Schwimmendes LNG-Terminal Wilhelmshaven.
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Gasversorgung in Deutschland ist sicher – aber nicht billig

Gasversorgung in Deutschland ist sicher – aber nicht billig

Der russische Angriff auf die Ukraine hat Deutschland bei der Gasversorgung hart getroffen. Mittlerweile ist die Versorgung so sicher, dass die neuen LNG-Terminals nur zur Hälfte ausgelastet sind. Die Preise haben sich trotzdem nicht entspannt.

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Die Gasversorgung in Deutschland ist gesichert. "Es gibt keine Gasmangellage mehr" – da ist sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sicher. Die Erdgas-Speicher sind vor dem Winter gut gefüllt und Deutschland habe seine Hausaufgaben weitgehend gemacht, so Habeck.

Neue LNG-Terminals nicht ausgelastet

Außerdem gebe es über die neuen LNG-Terminals auch noch Pufferkapazität. Das sind die schnell errichteten Anlandestellen für verflüssigtes Erdgas, das mit Tankschiffen über die Weltmeere transportiert wird. Größere Mengen kommen derzeit vor allem über Wilhelmshaven, aber auch Brunsbüttel.

Ähnlich schätzt Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung die Lage ein. "Wir sind ausreichend mit Gas über Infrastrukturen versorgt und erhalten Gas aus Norwegen und LNG über Terminals, die nur zu 50 Prozent ausgelastet sind", wie sie dem Tagesspiegel sagte.

Preis für LNG hängt stark an den Weltmärkten

Trotzdem wird die Lage bei der Versorgung mit Erdgas grundsätzlich immer noch als kritisch betrachtet. Offiziell gilt in Deutschland nach wie vor die "Alarmstufe", eine fortgeschrittene Stufe des Gas-Notfallplans. Bei einer Branchentagung des Handelsblatts vor wenigen Tagen in Berlin betonte der für die Energiesicherheit zuständige Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, Philipp Steinberg, Deutschland sei immer noch in der Krise, da die Nervosität an den Gasmärkten immer noch groß sei.

Und diese Nervosität spiegelt sich auch in den Preisen für Erdgas. Nach wie vor ist es teurer, mit Erdgas zu heizen, als vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Auch wenn die Nachfrage zurückgegangen ist: Lag der deutsche Erdgasverbrauch 2021 noch bei gut 90 Milliarden Kubikmetern, waren es 2023 nur noch 76 Milliarden Kubikmeter, was im Wesentlichen an den milden Wintern und der schwächelnden Wirtschaft lag. Und auch weltweit hatte sich die Nachfrage nach Erdgas reduziert.

Kein russisches Gas mehr für Österreich und Nachbarländer

Das kann sich aber schnell wieder ändern. Zieht die Nachfrage an, egal wo auf der Welt, kann Erdgas zügig noch deutlich teurer werden. Denn das tiefgekühlte und verflüssigte Erdgas, das als LNG auf Tankschiffen transportiert wird, wird in der Regel dorthin verkauft, wo es die höchsten Preise erzielt. Und derzeit wächst der Bedarf in Asien wieder, vor allem in China und Indien.

Aber auch in Österreich, der Slowakei und der Tschechischen Republik könnte der Bedarf an Erdgas aus neuen Quellen sprunghaft steigen, wenn zum Jahreswechsel kein russisches Erdgas mehr über die Ukraine dorthin gelangt. Denn Ende 2024 läuft ein Transitabkommen zwischen Russland und der Ukraine aus, das den Gasfluss dorthin geregelt hatte. Die drei Länder müssten dann zumindest teilweise über das deutsche Erdgasnetz versorgt werden. Das wäre ein Preistreiber.

Endverbraucherpreise für Erdgas hängen auch vom Geschick des Versorgers ab

Was bedeutet das aber für die Verbraucher? Schwer zu sagen! Vor allem, wann es den Einzelnen trifft. Denn da hängt viel vom Versorger ab, bei dem man seinen Liefervertrag abgeschlossen hat. Normalerweise kaufen Versorger wie Stadtwerke ihr Gas in unterschiedlichen Tranchen zu verschiedenen Zeitpunkten ein, teils weit im Voraus als sogenanntes Termingeschäft. An den Endverbraucher wird dann ein Mittelwert aus diesen Bezugspreisen weitergegeben.

Je nachdem, wie geschickt oder auch glücklich ein Versorger Erdgas einkauft, kommen Preisveränderungen bei den Kunden an. Bis dahin ist oft viel Zeit vergangen – und der Gaspreis kann schon viele weitere Kapriolen geschlagen haben.

Wer sich genauer mit der Entwicklung der Gaspreise, aber auch der Strompreise, befassen will, der kann das beispielsweise seit kurzem über die Datenplattform Smard der Bundesnetzagentur tun.

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