Streiken sie bei der Deutschen Bahn - und das womöglich sogar rund um die Weihnachtszeit? Die Frage stellt sich relativ häufig, weil es mehrere Einzelgewerkschaften sind, die für die 211.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DB-Konzerns in Deutschland sprechen.
Nach dem jüngsten langwierigen geschlichteten DB-Tarifstreit mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) stehen sich jetzt Bahn AG und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) - bislang unversöhnlich - gegenüber.
Noch bis Dienstag gilt der alte Tarifvertrag - dann endet die Friedenspflicht; in knapp zwei Wochen sollen die neuen Verhandlungen beginnen. Vorgelegt hatte die GDL bereits im Juni erste markante Forderungen: 555 Euro mehr Lohn für alle. Und: Ein Absenken der Arbeitszeit im Schichtbetrieb auf 35 Stunden zählten dazu.
Bahn zu GDL-Positionen: "unerfüllbar" und "nicht vorstellbar"
Jetzt hat die Bahn - mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen - den Poker eröffnet: Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hält vor der anstehenden Tarifrunde mit der GDL deren Forderungen für "unerfüllbar". Insbesondere die Forderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich sei "nicht realisierbar".
Das würde laut Seiler bedeuten, "im Schichtdienst rund 10.000 Mitarbeiter zusätzlich" einzustellen. Das sei bei dem angespannten Arbeitsmarkt "nicht vorstellbar". Bei einer Erfüllung der GDL-Wünsche würden die "Personalkosten um über 50 Prozent steigen". Das sei durch gar nichts zu rechtfertigen, sagte Seiler.
Die Bahn gibt sich bemüht friedlich. Sie bietet zunächst eine Art "Vorschuss" an: GDL-Mitglieder könnten demnach im Dezember eine Einmalzahlung von 1.500 Euro aus der Inflationsausgleichsprämie erhalten. Seiler rief die Gewerkschaft unter ihrem Chef Claus Weselsky außerdem dazu auf, von Beginn an unter Vermittlung von "Konfliktberatern im Stile einer Art Schlichtung moderiert ins Gespräch zu gehen". Er wolle "raus aus der Konfliktspirale" und hinein in einen "Lösungsmodus". Ein entsprechender Vorschlag sei der GDL schriftlich zugesandt worden. Auf eine Antwort hoffe man bis Ende kommender Woche.
Die Signale stehen auf Konfrontation
Bei GDL-Chef Weselsky sorgen die Ideen für Unmut. Er sagte im BR24-Interview, Bahn-Vorstand Seiler wolle "gar nicht verhandeln, sondern will das von Beginn an Dritten übertragen". Weselsky nannte den Vorschlag "unanständig". Verhandlungen müssten im öffentlichen Raum stattfinden, und nicht "in einem geschützten Raum durch andere moderiert".
Die Mitglieder ließen sich zudem nicht mit 1.500 Euro sogenanntem Inflationsausgleich abspeisen. Sie hätten vielmehr ein "Recht auf Einkommenserhöhungen" und eine "Absenkung der Arbeitszeit".
Zu Verhandlungsbeginn kein konkretes Angebot zu machen, das sei "tricksen und täuschen" auf Seiten Seilers, kritisierte Weselsky. Und: Jeder "normale Mensch" können "zwischen 555 und null Euro" eine Zahl bestimmen. Und außerdem habe seine Gewerkschaft, anders als von Seiler behauptet, bisher gar nicht mit unbefristetem Streik gedroht.
Aufforderungen seiner Gewerkschaft, schon im September und Oktober und damit noch während der Friedenspflicht zu verhandeln, habe der Bahn-Personalvorstand abgelehnt. Dass es jetzt ab dem 9. November nur alle vier Wochen einen Termin geben solle, sei zu wenig, sagte Weselsky zu BR24.
Die Signale stehen also auf Konfrontation. Und prallen die Positionen nach Ende der Friedenspflicht am Dienstag weiter hart aufeinander, ist ein Streik bei der Deutschen Bahn sicher nicht mehr ausgeschlossen.
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