In der Türkei gehen vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Sonntag Präsident Recep Tayyip Erdogan und sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu in die Schlussrunde des Wahlkampfs. Durch die anhaltende Wirtschaftskrise könnte der Amtsinhaber Stimmen einbüßen.
Erdbeben, internationale Politik und vor allem Wirtschaft sind Wahlthemen
Denn es ist nicht Erdogan, sondern der Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, der am Sonntag als Favorit ins Rennen geht – auch, wenn es eng wird. Laut Umfrageinstitut Metropoll lag Erdogan bei 44 Prozent und sein Herausforderer Kilicdaroglu bei 46 Prozent Zustimmungswerten.
Was die Menschen in der Türkei neben den Folgen des Erdbebens und der Position in der internationalen Politik sehr bewegt, das sind die Wirtschaft und vor allem die hohe Inflation. Offiziell liegt die Inflationsrate im Land bei 43 Prozent. Unabhängige Ökonomen gehen aber davon aus, dass die Zahlen deutlich höher sind und die Inflationsrate bei rund 100 Prozent liegen dürfte. Die in Großbritannien ansässige Denkfabrik Legantum Institute stuft die Türkei in ihrem Wohlstandsindex weltweit auf Platz 95 ein, womit sich das Land seit 2011 um 23 Plätze verschlechtert hat.
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Niedriger Mindestlohn und hohe Arbeitslosigkeit belasten Bevölkerung
Für die Menschen im Land bedeutet das vor allem, dass die Lebensmittel zunehmend teurer werden. Viele können ihre Mieten nicht mehr bezahlen. Das hängt auch mit dem Mindestlohn zusammen, der in der Türkei aktuell bei etwa 8.500 türkische Lira liegt. Das entspricht gerade mal 440 Euro.
Erdogan verspricht im Wahlkampf, die Arbeitslosigkeit von zehn auf sieben Prozent zu reduzieren, dafür will er unter anderem in den nächsten fünf Jahren sechs Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. Der Export türkischer Waren solle auf einen jährlichen Umfang von 400 Milliarden US-Dollar anwachsen – das wären 146 Milliarden Euro mehr als derzeit.
Opposition verspricht, Korruption zu bekämpfen
Killicdaroglus Opposition verspricht dagegen eine sofortige Abkehr von Erdogans "türkischem Wirtschaftsmodell". Erdogans Herausforderer will für eine Politik der Entspannung sorgen, dafür möchte er unter anderem Vetternwirtschaft und Korruption im Land bekämpfen. Experten gehen bei einem Wahlsieg der Opposition davon aus, dass es lange dauern wird, bis sich das Land von den wirtschaftlichen Folgen durch Erdogans Politik erholt haben wird.
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