40 Wochen dauert eine Schwangerschaft normalerweise. Wenn ein Baby vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, dann gilt es als Frühchen. Rund 64.500 von ihnen kommen laut Verein "Das frühgeborene Kind" jährlich deutschlandweit zur Welt - laut "Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V." sind das derzeit etwa acht Prozent der Entbindungen in Deutschland. Frühgeborene machen damit die größte Kinderpatientengruppe in Deutschland aus.
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Frühchen: Lebensfähig ab etwa der 22. Schwangerschaftswoche
Der Großteil der Frühgeborenen kommt "nur" wenige Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zu Welt. Trotzdem leiden diese "späten" Frühchen im Vergleich zu reif geborenen Kindern an Anpassungsproblemen und erhöhter Infektanfälligkeit. Aber im Vergleich zu sehr kleinen Frühgeborenen haben sie noch Glück. Denn je unreifer ein Kind bei seiner Geburt ist, desto geringer ist seine Überlebensfähigkeit und seine Chance auf ein gesundes Erwachsenenleben.
Ab welcher Schwangerschaftswoche ein Kind lebensfähig ist, wann nicht mehr, lässt sich nicht allgemein sagen. In der für werdende Eltern von entsprechenden Fachgesellschaften im August 2022 herausgegebenen Broschüre heißt es, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit von Babys mit 22 Schwangerschaftswochen selbst in den besten Perinatalzentren bei lediglich 50 Prozent liege. Von den dann Überlebenden wiesen 80 Prozent schwere Komplikationen auf.
Studien belegen Beeinträchtigungen von Frühchen im Erwachsenenalter
Mehrere Studien, darunter die sogenannte "Bayerische Entwicklungsstudie" (BEST), für die ein deutsches Forscherteam um Dieter Wolke, Entwicklungspsychologe an der University of Warwick, seit den 1980er-Jahren hunderte Familien mit Frühchen begleitet hat, belegen: Frühchen müssen sich nicht nur in ihren ersten Wochen ins Leben kämpfen. Die Folgen ihrer zu frühen Geburt begleiten sie häufig bis ins Erwachsenenalter. Dabei handelt es sich nicht immer nur um körperliche Beeinträchtigungen. Auch psychisch und sozial tun sich Frühgeborene oft schwerer als ihre zum errechneten Geburtstermin geborenen Altersgenossen. So lebten nach Wolkes Erkenntnissen Frühchen häufig zurückgezogener, würden in der Schule eher gemobbt und hätten niedrigere Schulabschlüsse. Generell gilt: Je früher ein Kind geboren wird, desto schwerwiegender sind die Folgen auch im Erwachsenenalter.
Frühgeborene: Fit fürs Leben durch Therapiebeginn im Mutterleib
Michael Schroth, Chefarzt an der Diakoneo Cnopfsche Kinderklinik in Nürnberg, beschreibt die Probleme von Frühgeborenen zum Zeitpunkt der Geburt und seine Aufgabe als Arzt in einem Interview gegenüber dem BR so: "Ein Frühgeborenes ist, was letztlich alle Organsysteme angeht, unreif. Da geht es nicht nur um die Lunge oder ums Herz. Es geht auch ums Gehirn, es geht um die Entwicklung, es geht um den Stoffwechsel. Und bei all diesen Körperfunktionen müssen wir helfen". Seiner Ansicht nach schafften sie das "mittlerweile ganz, ganz gut". Sie hätten "mittlerweile gute Ideen, wenn ein Frühgeborenes zur Welt kommt, über die Mama bereits im Mutterleib mit der Therapie zu beginnen", erklärt der Mediziner. Laut dem Neonatologen seien das "ganz, ganz große Vorteile".
Frühgeburtenrate in Deutschland hoch
Im internationalen Vergleich ist die Frühgeburtenrate in Deutschland mit etwa zehn Prozent der Neugeborenen hoch. Mögliche Ursachen für Frühgeburten sind: das steigende Alter der Mütter, Stress, Bluthochdruck und Fehlentwicklungen beim Kind. Auch Mehrlinge erhöhen das Risiko für eine Frühgeburt. Nicht immer kann die Ursache für eine Frühgeburt gefunden werden.
Der Welt-Frühgeborenen-Tag, der jedes Jahr am 17. November stattfindet, soll auf die Frühgeburt und ihre Folgen aufmerksam machen.
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