Eine Frau sitzt auf einer Parkbank und trinkt aus einer Wasserflasche.
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Regelmäßiges Trinken hilft dem Körper, überschüssige Wärme loszuwerden.

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Klima und Gesundheit: "Wir machen uns selbst die Bude heiß"

Nicht nur in Südeuropa, auch in Deutschland klettert das Thermometer häufiger und länger weit über 30 Grad. Das kann tödlich sein, warnen die Experten. Doch was passiert im Körper bei Überhitzung? Und was hat der Klimawandel damit zu tun?

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Hitze gehört zum Sommergefühl dazu wie Eis essen und baden gehen – man möchte sie nicht missen. Doch Hitze kann zum ernsten Risikofaktor für die Gesundheit werden, warnen die Experten. Eine Übertreibung? "Nein", sagt Claudia Traidl-Hoffmann, Umweltmedizinerin an der Universität Augsburg. "Wir haben eine kranke und alternde Bevölkerung, es gibt viele Menschen, die durch Corona lungengeschädigt sind, und gerade diese Menschen müssen sich wirklich wappnen."

Hitzewellen werden in Zukunft häufiger

Einzelne heiße Tage seien nicht das Problem, da sind sich Gesundheitsexperten und Klimaforscher einig. Richtige Sorgen bereiten lange Hitzeperioden, und die werden immer häufiger. "In Zukunft wird die durchschnittliche Zahl der Hitzewellen pro Jahr von drei auf fünf ansteigen und sie werden länger andauern", erklärt Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung in Freiburg. "Momentan dauern Hitzewellen circa fünf Tage an, das wird sich aber bis zum Ende des Jahrhunderts auf durchschnittlich über acht Tage erhöhen."

Warum Hitze so anstrengend für den Körper ist

Unser Körper hat eine Kerntemperatur von 37 Grad. Bei dieser Temperatur funktioniert unser Hirn auch am besten. "Diese Kerntemperatur gilt es in Schach zu halten", sagt Claudia Traidl-Hoffmann. "Das ist die vornehmste Aufgabe unseres Körpers."

Sobald der Körper diese Kerntemperatur verlässt, versucht er, die Wärme loszuwerden. Zunächst kurbelt er die Durchblutung der Haut an (s. Grafik). Deswegen bekommen wir schnell einen roten Kopf, wenn uns heiß ist, über den Kopf geben wir besonders viel Wärme ab.

Mit der stärkeren Durchblutung steigt auch der Bluthochdruck. Für Menschen mit Herzproblemen kann das gefährlich sein. Hält die Hitze an, fangen wir an zu schwitzen. Dadurch verliert der Körper Flüssigkeit. Menschen mit einer Nierenerkrankung können schnell dehydrieren. Aber auch gesunde Menschen reagieren auf anhaltende Hitze und Flüssigkeitsmangel mit Kreislaufbeschwerden, Schwindel und Kopfschmerzen.

Bildrechte: Quelle: NIOSH, National Institute for Occupational Safety and Health, USA | Grafik: BR
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Der Körper gibt Wärme über die Haut ab, deswegen wird sie stärker durchblutet, wenn uns heiß ist.

Tödlich: Wenn die Körpertemperatur auf 42 Grad steigt

Steigt die Hitze weiter an, bekommen wir Fieber. Bei 42 Grad Körpertemperatur kollabiert das System. "Das ist wie bei einem Frühstücksei", erklärt Claudia Traidl-Hoffmann. "Wenn Sie es kochen, dann wird das Eiweiß weiß, es stockt, und das geht nicht mehr zurück." Genau das passiere auch in unserem Körper, erklärt die Umweltmedizinerin: "Das Eiweiß denaturiert." Dann funktioniert die Blutgerinnung nicht mehr. In diesem Fall verbluten Patienten innerlich und es kommt zum Multiorganversagen.

Auch gesunde Menschen müssen sich schützen

Vier Stunden bei praller Sonne ohne Kopfschutz – da kann der Hitzschlag auch junge, gesunde Menschen treffen. Umso wichtiger sei es, sich zu schützen, regelmäßig zu trinken, pro Stunde ein Glas Wasser, rät die Umweltmedizinerin. Alte, kranke Menschen sollten bei einer Hitzewelle die Zimmer abdunkeln und dafür sorgen, dass der Kühlschrank voll ist, damit sie gar nicht erst das Haus verlassen müssen.

Feuchtkugeltemperatur: Wenn Schwitzen nicht mehr hilft

Doch nicht nur hohe Temperaturen machen dem Körper zu schaffen, sondern auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Feuchtigkeit. Bei einer feuchten Hitze führt Schwitzen nicht mehr zur Abkühlung des Körpers, der sogenannte Verdunstungseffekt funktioniert nicht mehr. Forscher haben eine bestimmte Messmethode entwickelt, um die sogenannte "Feuchtkugeltemperatur" zu bestimmen, das heißt, das Verhältnis von Feuchtigkeitsgehalt und Temperatur in der Luft.

Steigt die Feuchtkugeltemperatur auf 35 Grad ist die Überlebensgrenze für den Menschen erreicht. "Das würde sogar für einen gesunden Menschen, der im Schatten sitzt und ausreichend Wasser zur Verfügung hat, tödlich sein", erklärt Veronika Huber, Klimafolgen-Forscherin an der Ludwig-Maximilians-Universität.

Extremszenarien in Asien heute schon Realität

"35 Grad Feuchtkugeltemperatur galt in den Anfängen der Klimaforschung als Extremszenario", sagt Veronika Huber. Heute lägen Studien vor, die beweisen, dass bestimmte Regionen in Asien, wie beispielsweise Indien, Pakistan oder Afghanistan, schon jetzt immer wieder in diesen Bereich rutschen. Die Folgen für die Bevölkerung sind dramatisch.

Hitzewelle: Der Mensch ist nur bedingt anpassungsfähig

Physiologisch gesehen würden Menschen aus dem Süden Hitze zwar besser vertragen als Nordlichter. Eine dauerhafte Außentemperatur von 35 oder 40 Grad könnten jedoch weder Menschen noch Tiere oder Pflanzen überleben, betont Claudia Traidl-Hoffmann. Dass die Hitzesommer mit dem menschengemachten Klimawandel zusammenhängen, betrachtet sie als mehrfach erwiesene Tatsache: "Wir machen uns unsere Bude einfach selbst heiß", fasst die Umweltmedizinerin zusammen. Umso wichtiger sei es, den Klimawandel einzudämmen "damit wir auch noch die Möglichkeit haben, uns anzupassen."

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