Klimaschutz Fridays for Future Demonstration
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Jeden Freitag demonstrieren die Fridays for Future für eine andere Klimapolitik.

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Die Forderungen von "Fridays for Future" auf dem Prüfstand

Die Forderungen von "Fridays for Future" auf dem Prüfstand

Die Aktivisten haben in dieser Woche einen Katalog mit Forderungen an die Stadt München vorgestellt. Darin werden zahlreiche Maßnahmen zum Klimaschutz gefordert. Wir überprüfen die Behauptungen und Forderungen. Ein #Faktenfuchs.

Am Dienstag hat die Klima-Bewegung "Fridays for Future" einen Katalog mit Maßnahmen vorgestellt und sich darin direkt an die Stadt München gewandt. In dem Papier, das online abrufbar ist, fordern sie, dass die Stadt München bis 2035 klimaneutral werden soll. Oder anders gesagt: Dass die Münchner bis 2035 keine zusätzlichen Treibhausgase mehr in die Atmosphäre abgeben. Entweder indem sie keine mehr produzieren oder indem sie diese kompensieren. Die Aktivistengruppe bezeichnet ihre Forderung in dem Papier selbst als "ambitioniert". Sie weist aber darauf hin, dass die "Scientists for Future" - Wissenschaftler, die der Bewegung nahe stehen - die beschriebenen Ziele und Maßnahmen für umsetzbar hält.

Wir haben uns das Papier, das insgesamt 31 Forderungen in fünf Themenbereichen enthält, genau angeschaut. Die wichtigsten Behauptungen und Forderungen haben wir auf ihre Plausibilität geprüft.

Die wichtigsten Behauptungen im Überblick

Die Klimakrise stellt die größte Bedrohung für Menschheit und Ökosysteme im 21. Jahrhundert dar

Diese Behauptung wird von Experten geteilt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt Luftverschmutzung und Klimawandel die größte Bedrohung für die Menschheit, gefolgt von Krankheiten beziehungsweise mangelnden Behandlungsmöglichkeiten.

Deutschland […] hat einen der höchsten Pro-Kopf-Ausstöße an Treibhausgasen

Diese Behauptung stimmt sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene. Deutschland liegt bei den Treibhausgasemissionen mit mehr als zehn Tonnen pro Kopf jeweils über dem Durchschnitt. Das geht aus Daten der Vereinten Nationen beziehungsweise der Europäischen Union hervor.

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Deutschland liegt bei den Emissionen pro Kopf deutlich über dem EU-Durchschnitt.

Fridays for future-Demo in München (24. Mai 2019)
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Klimaschutz-Demonstranten in München

Der Straßenverkehr verursacht mehr als 20 Prozent der Münchner CO₂-Emissionen und stößt bereits heute an die Grenzen seiner Kapazität

Diese Aussagen stimmen zum Teil. Richtig ist: In München ist der Straßenverkehr für 23 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen verantwortlich. Das geht aus dem städtischen CO₂-Monitoring hervor. Die aktuellsten Zahlen sind von 2014. Pro Person heißt das: 0,92 Tonnen CO₂ stößt jeder Münchner und jede Münchnerin im Jahr allein dadurch aus, dass er oder sie Auto fährt. Zum Vergleich: Das ist mehr als eine Person in Gambia im selben Jahr insgesamt an CO₂-Emissionen produziert hat.

Ob der Verkehr in München "an die Grenzen seiner Kapazität" gelangt, ist nicht eindeutig zu beantworten - auch weil das letztlich ein subjektives Empfinden ist. Was sich sicher sagen lässt: In München stehen die Menschen rund 140 Stunden pro Jahr im Stau. Nur in Berlin stehen die Deutschen noch länger im Stau. International jedoch stecken die Menschen manchmal fast doppelt so lange im Verkehr fest.

Die wichtigsten Forderungen auf dem Prüfstand

Autofreie Zone innerhalb des Altstadtringes ab sofort und innerhalb des Mittleren Rings bis spätestens 2025

Die "Fridays for Future" wollen die Münchner Innenstadt in zwei Schritten autofrei machen. Der Pkw-Individualverkehr - also der nicht-öffentliche Verkehr mit Autos - soll innerhalb des Altstadtrings ab sofort verboten werden; ab spätestens 2025 dann im gesamten Innenbereich des mittleren Rings. Ausnahmen soll es für Rettungsfahrzeuge, Fahrzeuge für Menschen mit Behinderungen und Senioren sowie Lieferwagen und Busse geben.

Die Forderung nach Fahrverboten bewertet Alexander Jung von der Agora Verkehrswende als nicht differenziert genug. Die Agora Verkehrswende ist ein Berliner Think Tank, der von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation finanziert wird. Jungs Einschätzung: "Zweifelsohne ist das Auto das ineffizienteste Verkehrsmittel – insbesondere in den Städten. Das bedeutet aber nicht, dass wir es dort vollständig verbieten müssen. Ich glaube, dass die Akzeptanz für verkehrspolitische Maßnahmen größer wäre, wenn das Auto weiterhin genutzt werden kann - aber nicht mehr als Privatfahrzeug, sondern in Form von Sharing- und Pooling-Angeboten.“

Eine viel zitierte Simulation des International Transport Forum (ITF) zeigt, welche Auswirkungen eine drastische Beschränkung des Individualverkehrs in Zukunft haben könnte. Das ITF ist eine zwischenstaatliche Organisation mit 65 Mitgliedsstaaten, die in die OECD angegliedert ist. In der Studie modellierten die Forscher, was passieren würde, wenn in Portugals Hauptstadt Lissabon alle Privatfahrzeuge durch geteilte Fahrzeuge ersetzt würden. Das Ergebnis: Es wurden nur ein Zehntel der Fahrzeuge benötigt, um dieselbe Anzahl an Menschen zu befördern. Staus verschwanden. Die CO₂-Emissionen fielen um ein Drittel.

Um die Suche nach Alternativen zu fördern, soll es schon jetzt stark gesteigerte Parkgebühren und eine City-Maut als Übergangslösung geben

"Fridays for Future" will, dass die Münchner verstärkt Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel wie U-Bahn, Bus oder Tram nutzen. Dafür wollen sie, dass die Stadt die Gebühren für das Kurzzeit-Parken in der Stadt sowie für das Anwohnerparken stark erhöht. Derzeit kostet eine Stunde parken einen Euro - in bestimmten Stadtteilen, sowie in der Nähe des Hauptbahnhofes sind es 2,50 Euro. Das geht aus der aktuellen Parkgebührenordnung der Stadt München hervor. Für Deutschland ist das recht viel; im Vergleich zu Städten wie London (5,60 Euro) oder Amsterdam (5 Euro) ist es wenig. Ein Anwohnerparkausweis kostet in München 30 Euro pro Jahr. Kritiker monieren, dass hier öffentlicher Raum verramscht werde – denn den Parkraum bereitzustellen und zu bewirtschaften, kostet Geld: In Berlin etwa 220 Euro pro Jahr.

Die Forderung nach höheren Gebühren finden deshalb auch Forscher sinnvoll. "Parken muss im öffentlichen Raum überall etwas kosten", sagt etwa Anne Klein-Hitpaß, Projektleiterin Städtische Mobilität, bei der Agora Verkehrswende. Im Moment sei es für viele Autofahrer noch eine "rationale Entscheidung" mit dem Auto in die Stadt zu fahren.

In München wurden die Gebühren für das Parken seit dem Jahr 2003 nicht mehr erhöht. Das teilt die Stadt auf Anfrage von BR24 mit. Allein in besonders belasteten Gebieten wurde vor Kurzem der Preis erhöht. Im selben Zeitraum sind die Kosten für eine Monatskarte im ÖPNV um 74 Prozent gestiegen.

Allerdings: Parkgebühren zu erhöhen ist für Gemeinden nicht überall ohne Weiteres möglich. (Mehr Infos zu den rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es hier.) Beim Kurzzeitparken in der Stadt geht das, beim Anwohnerparken hingegen deckelt eine Gebührenordnung des Bundes den Betrag auf 30,70 Euro jährlich. Insofern müsste sich die Forderung der "Fridays for Future" neben den Kommunen auch an den Bund richten.

Für weniger sinnvoll eracht Klein-Hitpaß die Forderung nach einer City-Maut - weil sie momentan kaum durchsetzbar wäre. "Das macht in Deutschland noch keine Kommune", sagt die Forscherin. "Ich befürchte, dass das die Diskussion verlängern und verlagern würde." Mittel- bis langfristig wäre dies aber eine sinnvolle Maßnahme. Bereits jetzt könnten die Städte und Kommunen aber ihren Handlungsspielraum beim Parkraummanagement ausnutzen, also bei der Verknappung und Bepreisung von Parkraum.

ÖPNV kostenlos ab 2025

Kostenlos mit U-Bahn, Bus und S-Bahn fahren: Das soll die Münchner dazu veranlassen, das Auto stehen zu lassen und vermehrt auf Bus und Bahn umzusteigen. Experten sehen diese Forderung kritisch.

Einerseits zeigen erste Versuche in Aschaffenburg, dass kostenloser Nahverkehr gut angenommen wird. Andererseits zeigt ein Experiment in Estland, dass sich das Verkehrsaufkommen durch kostenlosen ÖPNV nicht zwangsläufig reduziert. Autofahrer steigen nicht unbedingt auf den ÖPNV um, nur weil dieser kostenlos sei, so die Experten.

Mehrere befragte Forscher sagen deshalb: Es kommt darauf an, wie gut der öffentliche Nahverkehr funktioniert. Wenn plötzlich sehr viel mehr Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, dann muss das Angebot mithalten. Es müssen mehr Bahnen und Busse fahren, die mehr Menschen Platz bieten. Es darf nicht ständig zu Ausfällen und Verzögerungen kommen und die Anschluss-Sicherheit muss gegeben sein. All diese Maßnahmen kosten Geld. Ticketgebühren machen heute einen großen Teil der Gesamteinnahmen des ÖPNV aus. Laut einer Statistik des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, in dem die öffentlichen Verkehrsunternehmen in Deutschland organisiert sind, im Jahr 2016 mehr als 75 Prozent. Diese müssten andernfalls von der Allgemeinheit getragen werden.

Jürgen Gies vom Deutschen Institut für Urbanistik sieht die Idee, den öffentlichen Nahverkehr kostenlos zu machen, deshalb kritisch. Das Deutsche Institut für Urbanistik ist das größte kommunalwissenschaftliche Institut in Deutschland und wird als Gemeinschaftseinrichtung durch den Bund, das Land Berlin und mehr als 100 deutschen Städte, Regionalverbände und Planungsgemeinschaften getragen. Erfolgversprechender findet Gies eine Lösung, bei der die Preise "wettbewerbsfähig zu den wahrgenommenen Kosten des Autos sind". Mit anderen Worten: Es sollte sich nicht so anfühlen, als sei ein ÖPNV-Ticket noch immer teurer als Tanken. Eine solche Lösung könnte ein 365-Euro-Ticket sein, das auf Anregung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wohl im Herbst für Azubis und Studierende in ganz Bayern eingeführt wird. Städte wie Wien, die so ein Ticket schon haben, gelten hier als Vorbild. Dort sind die Abonnenten-Zahlen seit der Einführung stark gestiegen. Das lässt sich die Stadt einiges kosten: Sie hat allein im Jahr 2017 rund 500 Millionen Euro für Investitionen und Betriebskosten zugeschossen, teil ein Sprecher der Wiener Linien auf Anfrage mit.

Verhinderung von Kurzstreckenflügen durch massive Anhebung der Start- und Landegebühren

Die Forderung wird von verschiedenen Forschern unterstützt. In München machten Flüge im Jahr 2015 fünf Prozent des gesamten CO₂-Ausstoßes aus. Laut Umweltbundesamt ist Fliegen "die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen". Arne Fellermann, Experte für Flugverkehr vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, hält die Forderung der "Fridays for Future" deshalb für richtig: "Man sollte zunächst da vom Flugzeug wegkommen, wo es Alternativen gibt." Und das sei gerade bei innerdeutschen Flügen der Fall. Statt Kurzstreckenflüge direkt zu verbieten, wie es manche Aktivisten fordern, hält er es für sinnvoll, Anreize für den Umstieg auf andere Verkehrsmittel zu schaffen. Und das geht eben zum Beispiel über den Preis.

Allerdings hat die Stadt auf die Höhe der Start- und Landegebühren nur begrenzten Einfluss. Der Flughafen (an dem die Stadt beteiligt ist) darf die Gebühren zwar selbst festlegen – allerdings nur in einem gesetzlich festgelegten Rahmen. So muss jede Änderung der Gebühren von der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium genehmigt werden. "Der Münchner Stadtrat ist in diesem Fall nicht die richtige Instanz", erklärt daher Kathrin Stangl, Pressesprechein der Flughafen München GmbH. Eher sollten die Fridays for Future ihre Forderung an die bayerische Landesregierung richten.

Forderungen konzentrieren sich auf Verkehr. Aber was ist mit Strom?

Die "Fridays for Future"-Aktivisten geben dem Bereich Mobilität und Autoverkehr in ihren Forderungen besonders viel Raum. Dabei macht die Stromgewinnung einen Großteil der Treibhausgasemissionen aus - im Jahr 2014 etwa rund 34 Prozent.

Die Stadtwerke München planen bis 2025 den Strombedarf der Stadt komplett durch Ökostrom zu decken. Bei der Fernwärme - also der Wärmelieferung zur Versorgung von Gebäuden mit Raumwärme und Warmwasser - wollen sie bis 2040 keine zusätzlichen Treibhausgase in die Atmosphäre abgeben. Die "Fridays for Future" fordern, dass dieses Ziel schon 2035 erreicht wird.

Die Stadt München hat sich selbst ebenfalls das Ziel gesteckt, klimaneutral zu werden. Allerdings ist die Zielmarke hier 2050, nicht 2035, wie von "Fridays for Future" gefordert.

Fazit: Keine der von uns geprüften Behauptungen ist eindeutig falsch; einige sind interpretierbar. Bei den Forderungen gehen die Expertenmeinungen zum Teil auseinander (siehe kostenloser ÖPNV). In einigen Fällen kritisieren die Forscher nicht die Maßnahme an sich, zweifeln aber an der Umsetzbarkeit. Bei der Forderung, den Flugverkehr auf Kurzstrecken durch höhere Gebühren zu regulieren, wendet sich die Bewegung wohl an den falschen Ansprechpartner. Ähnlich ist es mit der Forderung nach höheren Parkgebühren: Hier müsste der Bund stärker in die Pflicht genommen werden. Die Forderungen im Bereich der Energieversorgung (Strom und Wärme) knüpfen an die Anstrengungen der Stadtwerke an. Die Bewegung fordert jedoch teilweise eine schnellere Umsetzung der Ziele.