Im Alltag geht es bei der Erbschaftssteuer häufig um "Omas kleines Häuschen" aus dem Familienbesitz. Normalerweise soll das steuerfrei vererbt werden. Allerdings sind in den vergangenen Jahren die Grundstückspreise so in die Höhe geschossen, dass manche Erbinnen und Erben befürchten, erbschaftsteuerpflichtig zu sein.
- Mehr zu diesem Thema können Sie in der aktuellen Folge des Dossier Politik hören: "Und die Superreichen lässt man laufen: Wie steht es um die Steuergerechtigkeit?" Hier in der ARD-Audiothek.
Bayern hat Verfassungsklage erhoben
Aus diesem Grund zog die bayerische Staatsregierung vor das Bundesverfassungsgericht: Sie will erreichen, dass die Erbschaftssteuer-Freibeträge erhöht werden. Diese Freibeträge sind bisher bundesweit gleich und seit 2008 unverändert, obwohl die Immobilienpreise inzwischen stark gestiegen sind. Andere Bundesländer hingegen halten die Freibeträge immer noch für ausreichend. Zudem will Bayern, dass die Länder eigene Erbschaftssteuerbeträge festlegen können.
Was bei den Freibeträgen gilt
Die Freibeträge liegen zum Beispiel für Kinder bei jeweils 400.000 Euro. Ehe- und Lebenspartner haben sogar 500.000 Euro frei. Sie zahlen nur dann, wenn die geerbte Immobilie von ihnen nicht genutzt wird. Kinder können außerdem die Steuer vermeiden, wenn sie innerhalb von sechs Monaten ins Elternhaus einziehen und dort zehn Jahre wohnen bleiben. Diese Regelung ist aber auf eine Wohnfläche von maximal 200 Quadratmetern begrenzt. Auch Enkel können davon profitieren, aber nur, wenn ihre Eltern bereits gestorben sind. Und das ist nur ein Teil des Freibetrags-Dickichts.
Fuest moniert Gerechtigkeitslücke im Steuerrecht
Anders sieht die Sache aus, wenn Betriebsvermögen vererbt werden. Clemens Fuest, der Chef des Münchener Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, kritisiert, es gäbe eine Gerechtigkeitslücke im Steuerrecht, vor allem bei Superreichen. Bei ihnen handelt es sich oft um Kinder von Unternehmern und Unternehmerinnen, die das Vermögen, das im Betrieb gebunden bleibt, meist komplett behalten dürfen. Doch im Grunde, so Fuest, sei das keine ökonomische, sondern eine politische Frage.
Wirtschaftsweise fordert Besteuerung von Betriebsvermögen
Während Ifo-Chef Fuest sich mit konkreten Forderungen nach einer Reform der Erbschaftssteuer zurückhält, sprechen sich andere Ökonomen für eine Besteuerung auch von Betriebsvermögen aus. Zu ihnen zählt die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. Sie fordert höhere Steuern für Unternehmen, um die Staatsfinanzen zu sanieren.
Zudem widerspricht Schnitzer der Behauptung der Unternehmer, dass es die Existenz der Unternehmen gefährde, müssten sie im Erbfall Steuern zahlen. "Die Evidenz zeigt, dass das mitnichten der Fall ist. Denn oft wird ja nicht nur das Betriebsvermögen an sich vererbt, sondern auch Finanzvermögen, was dann herangezogen werden könnte, um diese Erbschaftssteuer zu begleichen."
Lösung mit einheitlicher "Flat Tax"?
Ein weiterer Vorschlag ist eine "Flat Tax": Das bedeutet: ein einheitlicher Steuersatz für alle Erbschaften auf alle Vermögensarten. Allerdings solle der nicht höher als zehn Prozent sein. Wenn ein Unternehmen aus Liquiditätsgründen in Schwierigkeiten gerate, schlägt etwa der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld vor, Stundungen zu ermöglichen.
- Zum Artikel: Vorsicht Erbengemeinschaft: Streit und Kosten drohen
Dieser Artikel ist erstmals am 25. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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