Mpox-Infektionen haben nichts mit der Corona-Impfung zu tun.
Bildrechte: dpa-Bildfunk / Moses Sawasawa
Audiobeitrag

Mpox-Infektionen haben nichts mit der Corona-Impfung zu tun.

Audiobeitrag
> Wissen >

Nein, die Corona-Impfung hat den Mpox-Ausbruch nicht ausgelöst

Nein, die Corona-Impfung hat den Mpox-Ausbruch nicht ausgelöst

Die WHO hat Mitte August wegen Mpox die höchste Warnstufe ausgerufen. Seitdem kursieren Gerüchte zu dem Ausbruch. Angeblich soll die Corona-Impfung Mpox verursachen. Das ist falsch. Ein #Faktenfuchs.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Darum geht's:

  • Die Weltgesundheitsorganisation hat wegen einer neuen Mpox-Virus-Variante erneut eine weltweite Notlage ausgerufen.
  • User im Netz behaupten fälschlicherweise, das Virus sei bereits mit der Corona-Impfung verimpft worden oder dass Ärzte eine Gürtelrose häufig mit Mpox verwechselten – früher bekannt als Affenpocken.
  • Die Inhaltsstoffe der Corona-Impfstoffe haben nichts mit dem Mpox-Virus zu tun und können diesen auch nicht auslösen. Und: Eine Gürtelrose- und Mpox-Erkrankung lassen sich deutlich unterscheiden.

In mehreren afrikanischen Ländern breitet sich gerade eine neue Variante des Monkeypox-Virus aus. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat deshalb eine Notlage von internationaler Reichweite ausgerufen. Einige User nehmen das zum Anlass, auf Social Media über die vermeintlich wahren Ursachen der Mpox-Krankheit zu spekulieren. Eine Falschbehauptung ist dabei besonders beliebt: Mpox sei in Wahrheit eine Spätfolge der Corona-Impfung.

Eine Mpox-Erkrankung bringt Symptome wie Fieber, Gliederschmerzen und Pocken-ähnliche Pusteln auf der Haut mit sich. Die meisten Fälle traten bisher in der Demokratischen Republik Kongo auf, allerdings breitet sich das Virus nun auch auf angrenzende afrikanische Länder aus. Im Oktober 2024 wurde in Deutschland erstmals ein Fall mit der neuen Variante Klade Ib nachgewiesen. Das RKI schätzt das Risiko dennoch als gering ein (externer Link). Von der älteren Variante Klade IIb im Jahr 2022 (externer Link) etwa 3.800 Fälle in Deutschland an das RKI gemeldet.

Angebliche Verbindungen zwischen der Corona-Impfung und dem Mpox-Virus sind weit hergeholt. Der #Faktenfuchs hat zwei der häufigsten Behauptungen überprüft.

Falschbehauptung #1: Mit der Corona-Impfung sei das Mpox-Virus verimpft worden

Einige User suggerieren, ein Mpox-Ausbruch sei schon während der Corona-Pandemie vorbereitet worden. Das Virus sei damals gezielt mit der Corona-Impfung unter die Bevölkerung gebracht worden. Ein Blog-Artikel stellt es etwa so dar:

"Die heutigen Corona-Impfstoffe enthalten bereits DNA-Stücke des Affenpocken-Virus. Und die künftigen PCR-Tests suchen nach genau diesem DNA-Stück." So solle eine Mpox-Pandemie mithilfe von PCR-Tests inszeniert werden.

Der vermeintliche Beleg dafür: Ein Foto vom Beipackzettel des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca. Auf dem ist der Inhaltsstoff "chimpanzee adenovirus" - also "Schimpansen-Adenovirus" - rot unterstrichen. Mit dem Mpox-Virus hat das aber nichts zu tun.

Bildrechte: BR Grafik
Bildbeitrag

Beispiel für einen irreführenden Blogpost über Mpox

Schimpansen-Adenovirus ist nicht gleich Mpox-Virus

In AstraZenecas Vektorimpfstoff wird ein Schimpansen-Adenovirus verwendet (externer Link). Er funktioniert dort jedoch nur als "Vektor"(externer Link), also "Träger" für den Bauplan des Corona-Spike-Proteins und löst selbst keine Immunreaktion aus. Dies ist eine gängige Impf-Methode.

Obwohl der Name Schimpansen-Adeno-Virus (externer Link) eine Ähnlichkeit zum Mpox-Virus suggeriert, handelt es sich um zwei komplett verschiedene Viren. Affenpocken-Viren heißen so, weil sie zuerst im Jahr 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen wurden. Die Affen waren jedoch wahrscheinlich nur Zwischenwirt. Seinen Ursprung hat das Mpox-Virus in Nagetieren. Im November 2022 empfahl die WHO die durch das Virus verursachte Krankheit von "Affenpocken" in Mpox umzubenennen, damit Erkrankte durch den Namen nicht zusätzlich stigmatisiert werden. Das Virus heißt weiterhin Affenpocken- oder auf Englisch Monkeypox-Virus. Das Schimpansen-Adenovirus hingegen wurde aus Schimpansen isoliert, um es für den Vektorimpfstoff AstraZeneca nutzen zu können (dazu gleich mehr).

Zum anderen lösen Schimpansen-Adenoviren und Mpox-Viren verschiedene Krankheiten aus. Adenoviren führen laut dem RKI (externer Link) in der Regel bei Schimpansen zu erkältungsähnlichen Erkrankungen, wohingegen Mpox beim Menschen unter anderem pockenähnliche Hautveränderungen verursacht. Das Schimpansen-Adenovirus dagegen führt beim Menschen zu keiner Erkrankung.

Es ist Experten zufolge daher nicht möglich, dass Schimpansen-Adenoviren in den Corona-Impfstoffen etwas mit den Mpox-Ausbrüchen zu tun haben. "Das Schimpansen-Adenovirus ist für den Menschen vollkommen ungefährlich", sagt etwa Wolfgang Guggemos, Leitender Oberarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing.

Warum sind Schimpansen-Adenoviren überhaupt in AstraZenecas Corona-Impfstoff enthalten?

Dass Säugetier-Adenoviren in Impfungen verwendet werden, ist üblich. Denn sie bieten eine gute Basis für Vektorimpfstoffe (externer Link) wie den AstraZeneca-Impfstoff. Bei Vektorimpfstoffen werden harmlose Viren (externer Link) verimpft, die als Transportmittel dienen, um den genetischen Bauplan von einem Teil eines Erregers in den Körper einzuschleusen. Der Körper denkt dann, er sei mit dem Erreger infiziert und produziert Antikörper gegen ihn. Bei Corona-Vektorimpfstoffen wird etwa der Bauplan des Corona-Spike-Proteins in die Körperzellen transportiert. Die Zellen produzieren daraus das Spike-Protein und präsentieren es an ihrer Oberfläche. So wird eine Immunreaktion ausgelöst, der Körper bildet Antikörper (externer Link).

Mpox breitet sich gerade da aus, wo wenige gegen Corona geimpft sind

Auch geografisch hinkt deswegen die Theorie, die Corona-Impfung habe den derzeitigen Mpox-Ausbruch womöglich mit ausgelöst: Denn die Corona-Impfstoffe wurden weltweit verimpft. Die neue Mpox-Variante verbreitet sich gerade jedoch hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo und einigen angrenzenden Ländern (hier oder hier). Gerade dort ist die Corona-Impfrate aber sehr viel geringer als in vielen Ländern in Europa oder Nordamerika. Im Kongo liegt die Quote der vollständig Geimpften beispielsweise bei 14,5 Prozent.

Falschbehauptung #2: Ärzte verwechseln angeblich Mpox mit Herpes Zoster (Gürtelrose)

Was den Menschen als Mpox-Erkrankung verkauft werde, sei in Wahrheit ein Herpes Zoster, auch bekannt als Gürtelrose – auch das behaupten User fälschlicherweise im Netz.

Viele Posts beziehen sich dabei auf ein Video-Interview mit dem Mediziner Wolfgang Wodarg, das von der österreichischen Nachrichtenseite AUF1 bereits im Juni 2022 veröffentlicht wurde. Wodarg ist ein ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und nun für die Kleinpartei dieBasis aktiv, die von Gegnern der Corona-Maßnahmen gegründet wurde. Er fiel während der Corona-Pandemie bereits mit falschen Behauptungen über das Corona-Virus auf. Auch AUF1 ist für die Verbreitung von Falschbehauptungen und Verschwörungstheorien bekannt.

In dem Interview behauptet Wodarg nicht nur, die eigentlich durch Mpox verursachten Pusteln auf der Haut seien in Wirklichkeit eine Gürtelrose – sondern diese zudem noch eine Nebenwirkung der Corona-Impfung. "Das ist ein Geschäft, was sie machen, mit den Folgen dieser Spritzen, die sie uns wegen Corona angedreht haben", so Wodarg.

Symptome unterscheiden sich in der Regel eindeutig

Mpox-Erreger und Zoster-Viren sind unterschiedliche Viren, die nichts miteinander zu tun haben. In der Diagnose kann man sie Experten zufolge relativ leicht unterscheiden. Dass eine Gürtelrose fälschlicherweise als Mpox diagnostiziert wird, ist daher unwahrscheinlich.

Mpox wird zunächst über das Erscheinungsbild der Haut (externer Link) diagnostiziert. Typisch sind etwa ausschlagartige Flächen über Knötchen und Bläschen bis hin zu Pusteln, Wunden und Schorf. Meist unterscheiden sich diese direkt erkennbaren Symptome von der Gürtelrose bereits eindeutig, wie Wolfgang Guggemos von der München Klinik Schwabing sagt.

Mpox-Ausschläge treten vor allem an Armen und Beinen auf. Bei der Gürtelrose erinnert der Ausschlag hingegen an einen Gürtel – daher auch der Name – und tritt vor allem auf dem Rumpf oder Brustkorb auf.

Das Virus hinter der Gürtelrose: Varizella-Zoster Virus

Hinter einer Gürtelrose steckt das Varizella-Zoster-Virus, das unterschiedliche Erkrankungen auslösen kann. Infizieren sich Kinder damit, bekommen sie Windpocken. Nach überstandener Krankheit ist der Körper immun gegen Windpocken, das Varizella-Zoster Virus kann jedoch weiterhin im Körper vorhanden sein. "Das Virus versteckt sich im Körper, in den Nervenwurzeln hinten am Rückenmark", erklärt Oberstarzt Roman Wölfel vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.

Im Erwachsenenalter kann das Varizella-Zoster Virus wieder in Form einer Gürtelrose aufleben. "Die Gürtelrose ist eine interne Reaktivierung des Virus – man steckt sich nicht an", sagt Wölfel. Warum das passiert, ist nicht ganz klar. Laut Wölfel treten Erkrankungen vor allem dann auf, "wenn man Stress hatte oder das Immunsystem nicht so fit ist".

Eine Studie im Journal of the European Academy of Dermatology and Venerealogy (externer Link) von April 2022 fand, dass die Gürtelrose auch eine "seltene unerwünschte Nebenwirkung der COVID-19-Impfstoffe" sein könnte. Allerdings nur insofern, als dass die Impfung das Immunsystem vorrübergehend schwächen kann. Das wiederum könne, ähnlich wie Stress, ein Faktor dafür sein, warum das Virus im Körper reaktiviert wird. Die Studie traf jedoch nur Aussagen zu mRNA-Impfungen und nicht zu Vektorimpfungen wie der von AstraZeneca. Zu Vektorimpfungen lasse die Studie keine Schlussfolgerung zu, da nur 1,5 Prozent der Probanden eine Vektorimpfung erhielten, so die Autoren. Weder das Robert Koch Institut (externer Link) noch das Paul-Ehrlich-Institut (externer Link) führen Gürtelrose als eine Nebenwirkung auf, die bei Corona-Impfstoffen beobachtet wurde.

Doch selbst wenn, könnte das nicht mit Affenpocken verwechselt werden. Christoph D. Spinner, Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie am TUM-Universitätsklinikum, bestätigte dem #Faktenfuchs: "Covid-19 Impfungen machen in keinem Fall Hautläsionen [also Hautschäden, Anmerkung der Redaktion], die mit Pockenläsionen verwechselt werden können." Erfahrene Ärzte können Gürtelrose-Ausschläge von Pockenläsionen unterscheiden, so Spinner.

PCR-Test bestätigt Mpox-Diagnose

"Durch die molekularbiologische Diagnostik ist auch laborchemisch eine eindeutige Unterscheidung zwischen Varizella Zoster Virus und Mpox möglich", sagt Guggemos. Heißt: Auch das Mpox-Virus kann per PCR-Test genau bestimmt werden. Dieser Test kann Erbgut-Bestandteile des Virus nachweisen und so ausschließen, dass es sich um ein Gürtelrose-Virus handelt. Diese Vorgehensweise empfiehlt auch das Robert-Koch-Institut.

Im Kongo fehlt es allerdings oft an PCR-Tests. Ein Sprecher der WHO sagte dem #Faktenfuchs, dass nur jede dritte Person mit Symptomen auch getestet werden könne.

Fazit

Das in der AstraZeneca-Impfung enthaltene Schimpansen-Adenovirus hat nichts mit dem Mpox-Virus zu tun und löst beim Menschen keine Erkrankung aus. Es fungiert lediglich als Transportmittel für den Bauplan des Corona-Spike-Proteins, damit der Körper Antikörper gegen Corona entwickelt. Die Verwendung von Schimpansen-Adenoviren in Vektorimpfstoffen ist Experten zufolge üblich und für den Menschen ungefährlich.

Es ist auch unwahrscheinlich, dass eine Gürtelrose als Mpox fehldiagnostiziert wird. Die Hautveränderungen bei Gürtelrose und Mpox unterscheiden sich schon äußerlich, treten in unterschiedlichen Körperregionen auf und können zudem mithilfe eines PCR-Tests sicher unterschieden werden.

Quellen:

Interview mit Roman Wölfel vom Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr

Interview mit Wolfgang Guggemos, Leitender Oberarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing

Fragen per Email an Christoph Spinner , TU München Universitätsklinikum

Artikel / Veröffentlichungen:

Akademie der Naturwissenschaften, Wie funktionieren Vektorimpfstoffe?

AP News, COVID-19 vaccines didn’t cause monkeypox outbreak

Corona-in-zahlen.de, Demokratische Republik Kongo, Burundi, Kenia

Deutsche Welle, Fünf Fakes über Affenpocken

Deutsche Welle, Mpox und COVID-19-Impfung ohne Zusammenhang

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, Vektorimpfstoff

Journal of the European Academy of Dermatology and Venerealogy, Real-world evidence from over one million COVID-19 vaccinations is consistent with reactivation of the varicella-zoster virus

Paul-Ehrlich-Institut, Sicherheit von COVID-19-Impfstoffen

Paul-Ehrlich-Institut, Antrag auf bedingte Zulassung des COVID-19-Impfstoffs von AstraZeneca gestellt

Robert Koch-Institut, Aktuelle Informationen Mpox/Affenpocken

Robert Koch-Institut, FAQ Affenpocken

Robert Koch-Institut, FAQ Covid Impfstofftypen

Robert Koch-Institut, FAQ Impfen

Robert Koch-Institut, Mpox in Deutschland

Robert Koch-Institut, Wirkweise der Vektor Impfstoffe gegen COVID19

Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit, Empfehlung der ZKBS zur Risikobewertung des rekombinanten Adenovirus ChAdOx1 nCoV-19 gemäß § 5 Absatz 1 GenTSV

Disclaimer, 24.10.2024 11.15: Am 18. Oktober 2024 (externer Link) wurde der erste Fall mit der neuen Variante Klade Ib in Deutschland nachgewiesen. Diese Information haben wir im zweiten Absatz aktualisiert. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren bisher noch keine Fälle mit der neuen Variante Klade Ib in Deutschland nachgewiesen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!