Nach dem vorzeitigen Streik-Ende haben Deutsche Bahn und GDL Bereitschaft zur Einigung signalisiert. "Die Bahn stellt keine Vorbedingungen mehr", sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag in Berlin mit Blick auf die geplanten Verhandlungen der nächsten Wochen. "Ich halte das für einen großen Schritt in die richtige Richtung." Bis Anfang März werde nicht mehr gestreikt. "Diese Pause tut beiden Seiten gut." Auch Bahn-Sprecherin Anja Bröker zeigte sich optimistisch: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass es dann auch am Ende zu einem Tarifabschluss kommen wird."
Bahn-Verkehr normalisiert sich am Montag wieder
Der Bahn-Verkehr habe sich am Montag allmählich wieder normalisiert: "Die Fahrgäste im Fernverkehr konnten heute Morgen weitestgehend nach dem gewohnten Fahrplan wieder starten", sagte Bröker. Die Zugbindung von Tickets bleibe aber auch am Montag aufgehoben.
Im Regional- und S-Bahn-Verkehr sollten sich Fahrgästen den ganzen Montag über hingegen noch auf Einschränkungen unterschiedlichen Ausmaßes einstellen.
Weselsky: Die Latte liegt hoch
Der am vergangenen Dienstag begonnene Streik hätte der längste in der 30-jährigen Geschichte der DB sein sollen. Allerdings wuchs der Druck von verschiedenen Seiten, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Streik hatte insbesondere die Wirtschaft gelähmt.
Den Verhandlungstisch hatte die GDL Ende November verlassen, da ihr die Angebote der DB nicht ausreichten. Dabei ging es vor allem um die Reduzierung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich.
Die GDL hat mit einer Reihe von kleineren Bahnen bereits einen Tarifabschluss erzielt, der jedoch unter Vorbehalt einer Einigung mit der DB steht. "Wir werden alles tun, um in den Verhandlungen vergleichbare Ergebnisse zu erzielen", sagte Weselsky. "Daher liegt die Latte hoch." Man habe mit den Unternehmen unter anderem einen Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung vereinbart, der bis 2028 bei 35 Stunden sein solle. "Von daher sind wir guter Dinge". Es würden aber anspruchsvolle Verhandlungen. Die Bahn habe es versäumt, selbst Standards zu setzen.
Video: Reisende in Würzburg zum Ende des Bahnstreiks
Verhandlungen über Arbeitszeit und Infrastruktur
Zudem pocht die GDL darauf, auch für Mitarbeiter im Netz - etwa in Stellwerken - zu verhandeln. Die Bahn hatte dies abgelehnt, da die GDL nach ihrer Auffassung hier in keinem Bahn-Teilbetrieb eine Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder hat, mit der ein Vertrag in Kraft gesetzt wird. Die konkurrierende und größere EVG ist hier stärker.
Die Bahn erklärte nun, sie sei bereit, über Modelle zur Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter zu verhandeln. Im März zahle sie zudem vorab eine Inflationsausgleichsprämie von 1.500 Euro. Weselsky sagte, er sehe auch Bereitschaft, über einen Tarifvertrag für die Infrastruktursparte zu verhandeln. Die Bahn betonte, diese Frage bedürfe der weiteren Erörterung in den Verhandlungen.
Verkürzung der Wochenarbeitszeit möglich
Beide Seiten wollen nach eigenen Angaben in den kommenden fünf Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit Gespräche führen. Für den Fall, dass eine der beiden Seiten den Bedarf anmelde, würden zwei Moderatoren zur Unterstützung hinzugezogen, teilte die Bahn mit.
Die Bahn hatte zuletzt angeboten, die Löhne ab August um 4,8 Prozent und ab April 2025 um 5,0 Prozent anzuheben. Außerdem könnten insgesamt 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie fließen. Auch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde sei möglich. Ein neuer Tarifvertrag soll für 32 Monate gelten.
Neben der Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden hatte die GDL 555 Euro monatlich mehr verlangt. Zudem wird unter anderem einmalig eine steuerfreie Inflationsprämie von 3.000 Euro gefordert. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen.
Schaden für Wirtschaft "vermutlich in Milliardenhöhe"
Schon jetzt ist klar, dass die Streiks der vergangenen Wochen einiges an wirtschaftlichem Schaden angerichtet haben. Marcel Fratzscher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sagte gegenüber BR24, man könne keine genaue Summe nennen, aber: "Wenn man das Gesamtbild der letzten Monate nimmt, ist man mittlerweile in einem Milliardenschaden."
Konkret bedeute das "Produktionsausfälle, weniger Umsatz, weniger Wirtschaftswachstum" und je länger ein Streik dauere, desto exponentiell stärker stiegen die Kosten. So etwas schaffe Unsicherheit bei den Unternehmen und das sei gerade in einer Phase der Rezession Gift. Deshalb forderte Fratzscher die Parteien auf, den "Streit so schnell wie möglich zu beenden."
Mit Informationen von Reuters
Im Audio: Bahn rechnet mit Einschränkungen
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!