Bild zeigt einen Neutronenstern in den Farben rot, gelb, orange.
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Pulsare: rotierende Neutronensterne im Universum.

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Das Rauschen im All: Neue Daten zu Gravitationswellen

Nach jahrzehntelanger Forschung veröffentlichen internationale Forschungsteams einen Durchbruch: Hinweise auf niederfrequente Gravitationswellen, deren Brummen das ganze Universum erfüllt. Gemessen wurden diese mit Hilfe von Pulsaren.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

2015 kam der bahnbrechende Nachweis von Gravitationswellen im Kosmos – ein Phänomen, welches schon ein Jahrhundert zuvor von Albert Einstein vorhergesagt wurde. Nun kommen weitere Funde von Forschenden aus Europa, Indien, Australien, Japan, USA und China zu einer neuen Art von Gravitationswellen, die mit bisherigen Methoden nicht erfasst werden konnten: Gravitationswellen sehr niedriger Frequenzen im Nanohertz - Bereich.

Hintergründe der Gravitationswellen: Schwingungen in der Raumzeit

Gravitationswellen sind Schwingungen, die durch beschleunigte Massen in der "Raumzeit" entstehen – wobei die Raumzeit unser Gefüge aus drei Raumdimensionen plus der Zeit als vierter Dimension beschreibt. Sie führen zu minimalen Stauchungen und Streckungen im Raumbereich. 2015 konnte durch den "Laser Interferometer Gravitational Wave Observatory" – Detektor (LIGO) erstmals die Existenz von Gravitationswellen nachgewiesen werden. Diese sind bei der Kollision von zwei Schwarzen Löchern entstanden.

Allerdings können nicht alle Arten von Gravitationswellen mit dieser Methode erfasst werden – langwelligere Gravitationswellen massenreicherer Objekte wie zum Beispiel supermassereicher Schwarzer Löcher werden damit nicht gemessen. Supermassereiche Schwarze Löcher, das sind jene ultrakompakten Gebilde, die sich im Zentrum von Galaxien befinden und Millionen bis Milliarden Sonnenmassen in sich versammeln. Für Gravitationswellen, die von solchen Objekten erzeugt werden, bräuchte man Detektoren, die wesentlich größer wären als unsere gesamte Erde. Deshalb müssen sich Forschende etwas anderes einfallen lassen, um jene niederfrequenten Gravitationswellen trotzdem aufzuspüren.

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Das Radioteleskop Effelsberg ist eines der Größten in Europa.

Wie man mit kosmischen Taktgebern ein kosmisches Brummen nachweist

Pulsare sind rotierende Neutronensterne, die Radiostrahlen aussenden, die im Millisekunden-Takt auf der Erde aufgefangen werden können. Im Zuge der Forschung des EPTA (kurz für "European Pulsar Timing Array") wurden die europaweit fünf größten Radioteleskope verwendet, um diese extrem regelmäßigen Signale mehrerer Pulsare über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu erfassen. Der Takt dieser Pulse ist genauso präzise wie eine Atomuhr - außer es kommt eine Gravitationswelle vorbei.

Genau darauf basiert die Methode der "Pulsar Timing Arrays": Indem Gravitationswellen die Raumzeit stauchen und dehnen, verändern sie minimal die Taktrate eines Pulsars. Für einen einzelnen Pulsar ist dieses Signal viel zu winzig, als dass es auf der Erde nachgewiesen werden könnte. Doch indem die Forscher mehrere Pulsare über einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachteten, konnten sie sehen, dass sich langsam ein charakteristisches Muster herauskristallisiert: Nach fünfundzwanzig Jahren Erforschung dieser gesammelten, winzigen Abweichungen kommen die internationalen Wissenschaftlerteams zum Schluss, dass die Gravitationswellen ein kontinuierliches unhörbares "Brummen" oder "Rauschen" im Weltall verursachen: sozusagen ein Gravitationswellenhintergrund, der unser ganzes Universum erfüllt.

Woher genau dieses kosmische "Brummen" kommt, können die Forschenden nicht sagen: Als wahrscheinlichster Kandidat gelten supermassereiche Schwarze Löcher, die sich umkreisen. Zwar kommen prinzipiell auch exotischere Möglichkeiten in Betracht, doch zunächst gilt es, die jetzt gefundenen, so vielversprechenden Hinweise wirklich zur Entdeckung zu machen ...

Wohin geht es für die Gravitationswellenforschung?

Denn: Noch sind die Forschenden vorsichtig, ihre Ergebnisse als wirklich echte Entdeckung zu verkünden. Der Goldstandard in der Physik verlangt für die sichere Detektion eines neuen Phänomens, dass dieses nur einmal in einer Million Messungen zufällig auftritt – und diesen Goldstandard haben die Pulsar Timing Arrays noch nicht erreicht. Und deshalb werden die Forscherteams ihren Pulsaren noch eine Weile "zuhören" müssen, bevor sie ganz sicher verkünden können, das kosmische Hintergrundbrummen ganz sicher entdeckt zu haben.

Prof. Lesch moderiert durch die Sendung.
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Professor Harald Lesch erklärt in alpha-centauri die Gravitationswellen

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