Darauf hat der Tiergarten Nürnberg lange warten müssen: Am 14. Oktober 2023 ist Harpyie "Amaya" in der Aufzuchtstation des Tiergartens geschlüpft. Das Jungtier entwickelt sich in der Obhut von Mutter "Evita" derzeit prächtig. Fast 22 Jahre hat es gedauert, bis der Tiergarten wieder einen Zuchterfolg bei diesen besonderen Greifvögeln vermelden konnte. Harpyien gelten als die stärksten Greifvögel der Welt.
Ratte und Kaninchen zu Mittag
Fütterungszeit: Die Auswahl kann sich sehen lassen. Tierpflegerin Susann Müller entscheidet sich für eine weiße Ratte und ein aufgetautes Kaninchen mit Fell am Stück. Harpyien zerkleinern sich ihre "Beute" gern selbst. Im Kühlschrank zurück bleiben eine Beinscheibe und ein totes Huhn. Die Woche ist noch lang und die heranwachsende Harpyie wird von Tag zu Tag größer.
Die junge Harpyie ist für Tiergartenbesucher derzeit nicht zu sehen, das wäre zu stressig für das Jungtier. Amaya ist dem Zuchtprogramm des Nürnberger Tiergartens entwachsen und befindet sich in einem für Besucherinnen und Besucher abgesperrten Bereich. Die ersten drei Monate hat Amaya ohne Probleme geschafft. Ein absoluter Glücksfall.
Harpyien: Komplizierte Aufzucht
Harpyien-Aufzucht, berichtet Tierpflegerin Susann Müller, sei nämlich alles andere als einfach. Allein die Temperaturen hier in Deutschland seien viel niedriger als im Herkunftsgebiet der Vögel, in Südamerika. So habe man sämtliche Heizmöglichkeiten verwendet, um vor allem die Brutzeit gut zu überstehen.
Die erste Harpyie nach fast 22 Jahren sei ein großer Erfolg für den Nürnberger Tiergarten, so Müller. Die wohl stärksten Greifvögel der Welt sind vom Aussterben bedroht. In europäischen Zoos sind sie nur selten zu finden. "Momentan gibt es zehn Harpyien in Europa, acht davon in Deutschland, sechs in unserer Obhut", berichtet Tierpflegerin Susann Müller stolz.
Harpyien haben Fänge wie ein Bär
Harpyien sind beeindruckende Greifvögel. Mit einer Flügelspannweite von bis zu zwei Metern und Fängen wie bei einem Grizzly-Bären sind sie furchtlose Jäger. In freier Natur, zum Beispiel in den tropischen Wäldern Südamerikas, jagen Harpyien lebende Affen oder Faultiere. Die Krallen sind ihre gefährlichsten Waffen. Die Weibchen bringen locker bis zu neun Kilogramm auf die Waage.
In der Voliere des Nürnberger Tiergarten bekommt jetzt der 31-jährige Domingo sein Fressen. Es gibt Ratten. Vorsichtig nähert sich das Männchen seiner bereits toten Beute. Dass er die Ratten nicht mehr jagen muss, störe den Greifvogel nicht, so Tierpflegerin Susann Müller. Er sei das gewohnt. Wenn allerdings mal Maulwürfe in der Voliere auftauchten, könne man die Harpyie durchaus auch auf der Jagd beobachten.
Harpyien sind Sensation im Tiergarten
Weil sie so selten sind, sind die Harpyien ein Publikumsmagnet im Tiergarten, sagt Verhaltensbiologe Lorenzo von Fersen. "Da kommen Leute aus Norwegen oder Holland, die stoppen nur wegen der Harpyie in Nürnberg", so seine Erfahrung. Jungvogel Amaya soll nicht lange alleine bleiben: Der Tiergarten Nürnberg startet ein Zuchtprogramm unter der Schirmherrschaft des europäischen Zooverbands "EAZA", um der vom Aussterben bedrohten Vogelart weiteren Nachwuchs zu bescheren.
Harpyien umgibt oft ein gewisser Hauch des Mystischen, nicht erst seit dem Phantasie-Zeichentrickfilm "Das letzte Einhorn" von 1982, in dem eine Harpyie in einem Kuriositätenzirkus lebt. Bereits in der griechischen Mythologie werden Harpyien als eine Mischung aus Frau und Greifvogel beschrieben. Selten führten sie Gutes im Schilde, heißt es. Im Nürnberger Tiergarten sind die Harpyien vor allem eins: beindruckende Greifvögel mit ordentlich Appetit.
Im Video: Im Tiergarten Nürnberg hat es Harpyien-Nachwuchs gegeben
Dieser Artikel ist erstmals am 17.01.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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