Ein Rettungswagen vom Bayerischen Roten Kreuz auf einer Einsatzfahrt mit eingeschaltetem Blaulicht über eine Straße in Nürnberg.
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Krieg und Terror: Fachleute fordern bessere Vorbereitung

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Fachleute: Gesundheitswesen für Krieg und Terror nicht gewappnet

Fachleute: Gesundheitswesen für Krieg und Terror nicht gewappnet

Das deutsche Gesundheitswesen ist nach Ansicht von Fachleuten nicht ausreichend auf eine hohe Zahl von Verletzten durch Krieg oder Terror vorbereitet. Auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft sieht Handlungsbedarf, warnt aber vor Panikmache.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

"Es geht um nichts weniger als darum, das gesamte Gesundheitssystem auf alle Arten von Krisen vorzubereiten, auch auf kriegerische Angriffe aller Art." Mit diesen Worten wendet sich Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) an Verantwortungsträger in der Gesundheitsversorgung, aber auch in der Politik. Der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Dietmar Pennig, ergänzt: "Es reicht nicht aus, Fregatten zu bestellen und Panzer auffahren".

Bessere Schulung und zusätzliches Material

Der Unfallchirurgen-Verband hat Schätzungen vorgelegt, welche zusätzlichen Belastungen kriegerische Konflikte für das deutsche Gesundheitswesen bringen könnten. Derzeit würden in deutschen Kliniken jeden Tag im Schnitt 85 Schwerverletzte versorgt. Wenn Konflikte so eskalieren, dass Deutschland stärker betroffen ist, könnten täglich 250 Schwerverletzte dazu kommen. Darauf sei die Kliniklandschaft derzeit nicht vorbereitet, warnt der Unfallchirurg Pennig. Beim Deutschen Chirurgiekongress kommende Woche in München werde auch dieses Thema auf der Tagesordnung stehen.

Zusätzliche Reserven von Verbandsmaterial, Kanülen und Spritzen

Nötig sind nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie zum einen zusätzliche Reserven, wie etwa Verbandsmaterial, Kanülen oder Spritzen. Außerdem müssten deutlich mehr Ärztinnen und Ärzte und auch Pflegekräfte besonders geschult werden, um Verletzungen etwa durch Explosionen oder Projektile behandeln zu können. "Das ist etwas völlig anderes als das, was man sonst etwa bei Autounfällen oder Stürzen gesehen hat", erklärt der Medizinprofessor Pennig.

Die Gesellschaft für Unfallchirurgie bietet seit sieben Jahren Kurse mit dem englischen Titel "Terror and Disaster Surgical Care" an, sie hatten bislang 900 Teilnehmer. Eigentlich aber müssen mehr als siebenmal so viele Mediziner entsprechend speziell geschult sein, nämlich rund 6.600, fordert die Fachorganisation. Die Kosten für sinnvolle zusätzliche Materialreserven und Schulungen schätzt der Chirurgenverband auf insgesamt rund 480 Millionen Euro.

Krankenhausgesellschaft setzt auf Übungen

Auch der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Roland Engehausen, hält ein Umdenken für nötig. Deutschland habe es "nach dem Kalten Krieg insgesamt verlernt, sich auf Katastrophen vorzubereiten", sagte er dem BR. Es sei nicht nur nötig, auf mögliche Kriegsverletzte vorbereitet zu sein. Auch insgesamt sollte der Zivilschutz gestärkt werden. Und bei Kriegsverletzten dürfe man nicht nur etwa an deutsche Soldaten denken, sondern auch an Menschen, die für eine Behandlung aus anderen Teilen Europas nach Deutschland gebracht werden.

Der BKG-Geschäftsführer warnt gleichzeitig vor Panikmache. Es gehe nicht darum, dass ein Krieg unmittelbar bevorstehe. Vielmehr gebe es jetzt sinnvollerweise Diskussionen, wie die umfangreichen Gelder verwendet werden sollen, die die künftige Bundesregierung für die Sicherheit Deutschlands mobilisieren will: "Es ist richtig, dass man darüber spricht, was mit den 500 Milliarden konkret gemacht werden soll."

Chance zur Entbürokratisierung nutzen

Der Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft wünscht sich gleichzeitig, dass die aktuelle Diskussion genutzt wird, Vorschriften zu überprüfen: "Wir müssen uns bewusst machen, dass man mit den aktuellen bürokratischen Vorgaben bei Großschadens-Ereignissen nicht arbeiten kann." Notfallpläne für Krisenszenarien sollten seiner Ansicht nach deswegen genutzt werden, um etwa Dokumentationspflichten grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen.

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