Gerade vor den anstehenden Feiertagen wollen viele Menschen mit Erkältungssymptomen wissen, mit welchem Virus sie sich angesteckt haben. Für Corona-, Influenza- und RS-Viren gibt es sogenannte Mehrfach- oder Kombitests, die Infektionen mit diesen Viren erkennen. Das versprechen zumindest die Hersteller. Doch funktionieren diese Tests tatsächlich? Kann man sich auf ein negatives Testergebnis verlassen? Ist man dann auch wirklich nicht ansteckend, wenn man mit seinen Liebsten gemeinsam die Festtage verbringen will? Antworten auf wichtige Fragen zu den Mehrfachtests.
Wie funktionieren die Mehrfachtests?
Im Unterschied zu PCR-Tests, die das Erbmaterial eines Virus nachweisen, suchen Schnelltests wie die Mehrfachtests im Nasen- oder Rachenabstrich nach Rückständen von für die Viren typischen Proteine. Enthält der Abstrich genügend Rückstände der Virusproteine, binden sie sich an die auf den Teststreifen befindlichen Antikörper und es wird ein positives Testergebnis angezeigt.
Im Fall der Mehrfach-, Kombi- oder auch Vierfachtests sollen sich mit nur einem Abstrich Coronaviren, Viren von Influenza A und Influenza B sowie Respiratorische Synzytial-Viren (RSV) auf einmal nachweisen lassen.
Wie zuverlässig zeigen die Tests Infektionen an?
An sich sollten die Mehrfachtests, die mit dem Prüfzeichen CE und vier Ziffern versehen sind, alle vier Infektionen mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen. Generell gilt aber: Selbsttests sind fehleranfälliger als PCR-Tests.
Was bedeutet ein negatives Testergebnis?
Mit einem negativen Testergebnis sollte man sich nicht in Sicherheit wiegen, denn ein negativer Test kann verschiedene Ursachen haben. Der Test kann einerseits aufgrund der Fehlerquote solcher Tests falsch-negativ, aber auch falsch-positiv sein.
Außerdem kann eine fehlerhafte Durchführung zu einem falschen Testergebnis führen. Fehlerquellen sind unter anderem: ein fehlerhafter Abstrich, zum Beispiel, wenn der Wattestab nicht tief genug in Rachen oder Nase eingeführt oder nicht ausreichend Sekret erwischt wurde. Der Test kann auch fälschlicherweise negativ sein, wenn die Konzentration von Virusproteinen beim Abstrich nicht hoch genug ist. Viele Tests schlagen auch zu Beginn der Symptome noch nicht an.
Zu beachten ist auch: Nicht jede Erkrankung mit Erkältungssymptomen wird von den Mehrfachtests erfasst. Wer Erkältungssymptome hat, kann also trotz eines negativen Testergebnisses ansteckend sein.
Wie aussagekräftig sind die Tests?
Mehrfachtests können, wie die anderen Schnelltests auch, Infektionsketten durchbrechen. Und zwar insbesondere dann, wenn sie symptomlose Krankheitsverläufe aufdecken. Dafür müssen sie aber verlässlich sein. Die meisten Experten stehen den Mehrfachtests allerdings kritisch gegenüber.
Die Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München sieht unter anderem technische Gründe, warum die Mehrfachtests wenig sinnvoll sind. "Die Schnelltests sind darauf ausgelegt, dass Zellen kaputtgehen und Virusproteine freigesetzt werden. Da ist kein Verstärkungsmechanismus mehr dabei. Das heißt: Man braucht eine sehr hohe Viruslast, damit ein solcher Schnelltest ansprechen kann. Die hat man oft gerade zu Beginn einer Infektion nicht. Das ist für Corona noch nicht so relevant, weil das Virus sehr hohe Titer bildet. Aber für Influenza, für RSV, für andere Viren ist das eine durchaus relevante Einschränkung."
Das heißt: Der Mehrfachtest für RSV und für Influenza würde erst positiv, wenn es sowieso schon zu spät ist. Wenn sich die oder der Erkrankte aber schon auf dem Weg der Besserung befindet und vielleicht gar nicht mehr ansteckend ist, würde er noch lange ein positives Ergebnis anzeigen.
Ein weiterer Faktor macht die Mehrfachtests für Protzer unsicherer als die altbekannten Covid-Selbsttests: "Gerade für die anderen Atemwegserreger reicht das nicht, einfach nur bisschen vorne in der Nasenmuschel oder im Rachen abzustreichen, sondern da muss man schon relativ weit in den Nasen-Rachenraum gehen, um einen guten, sensitiven Abstrich zu bekommen. Und das kann zu Hause einfach nicht jeder."
Können auch mehrere Infektionen gleichzeitig angezeigt werden?
Mehrfachtests können Infektionen mit mehreren Viren anzeigen. Diese Mehrfachinfektionen sind aber sehr selten. Laut Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie liegt das daran, dass eine Virusinfektion eine andere hemmen kann, "da das Immunsystem des infizierten Körpers bereits alarmiert ist oder die Viren um Wirtszellen 'konkurrieren'" – so das Institut auf seiner Internetseite.
Was sollte man bei einem positiven Testergebnis machen?
Bei einem positiven Testergebnis sollte man engen Kontakt mit anderen Menschen meiden und bei Krankheitszeichen gegebenenfalls zu einer Ärztin oder einem Arzt gehen.
Wo sind die Tests erhältlich?
Die Mehrfachtests sind frei verkäuflich und in zahlreichen Onlineshops erhältlich. Die Lieferzeit beträgt laut dortigen Angaben etwa einen bis drei Tage. Wer hingegen in einer Apotheke einen dieser Tests kaufen will, muss schon sehr hartnäckig sein. Keine der vom BR angefragten Apotheken hat die Tests im Sortiment. Eine Bestellung sei zwar möglich, sagt Peter Sandmann, Sprecher der Münchner Apotheken, über die Möglichkeiten in seinen drei Filialen. Er würde aber von einem Kauf der Tests abraten und stattdessen den Gang zum Arzt empfehlen. "Nach einem Gespräch mit mir würde der Kunde den Test auch nicht mehr wollen", bekräftigt der Apotheker. Auch in den meisten Drogeriemarkt-Filialen in Bayern sind die Kombitests nicht verfügbar.
Fazit: Wer ein negatives Testergebnis hat, sollte trotzdem vorsichtig sein. Im Zweifel gilt: Bei Erkältungssymptomen und negativem Testergebnis insbesondere immungeschwächte Personen lieber nicht besuchen. Außerdem: die sogenannten AHA-Regeln einhalten, das heißt: Abstand – Hygiene – Alltagsmaske. Sie gelten immer noch, nicht nur für Corona-Infektionen, sondern für alle respiratorischen Erkrankungen.
Im Video: Was taugen Mehrfachtest?
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