(Symbolbild) Die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahlers
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(Symbolbild) Die deutsche Staatsverschuldung wird nach den Plänen von Union und SPD in den kommen Jahren deutlich steigen.

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Neue Schulden: Was das Deutschland kosten wird

Neue Schulden: Was das Deutschland kosten wird

Bislang galt Deutschland international als Sparfuchs. Doch nun will der Staat massiv investieren und neue Schulden machen. Das dürfte nicht nur Folgen für andere Länder haben, sondern auch für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher.

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Union und SPD haben sich auf ein riesiges Finanz- und Investitionspaket verständigt, dass es so in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Allein für die Infrastruktur wollen sie 500 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Außerdem soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert und den Ländern mehr Spielraum beim Schuldenmachen eingeräumt werden.

Wie das Handelsblatt berechnet hat (externer Link; möglicherweise Bezahl-Inhalt), könnte sich der Staat in den kommenden zehn Jahren insgesamt um mindestens 1,5 Billionen Euro zusätzlich verschulden. Einerseits dürfte das die deutsche Konjunktur ankurbeln. Doch zugleich stellt sich auch die Frage: Was bedeutet diese Summe für den deutschen Schuldenstand?

Deutsche Schuldenquote im internationalen Vergleich relativ niedrig

Für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gelten die sogenannten "Maastricht-Kriterien": Diese sehen unter anderem vor, dass die Gesamtschulden eines Landes nicht höher sein sollen als 60 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Das deutsche BIP betrug im vergangenen Jahr rund 4,31 Billionen Euro, die Schuldenquote lag bei rund 63 Prozent – und damit im europäischen Vergleich auf einem relativ niedrigen Niveau. Zum Vergleich: Frankreich kam auf 115 Prozent, Italien auf fast 140 Prozent, Spanien auf gut 100 Prozent. International sind die USA mit 126 Prozent des BIP verschuldet, Spitzenreiter ist Japan mit fast 250 Prozent.

Schuldenquote dürfte die nächsten Jahre deutlich steigen

Die deutsche Schuldenquote dürfte jedoch deutlich steigen, wie Ökonomen errechnet haben. Demnach erwartet beispielsweise Wolf Reuter, bis zuletzt auch Haushaltsstaatssekretär von Finanzminister Lindner, dass die Schuldenquote in den nächsten zehn Jahren um 33 Prozentpunkte zulegt.

Friedrich Heinemann vom ZEW-Forschungsinstitut kommt für 2034 auf eine Quote von 100 Prozent und warnt deshalb: "Damit würde sich Deutschland rasch zu den Hochschuldenstaaten der EU gesellen." Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer geht von einem Anstieg auf 90 Prozent innerhalb von zehn Jahren aus.

Ratingagenturen: Schulden sind kein Problem für deutsche Top-Bonität

Nach Angaben der Ratingagentur Scope hatte die Schuldenquote ihren bisherigen Höchststand von 80 Prozent nach der globalen Finanzkrise 2010. Aus Sicht der Agenturen dürften die zusätzlichen Schulden die Bonität aber nicht negativ beeinflussen. Im Gegenteil: Das Finanzpaket stütze sogar die deutsche Top-Bonitätsnote AAA, so die US-Ratingagentur S&P.

"Alles, was die Binnenwirtschaft ankurbelt, ist positiv für die Kreditwürdigkeit", sagt S&P-Analyst Frank Gill. Die größte Sorge hinsichtlich der Kreditwürdigkeit sei dagegen Deutschlands stagnierende Wirtschaft.

Deutschland muss mehr Geld aufbringen, um sich zu verschulden

Auch wenn es dank Top-Bonität also nicht schwieriger für die Bundesregierung wird, dürfte es wohl aber teurer werden. Denn Schuldenmachen bedeutet, sich am Kapitalmarkt Geld von Gläubigern zu leihen – etwa von Pensionskassen, Fonds oder privaten Anlegern. Für dieses Risiko erhalten sie im Gegenzug Zinsen.

Entscheidend am Kapitalmarkt ist die Rendite, die sich aus dem Kurswert einer Anleihe und der Restlaufzeit berechnet. Und diese Renditen zogen bereits kurz nach der Ankündigung von Union und SPD deutlich an. Am Donnerstag notierte die maßgebliche zehnjährige Bundesanleihe bei 2,85 Prozent. Bei einer höheren Rendite muss der Staat mehr Geld ausgeben, um seine Schulden zurückzuzahlen.

Durch das Finanzpaket steigen somit nicht nur die bloßen staatlichen Ausgaben, sondern auch die Folgekosten.

Grafik: So haben sich die Renditen der Staatsanleihen entwickelt

Auch für andere europäische Länder wird es teurer sich zu verschulden

Das bleibt nicht ohne Folgen auch für andere Länder. "Da Deutschland den Markt nun mit seinen Anleihen flutet, verschlechtert es die Finanzierungskonditionen seiner Nachbarn", kommentierte der Mannheimer VWL-Professor Hans Peter Grüner. Die Renditen anderer europäischer Staatsanleihen wie der französischen oder italienischen legten bereits ebenfalls zu.

Damit wird es für diese Staaten ebenfalls teurer, sich am Kapitalmarkt zu finanzieren und dort Geld zu leihen. Ohnehin müssen sie traditionell höhere Zinsen als Deutschland aufbringen, da Investoren das Risiko höher bewerten. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) beobachtet deshalb den Anleihemarkt und lässt ihn in die Bewertung ihrer Zinspolitik mit einfließen.

Rendite von Anleihen beeinflusst auch Bauzinsen

Wenn die EZB ihre Zinsen anpasst, kann sich das Schuldenmachen des deutschen Staats im Großen am Ende auch im Kleinen auf Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken. Hinzu kommt: Auch die Bauzinsen orientieren sich an deutschen Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit. Steigen die Anleiherenditen, kann es deshalb teurer werden, eine Immobilie zu finanzieren.

Im Video: CDU-Politiker Bosbach zu neuen Schulden in der "Münchner Runde" (5.3.2025)

CDU-Politiker Wolfgang Bosbach
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CDU-Politiker Wolfgang Bosbach

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