Shijian Hu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine KollegInnen veröffentlichten am 5. Februar 2020 eine Studie im Fachmagazin Science Advances mit Daten, die zeigen, dass sich Meeresströmungen heutzutage schneller bewegen als noch vor 30 Jahren. Klimamodelle haben bislang in der Regel eine gegenteiligen Entwicklung vorausgesehen.
Die Weltmeere sind ständig in Bewegung
Die Weltmeere sind aus vielerlei Gründen in Bewegung: Aufgrund der Erdrotation, wegen der Gezeiten und auch weil sich das Wasser in Temperatur und Salzgehalt unterscheidet. Beispielsweise ist kaltes, salziges Wasser mit höherer Dichte schwer und sinkt nach unten ab. So ergeben sich vertikale Bewegungen. Besonders auch Winde und der Jetstream peitschen das Meerwasser voran, das sich global gesehen immer mehr erwärmt.
Es gibt Zirkulationsströme zwischen den Ozeanen
Die Ozeane sind miteinander verbunden und bilden eine Art globales Förderband aus. Zirkulationsströme gibt es sowohl an der Oberfläche als auch in der Tiefe. Die Wissenschaftler werteten Beobachtungsdaten eines globalen Bojen-Messnetzes aus, das seit 1959 Daten zu Meeresströmungen von der Oberfläche bis in etwa 2.000 Meter Tiefe liefert. Außerdem nutzten sie weitere Messreihen in den Weltmeeren und verschiedene Simulationen, um die Energie der Ozeane zu ermitteln.
Die Meeresströmungen haben sich beschleunigt
Bis 1990 gab es kaum einheitliche Trends bei den Meeresströmungen, so ein Ergebnis der Auswertungen. Seither ist eine Beschleunigung der Strömungen klar aus den Daten herauszulesen. Sogar noch in 2.000 Meter Tiefe setzt sich dieser Effekt fort. Die Energie der Wasserströme ist, laut Studie, im Zeitraum zwischen 1990 bis 2013 messbar angestiegen.
"In der Zeit ab 1990 nahm die kinetische Energie der Ozeane um rund 137 Billiarden Joule pro Dekade zu - das entspricht einer Zunahme von 15 Prozent gegenüber dem klimatologischen Mittel." Shijian Hu, Institut für Ozeanologie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften
Winde haben großen Einfluss auf die Meeresströmung
Das bedeutet, dass die bisherigen Szenarien, die davon ausgegangen sind, dass es durch die Klimaerwärmung zu abgeschwächten Meeresströmungen kommen werde, offenbar nicht oder nur teilweise zutreffen. Außerdem scheinen Wassertemperatur und Salzgehalt den globalen Trend nicht entscheidend zu prägen. Stattdessen hat der Wind größeren Einfluss als bisher gedacht. Er treibt das Wasser vor sich her und fördert auch die vertikalen Umwälzbewegungen in den Weltmeeren.
"Intensive Beobachtungen der tiefen Ozeanzirkulation sind daher dringend notwendig, um vergangene Bedingungen zu verstehen, aber auch die Unsicherheiten in den Projektionen der künftigen Zirkulation zu verringern." Shijian Hu, Institut für Ozeanologie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften
Der mögliche Einfluss natürlicher Schwankungen wie El Nino
Die Forscher stellten sich die Frage, ob es sich um eine vorübergehende Erscheinung handeln könnte. Beispielsweise um eine natürliche Schwankung, wie sie durch das Klimaphänomen El Nino hervorgerufen wird. Auch El Nino kann das Strömungsverhalten der Meere beeinflussen, aber offenbar nicht in dem Ausmaß, wie sie es jetzt in der Studie festgestellt haben.
"Dieser Trend ist in den letzten beiden Jahrzehnten weit stärker als die natürliche Variabilität. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass der erhöhte Energieeintrag durch den Wind dazu beigetragen hat, die globale Ozeanzirkulation zu beschleunigen." Shijian Hu, Institut für Ozeanologie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften
Beschleunigte Meeresströmung als globaler Trend mit Ausnahmen
Die Studie spricht von einem globalen Trend, der eine Beschleunigung der Meeresströmungen aufzeigt. Das heißt nicht, dass im Einzelfall nicht auch abweichende Phänomene auftreten könnten. Der Golfstrom beispielsweise könnte sich aufgrund der Klimaerwärmung abschwächen, weil die arktische Schmelze ihren Antrieb verlangsamt und das Salzwasser im Nordatlantik sinkt. Dagegen verzeichnen Strömungen im Pazifik einen starken Aufschwung. Sicherlich sind nun noch viele Einzelstudien notwendig, um die Ozeanzirkulation im Detail zu verstehen.