Die geplante Bezahlkarte für Asylbewerber sorgt für Krach in der Ampel-Koalition. Knackpunkt ist die Frage, ob für die Einführung der Karte eine bundesgesetzliche Regelung nötig oder zumindest sinnvoll ist.
Wolfgang Kubicki sieht Ampel-Koalition in Gefahr
Vertreter der Fraktionen von FDP und SPD sprachen sich in Berlin dafür aus - die Grünen im Bundestag halten die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten hingegen für ausreichend. FDP-Fraktionsvize Wolfgang Kubicki drohte bereits mit dem Bruch der Koalition. Er sagte der "Bild"-Zeitung: "Sollten die Grünen diesen minimalinvasiven Eingriff in das Asylbewerberleistungsgesetz tatsächlich torpedieren, stellt das die Fortsetzung der Koalition infrage."
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sprach von einer "Bezahlkarten-Blockade der Grünen", die unverantwortlich sei. Sie richte sich "gegen eine wichtige Maßnahme zur Ordnung und Begrenzung der irregulären Migration". Wie Rhein der Deutschen Presse-Agentur sagte, müsse Kanzler Olaf Scholz (SPD) "jetzt ein Machtwort sprechen - für einen realpolitischen Kurs der Ampel bei der Migration". Die Bezahlkarte sei ein wichtiger Schritt, "um Anreize für irreguläre Migration zu senken, Missbrauch von Asylleistungen zu verhindern und Schleuser zu bekämpfen".
Bezahlkarte soll Zahlungen an Schlepper unterbinden
14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen.
Der Vize-Fraktionschef der FDP, Konstantin Kuhle, forderte, der Bund solle die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Bezahlkarten erweitern. Dazu gehöre etwa, dass der Vorrang von Geldleistungen bei der Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen gestrichen werde. Das mache Bezahlkarten in mehr Konstellationen nutzbar und erleichtere so die bundesweite Einführung.
Lindner: Widerstand der Grünen überraschend
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann betonte, das Bundesarbeitsministerium habe bereits eine beschlussreife Formulierung geliefert: "Es geht hier um einen bundeseinheitlichen Rahmen. Der Verwaltungsaufwand muss bei den Kommunen durch kostengünstige, einheitliche Modelle reduziert werden."
FDP-Chef Christian Lindner nannte den Widerstand der Grünen überraschend. "Die Grünen dürfen einen Konsens aller demokratischen Parteien nicht gefährden", sagte er dem "Münchner Merkur". Die Bezahlkarte könne dazu beitragen, dass eine erhebliche Zahl an Asylbewerbern ausreisen werde, "weil unser Sozialstaat plötzlich nicht mehr so attraktiv ist".
Grüne: Bezahlkarte auch ohne neue Regelung rechtssicher
Indes teilte der Vize-Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch, mit: "Es war gemeinsame Haltung in der Koalition, dass die Länder die Bezahlkarte rechtssicher einführen können. Verschiedene Länder wie Hamburg oder Bayern tun dies auch bereits. Änderungen sind deshalb nicht nötig und nicht verabredet. Für Chaos, Ablenkungsdebatten und schlechtes Management aus dem Kanzleramt stehen wir nicht zur Verfügung."
Tatsächlich hatte Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt im Oktober einen Brief an Audretsch geschrieben, aus dem hervorgeht, dass "keine gesetzliche Änderung" für die Einführung einer Bezahlkarte notwendig sei.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums bestätigte hingegen, es sei im Auftrag einer Arbeitsgruppe der Länder eine Formulierungshilfe erarbeitet worden. Diese sehe vor, "dass die Leistungsform der Bezahlkarte ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird". Damit sollen bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen für eine Bezahlkarte geschaffen werden - mittels Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz.
Mit Informationen von dpa
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