Glück führt zu einem höheren Wohlbefinden, einer besseren Gesundheit mit einem stärkeren Immunsystem und sogar zu mehr Kreativität. All das belegen Studien. Aber kann man "Glück" auch erlernen? Ja, sagt der Glücksforscher Tobias Rahm, Diplom-Psychologe an der TU Braunschweig.
- Zum Artikel: Mission Happiness: Kann man Glück lernen?
Auch Lehrkräfte sind davon überzeugt, dass "Glück" im Unterricht vermittelbar ist. Und auch das bayerische Kultusministerium hält "Glück" als Unterrichtsstoff für sinnvoll. Wie Zuversicht und Selbstvertrauen in der Schule vermittelt werden können und wie erfolgreich das ist, erklären neben dem Glücksforscher Rahm drei Lehrkräfte, die das Thema "Glück" in ihren Unterricht integriert haben.
Glücksunterricht - so läuft er ab
Glück unterrichten - wie soll das gehen? Judith Heigermoser und Nadine Simml wissen, wie das funktionieren kann. Sie haben eine Fortbildung zu Glückslehrerinnen gemacht - nach dem Konzept des Pädagogen Fritz Schubert, der das Pilotprojekt "Glück als Schulfach" entwickelt hat. Seither unterrichten sie unter anderem im Ethikunterricht ihre Schülerinnen und Schüler einer Realschule in Miesbach auch in Sachen "Glück".
Die beiden Lehrerinnen haben dafür zum Beispiel ein Glücksglas aufgestellt, in dem sie die glücklichen Momente der Schülerinnen und Schüler einsammeln. In schweren Zeiten soll das Glas ihnen helfen, sich an die schönen Augenblicke zu erinnern und besser mit schwierigen Situationen klarzukommen. Auch Themen wie Stress besprechen die beiden jungen Lehrerinnen in ihrem Glücksunterricht schon mal in der Deutschstunde, machen dort Achtsamkeits-, Yoga- und Meditationsübungen.
Glücksunterricht: Unterschiedliche Reaktionen bei den Schülern
Konrad Brunner, Schulleiter an der Wilhelm-Busch-Realschule in München, hat mit dem Glücksunterricht allerdings nicht nur gute Erfahrungen gemacht. "Das mit dem Glücksunterricht, das war jetzt auch nicht jedermanns Sache bei den Schülerinnen und Schülern", sagt er im BR-Interview. Es habe zwar vielen gefallen, aber viele konnten damit auch nichts anfangen. So gab es laut Brunner immer wieder Diskussionen darüber, dass der Glücksunterricht im Ethikunterricht stattfand. Das hätten nicht alle befürwortet, sagt der Schulleiter. Anstatt den Glücksunterricht aber gleich ganz abzuschaffen, gibt es ihn an der Münchner Wilhelm-Busch-Realschule nun als Wahlfach. Er ist damit für diejenigen, die wirklich daran teilnehmen wollen.
Aspekte des Glücks- bzw. Achtsamkeitsunterrichts dürfen aber laut Brunner auch in den regulären Unterrichtsstunden nicht fehlen. Selbst ein Mathelehrer müsse versuchen, wenn er den Kindern die binomischen Formeln beibringe, im Unterricht mitzubedenken: "Wie kann ich dadurch die Ich-Werdung, die Persönlichkeitswerdung meiner Schüler fördern?" Das sei oberstes Ziel in jedem Unterricht, meint Brunner.
Glück als Lernstoff - das sagt ein Glücksforscher dazu
Aber was bringt der Glücksunterricht? Welchen Nutzen haben die Schülerinnen und Schüler von diesem Schulstoff? Um das herauszufinden, hat der Glücksforscher Tobias Rahm Grundschülern, die zuvor an einem Glücksunterricht teilgenommen hatten, einen "gut normierten Fragebogen zur 'Quality of life'" vorgelegt, also zur Lebensqualität. "Da haben wir sehr wenig bis fast keine signifikanten Ergebnisse gefunden", resümiert Rahm bedauernd.
Erkenntnisreicher waren hingegen Interviews, die Rahm und sein Team mit den Kindern geführt haben. "Also ein Kind berichtet dann sowas wie: 'Ja, weil wir das mit den drei guten Dingen gemacht haben, das mache ich jetzt manchmal abends auch, wenn ich Sorgen habe. Dann sage ich mir die vor und dann kann ich besser einschlafen'", erzählt Rahm. Ein anderes Kind habe festgestellt, dass die Mitschüler seit dem Glücksunterricht freundlicher miteinander umgingen als zuvor. Von "tollen Gesprächen über Gefühle" mit der Mutter seither berichtet laut Rahm ein weiteres Kind.
Der Wissenschaftler ist überzeugt davon, dass ein Glücksunterricht wichtig ist, obwohl es schwierig sei, den Erfolg eines solchen Lerninhalts in Statistiken darzustellen. "Wir wissen, dass wir bestimmte Fähigkeiten gezielt trainieren können. Wir können gezielt trainieren, wie wir aus uns herunterziehenden Gedanken aufbauende Gedanken machen können", betont Rahm. Das sei etwas, was für das Wohlbefinden förderlich sei, aber das könne nicht "nebenbei" beigebracht werden, erläutert er. Es wäre daher laut dem Glücksforscher "ganz toll", wenn jede Lehrkraft auch Glücksexperte wäre, um den Schülerinnen und Schülern vermitteln zu können, wo deren "Glücksquellen" sind - eine Fähigkeit, die sie dazu bringen könnte, "ein glücklich gelingendes Leben zu führen", so der Diplom-Psychologe.
Warum Glück in der Schule sinnvoll ist - Einschätzung des Kultusministeriums
Auch das bayerische Kultusministerium sieht "Glück" als Schulstoff nicht kritisch, sondern betont in einer Stellungnahme gegenüber dem BR, dass die darin vermittelten "vielfältigen Fähigkeiten und Lebenshaltungen" dem ganzheitlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag entsprächen, "der im Artikel 131 der Verfassung des Freistaates Bayern allen Schulen gegeben ist". Demzufolge hätten die Schulen nicht nur Wissen und Können zu vermitteln, sondern auch Herz und Charakter zu bilden, schreibt das Ministerium.
Soziales Lernen, Werteerziehung, die Vermittlung von grundlegenden Kompetenzen in den Bereichen Alltagskompetenz und Lebensökonomie stehen bereits heute auf dem sogenannten LehrplanPlus (externer Link) und sind damit Lerninhalte an bayerischen Schulen. Ein eigenes Schulfach "Glück" gibt es hingegen in Bayern noch nicht.
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