Ein Mitarbeiter nimmt ein Blech mit Brezen aus dem Backofen einer Bäckerei.
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Ein breites Bündnis von Wirtschaftsvertretern in Deutschland hat die Bundesländer dazu aufgerufen, das Wachstumschancengesetz zu verabschieden.

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Wirtschaftsverbände schreiben Brandbrief an Ministerpräsidenten

Die deutsche Wirtschaft läuft derzeit nur schleppend. Einen neuen Impuls könnte das Wachstumschancengesetz liefern. Doch das hängt noch im Bundesrat. Mehrere Wirtschaftsverbände verfassten deshalb nun einen Brandbrief an die Ministerpräsidenten.

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Hohe Steuern und Sozialabgaben, teure Energie, ein sich verschärfender Arbeits- und Fachkräftemangel und dazu noch eine überbordende Bürokratie: Deutschland Wirtschaft kämpft derzeit mit vielen Probleme. Erst diese Woche dämpfte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) deswegen auch die Wachstumsprognose des Bundes für das laufende Jahr ein. Linderung könnte laut Wirtschaftsexperten das geplante Wachstumschancengesetz schaffen. Doch das steckt noch immer im Bundesrat fest. Gleich mehrere Wirtschaftsverbände forderten deshalb die Regierungschefs der Länder auf, nun ihre Blockadehaltung aufzugeben.

"Rettung des deutschen Mittelstands steht auf dem Spiel"

18 Organisationen appellierten in einem Brief an die Ministerpräsidenten eindringlich, das Wachstumschancengesetz so schnell wie möglich zu verabschieden. Vor allem der Mittelstand leide unter den aktuellen Bedingungen. Alle politischen Entscheidungsträger sollten deshalb auf eine schnellstmögliche Verabschiedung des Gesetzes hinwirken. "Es steht nichts weniger auf dem Spiel als die Rettung des deutschen Mittelstands, der 99 Prozent aller Unternehmen und damit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bildet", heißt es.

In dem Schreiben, das auch dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, heißt es weiter, die bestehende Blockade des Wachstumschancengesetzes im Bundesrat und das Festhalten an einer Rücknahme der Abschaffung der Agrardiesel-Subvention verkenne die Dimension der strukturellen wirtschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. "Diese politische Haltung wird den derzeitigen strukturellen Problemen unseres Standorts nicht gerecht."

Wirtschaftsverbände kritisieren "parteitaktische Spielchen"

"Weder parteitaktische Spielchen noch Streitereien innerhalb der Ampel-Bundesregierung dürfen dieses so wichtige Signal jetzt verschleppen." Politik müsse jetzt insgesamt Verantwortung zeigen. Mit dem Wachstumschancengesetz könne diese "ein erstes Zeichen der Zuversicht für eine beginnende Entlastungs- und Investitionsoffensive im Mittelstand setzen", so das Fazit in dem Brandbrief.

Unterzeichnet haben den Aufruf unter anderem der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), der Bundesverband IT-Mittelstand sowie der Bundesverband Taxi und Mietwagen. BVMW-Geschäftsführer Christoph Ahlhaus, der Mitglied der CDU ist, sagte der ARD, der Mittelstand stehe vor existenziellen Problemen. "Es eilt, es ist wirklich eine Minute vor zwölf. Und wir erleben politische Spielchen."

Steuerentlastungen und schnellere Genehmigungen

Das Wachstumschancengesetz sieht eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor, zudem verschiedene Steuererleichterungen für Unternehmen bis 2028. Betriebe sollen so jährlich um rund sieben Milliarden Euro entlastet werden. Während der Bundestag mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP die Novelle bereits gebilligt hat, stoppte der Bundesrat das Wachstumschancengesetz vorerst. Die Länder befürchten, dass die geplanten Steuererleichterungen zu große Löcher in ihre Haushalte und die der Kommunen reißen würden.

Quergestellt hatten sich zuletzt vor allem die Ministerpräsidenten von CDU und CSU. Die Union macht ihre Zustimmung zum Gesetz insbesondere auch von einer Rücknahme der geplanten Streichung von Agrardiesel-Subventionen abhängig. Am 21. Februar soll sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat mit dem Wachstumschancengesetz befassen. Ein schon bekanntgewordener Kompromissvorschlag sieht etwa vor, das Volumen der Entlastungen im auf jährlich drei Milliarden Euro zu senken.

Grünen-Fraktionsvize Dröge: "Merz setzt auf Blockade zur eigenen Profilierung"

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katharina Dröge, forderte den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz dazu auf, dem Gesetz endlich grünes Licht zu geben. Mit seinem Verhalten schade Merz der Wirtschaft in einer schwierigen Phase, betonte Dröge gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. "Die Einigung zwischen Bund und Ländern steht, auch die Landesfinanzminister von CDU und CSU haben in der Sache zugestimmt. Allein Herr Merz setzt auf Blockade zur eigenen Profilierung." Das zeuge nicht von Verantwortungsbewusstsein und Regierungsfähigkeit.

Union sieht Schuld für fehlende Einigung bei der Ampel

Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) ließ die Kritik hingegen nicht zu. Er nannte den Vorwurf, die Union blockiere Entlastungen für die Unternehmen, "schlicht Unsinn". "Wir wollen noch sehr viel weiterreichende Entlastungen für Wirtschaft und Mittelstand, insbesondere eine grundlegende Unternehmenssteuerreform", sagte Middelberg der dpa. Diese wären auch finanzierbar, wenn die Ampel etwa bei Bürgergeld und Asyl sparen würde. 

Das Wachstumschancengesetz wiederum hätten die Ampelparteien im Verfahren selbst minimalisiert, erklärte Middelberg. Die Einbindung des Agrardiesels in die Verhandlungen sei nur sachgerecht. "Denn es kann nicht sein, dass Entlastungen für die Wirtschaft insgesamt durch neue Steuern zulasten einzelner kleiner Branchen finanziert werden."

CDU-Vorsitzende Merz verweist auf Bedenken aus SPD-geführten Ländern

CDU-Chef Merz verteidigte am Abend seinen Widerstand gegen das geplante Gesetz zur Wirtschaftsförderung. Auch von der SPD gestellte Ministerpräsidenten hätten Vorbehalte gegen das Wachstumschancengesetz, sagte er im ARD-"Bericht aus Berlin". Konkret verwies er auf Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Mit Informationen von dpa und AFP

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