Der Füllstand der deutschen Gasspeicher zeigt bereits etwa 80 Prozent an, was im Plan und im langjährigen Durchschnitt für diesen Zeitpunkt liegt. Dennoch warnt der Geschäftsführer von Trading Hub Europe (THE), Torsten Frank, vor einer Knappheit. Die Gasumlage für Verbraucher, die ab Oktober fällig wird, könne schon im Januar steigen, wenn zum Beispiel Gazprom seine Lieferungen weiter drosselt oder sich die Prognosen der Firmen verändern. Gazprom hat bereits erneut gedrosselt.
Entscheidend bleibt angespannte Lage bei einigen Gashändlern
Gashandelsfirmen, die davon betroffen sind, können ihre Probleme laufend bei THE-Chef Frank melden, der mit seinem Team aufgrund dieser Information die Höhe der nächsten Umlage festlegt. Für die ersten drei Monate von Oktober bis Dezember sollen Händler wie Uniper 34 Milliarden Euro aus der Umlage erhalten. Diese stammen von den 21 Millionen Privathaushalten in Deutschland und von Industriekunden.
Knapp zwei Drittel würden wohl die Privatkunden zahlen, gut ein Drittel die Industrie (geschätzte 36,5 Prozent). Der private Gasverbrauch steigt in der Heizperiode im Winter deutlich an, wenn es richtig kalt wird. Entsprechend verschieben sich dann die Anteile an der Gasumlage.
Es handelt sich also bisher nur um eine Hochrechnung aus dem erwarteten Gasverbrauch, der höher oder niedriger ausfallen kann, je nach Sparsamkeit oder Witterung. Für die nächsten anderthalb Jahre bis April 2024 soll die ständige Anpassung der Umlage vorerst so weitergehen. So lange wird es die Gasumlage auf jeden Fall geben.
- Zum FAQ: "Die Gasumlage kommt: Was Verbraucher wissen sollten"
Abrechnung: Wann kommt die Gasumlage bei den Kunden an?
Die Umlage gilt zwar schon ab 1. Oktober, könnte aber erst etwas später auf den Rechnungen der Energieversorger stehen, wegen der Umstellungszeit. Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet, dass die genauen Beträge ab November und Dezember deutlich ausgewiesen werden.
Beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) glaubt man, dass einige Versorger schnell genug sind, um die Umlage schon ab Oktober ihren Kunden in Rechnung zu stellen. Dabei soll dann der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten, den die Bundesregierung angekündigt hat.
Ausgleich durch gesenkte Mehrwertsteuer: Der Einzelfall entscheidet
Es gilt das Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), dass die Mehrwertsteuer bei der Gasrechnung von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt wird, solange es die Umlage gibt. "Mit diesem Schritt entlasten wir die Gaskunden insgesamt deutlich stärker als die Mehrbelastung, die durch die Gasumlage entsteht", so der Bundeskanzler.
Aber im Einzelfall kommt es darauf an, wie hoch die Gasrechnung ohne die Umlage wäre und ob die Steuersenkung sie tatsächlich auch ausgleichen kann. Dazu drei Beispiele:
- Wer bisher einen günstigen Tarif hatte beim Versorger und mit Umlage und den Tariferhöhungen bis Oktober nur auf 10 Cent pro Kubikmeter Gas kommt, spart nur 1,2 Cent Mehrwertsteuer. Die Umlage beträgt dagegen bekanntlich 2,419 Cent. Unterm Strich ist das also eine Verteuerung um mehr als 1,2 Cent.
- Wer dagegen einen mittleren Tarif hatte und mit Umlage inklusive anstehenden Preiserhöhungen etwa 20 Cent pro Kubikmeter Gas bezahlt, spart nichts. Hier beträgt die Steuerersparnis mit 2,4 Cent in etwa genauso viel wie die zu zahlende Umlage.
- Wer ohnehin schon einen extrem teuren Gastarif hatte und mit Umlage nun rund 30 Cent pro Kubikmeter Gas bezahlt - was sehr viel wäre -, kann tatsächlich mit dem Steuernachlass trotz Umlage etwa 3,3 Cent einsparen.
Was ist das Mehrwertsteuer-Versprechen von Kanzler Scholz wert?
Was das Versprechen von Scholz im Einzelfall wert ist, lässt sich erst sagen, wenn klar ist, wie hoch die Preiserhöhungen der Gasversorger auch ohne die Umlage ausfallen. Und das ist derzeit in vielen Fällen überhaupt noch nicht absehbar.
Viele halten sich bedeckt über ihre künftigen Tarife, andere Versorger wie einige Stadtwerke haben ihre Gastarife bereits kräftig erhöht. Generell ziehen die Energiepreise bei Strom und Gas stark an aus verschiedenen Gründen.
RWE will auf Gasumlage verzichten - doch legt sich beim Preis nicht fest
Unklar ist deshalb auch, wie das Versprechen des Energiekonzerns und Gashändlers RWE im Einzelfall zu bewerten ist. Das Düsseldorfer Unternehmen steht zwar bei Trading Hub Europe auf der Liste der möglichen Empfänger für die anstehende Gasumlage, will aber vorerst darauf verzichten. Da viele andere Lieferanten an RWE angeschlossen sind, spielt dies eine Rolle.
Diese Versorger könnten aus anderen Gründen ihre Gastarife trotzdem so stark erhöhen, dass die Umlage nur einer von mehreren Preisfaktoren wäre. Ob der Verzicht von RWE tatsächlich beim Endkunden ankommt, lässt sich deshalb noch nicht sagen, zumal der Düsseldorfer Konzern später auch noch einsteigen könnte in die Runde der Gashändler, die sich die Umlage auszahlen lassen.
Kein Mehrwertsteuer-Effekt für gewerbliche Gaskunden – Kritik von Unternehmen
Egal, ob der Bäcker mit Gas seine Brötchen backt oder der Gastwirt mit dem Gasofen kocht, beide haben von Scholz' Mehrwertsteuersenkung nichts zu erwarten. Wirtschaftsverbände beschwerten sich bereits darüber, dass auch die Unternehmen ähnlich wie Privathaushalte eine Entlastung von der Gasumlage benötigen - angesichts der ohnehin schon sehr hohen Energiepreise.
Es ist daher zu erwarten, dass der Bäcker wegen der Gasumlage versuchen wird, seine Brötchen noch etwas teurer zu machen und auch der Gastwirt die Preise auf seiner Speisekarte erhöht. Diese Folgen der Umlage hätten folglich über die höhere Inflation doch wieder die Verbraucher zu zahlen, die Scholz eigentlich entlasten will.
Staat verdient auch an höheren Energiepreisen sonst kräftig mit
Die Mehrwertsteuer, die bei Unternehmern "Umsatzsteuer" heißt, kann ihnen keine Entlastung bringen, weil sie ohnehin vom Finanzamt per Vorsteuerabzug zurückgefordert werden kann. Alle Belege für eine gewerbliche Tätigkeit, auch Rechnungen für Gas und Strom, können laufend mit der Umsatzsteuervoranmeldung eingereicht werden (nach Monaten, Quartalen oder Geschäftsjahren).
Die Unternehmen bekommen anschließend die von ihnen gezahlte Umsatzsteuer aus ihren Einkäufen erstattet. Im Gegenzug müssen sie dafür die Mehrwertsteuer abführen, die sie beim Verkauf an die Privatkunden auf ihre Rechnung draufschlagen dürfen.
Und weil der Endpreis in der Regel höher ist als der Einkaufspreis - sofern die Unternehmen damit einen Gewinn machen -, ist der Staat an diesem "Mehrwert" immer beteiligt und verdient so auch an den steigenden Preisen für Energie kräftig mit. Diesen Zugewinn hat Scholz beim Gaspreis durch seine Steuersenkung zwar reduziert. Auf der anderen Seite sind die Energiepreise bei Mineralölprodukten und beim Strom deutlich gestiegen wie überhaupt bei fast allen Verbraucherpreisen durch die allgemeine Inflationsentwicklung.
- Zum Artikel: "Energiesparen privat – was bringt wie viel?"
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