebendige Ortsmitte muss erkämpft werden, wie in Frauenau im Bayerischen Wald. Dort hat ein 'smarter' Supermarkt eröffnet: 'Tante Enso' ist das Ergebnis eines kollektiven Kraftaktes vieler, angeführt von Bürgermeister Fritz Schreder. 700 Genossenschaftsanteile haben die Bürger gezeichnet. "Ich glaub', dass wir alle miteinander gemerkt haben, wie wichtig es ist, dass wir so ein Geschäft haben. Jetzt haben wir die Möglichkeit, und jetzt sollten wir die auch nutzen", findet Schreder.

Das Start-up aus Bremen startete als Online-Supermarkt. In Frauenau bietet es ein Sortiment von 4.000 Produkten. Kassierer gibt es, aber reduziert. Wenn sie weg sind, können nur noch Mitglieder mit Karte einkaufen – bis spät in die Nacht.

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