Ein Helfer scheucht einige Schwäne und Enten in ein Gehege bei einer Tierseuchenübung. In Zusammenarbeit mit weiteren Kreisen probt der Ennepe-Ruhr-Kreis, was bei einem Ausbruch der Vogelgrippe zu tun wäre.
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Infektionen mit Vogelgrippe-Viren bei Menschen sind in Deutschland bisher nicht bekannt. Vögel sind eher gefährdet - hier bei einer Übung.

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Vogelgrippe: Wieso sie zum Risiko für Menschen werden kann

Noch bewertet die WHO das Ansteckungsrisiko mit dem Vogelgrippevirus H5N1 für Menschen als gering, doch Virologen schlagen Alarm. Finnland bietet bereits Risikogruppen eine Impfung gegen das Virus an. Was Sie über die Vogelgrippe wissen sollten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Seit Wochen breitet sich das Vogelgrippe-Virus H5N1 unter US-Rindern aus. Fachleute sind besorgt, das Virus könnte sich auch unter Menschen ausbreiten. Christian Drosten, Chefvirologe an der Berliner Charité, und weitere Experten warnen bereits vor dem Ausbruch einer neuen Pandemie. Finnland bietet als erstes Land Personen mit engem Kontakt zu Tieren, etwa Beschäftigten in Pelz- und Geflügelfarmen sowie Mitarbeitern von Tiergesundheitsdiensten, seit 1. Juli eine Impfung mit dem auf EU-Ebene beschafften Impfstoff Sequirus an. Doch wie gefährlich ist das Virus für den Menschen wirklich?

Wie gefährlich ist das Vogelgrippe-Virus H5N1 für Menschen?

Die Weltgesundheitsorganisation bewertet das Risiko von H5N1 für Menschen noch als gering, da es keine Hinweise auf eine Übertragung zwischen Menschen gebe.

"Im Moment, das ist die gute Nachricht, geht es nicht von Mensch zu Mensch über und ist auch nicht aerosol übertragbar", sagt auch Gülsah Gabriel vom Leibniz-Institut für Virologie in Hamburg, dessen Forschungsschwerpunkt die Influenzaviren sind. Aber man wisse auch: Influenzaviren wie die Vogelgrippeviren "evolvieren", verändern sich also, ergänzt der Hamburger Virologe. "Da kann das Virus eben hinsichtlich Mensch-zu-Mensch-Übertragung mutieren und dann auch aerosol übertragbar werden."

Vogelgrippe-Virus: Wie weitere Experten die Lage einschätzen

Ähnlich äußerte sich schon Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, gegenüber dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". In dem Interview bemängelte er, dass man nicht wisse, wie häufig sich Menschen mit dem Virus infizierten, die mit den belasteten Kühen zu tun hätten. Zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung, die eine Mutation und damit eine Übertragbarkeit auf den Menschen wahrscheinlicher machen, empfahl er Quarantäne- und Hygienemaßnahmen auf den Rinderfarmen sowie eventuell eine Impfung der Rinder gegen das Virus.

Auch andere Experten wie Ian Brown, Vorsitzender des OFFLU-Netzwerks für Tiergrippe, und Isabella Eckerle, Virologin an der Universitätsklinik Genf, warnen vor einem zu sorglosen Umgang mit dem Virus. Der sorglose Umgang mit dem Virus wird auch in einem Fachartikel der Zeitschrift "Lancet" (externer Link) kritisiert.

Vogelgrippe: Schutzmaßnahmen des Friedrich-Löffler-Institut

Um eine Ausbreitung des Virus unter Nutztieren in Deutschland zu verhindern, führt das Friedrich-Löffler-Institut bereits bundesweite Stichprobenuntersuchungen von Milch und Kuhherden durch. Die Entwicklung sei für Menschen bisher aber kaum gefährlich, betont Gülsah Gabriel vom Leibniz-Institut für Virologie. Die in der Milch vorhandenen Viren würden durch die Pasteurisierung zerstört.

Was ist die Vogelgrippe?

Die Vogelgrippe steht umgangssprachlich für eine Infektionskrankheit, die durch sogenannte Influenza-A-Viren ausgelöst wird. Ihr sogenannter natürlicher Reservoirwirt ist der wilde Wasservogel. Die Erkrankung betrifft in erster Linie Vögel. In der medizinischen Fachsprache heißt sie deshalb Aviäre Influenza (AI, von lateinisch: avis, Vogel).

In seltenen Fällen können Influenza-A-Viren Erkrankungen bei Menschen auslösen und werden dann laut Robert Koch-Institut (RKI) (externer Link) auch als zoonotische Influenza oder Vogelgrippe bezeichnet. Laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) (externer Link) gibt es zwei Varianten, die bei den Vogelgrippe-Viren auftreten können: wenig krankmachende und stark krankmachende Varianten. Die hochpathogenen Virusvarianten sind die eigentlichen Erreger der Klassischen Geflügelpest.

Mit H und N werden die beiden wichtigsten Eiweiße auf der Hülle des Influenzavirus, Hämagglutinin und Neuraminidase, abgekürzt. Es existieren unterschiedliche Ausprägungen davon, die von H1 bis H16 in Kombination mit N1 bis N9 durchnummeriert sind.

Wie können sich Menschen mit der Vogelgrippe infizieren?

Notwendig für eine Infektion mit Vogelgrippe-Viren ist laut RKI ein enger Kontakt zu erkranktem oder verendetem Geflügel. Bisherige Erfahrungen mit dem Virustyp H5N1 hätten gezeigt, dass vor allem Menschen mit engem Kontakt zu infiziertem Nutzgeflügel gefährdet seien, schreibt das RKI auf seiner Internetseite. Insgesamt sei das Risiko jedoch auch dann als sehr gering einzuschätzen, so das RKI.

Wie hoch ist die Infektionsgefahr in Deutschland?

Das FLI habe bisher in Deutschland weder bei Hausgeflügel noch bei gehaltenen Vögeln H5-Ausbrüche festgestellt, schreibt das Institut auf seiner Internetseite.

Das RKI schreibt zur allgemeinen Infektionsgefahr für Menschen mit Vogelgrippe-Viren: "Vermutlich müssen Menschen sehr große Virusmengen aufnehmen, um sich zu infizieren. Selbst bei einer Erkrankung wurden Vogelinfluenzaviren bislang aber fast nie bzw. bei A(H7N9) lediglich in Einzelfällen auf andere Menschen übertragen, so dass es bisher noch nicht zu einer fortgesetzten Mensch-zu-Mensch-Übertragung gekommen ist".

Welche Vogelgrippe-Viren haben bisher Infektionen beim Menschen ausgelöst?

Bekannt sind bisher insbesondere Infektionen durch die Subtypen H5N1 und H7N9, die beim Menschen zu Erkrankungen geführt haben. Allerdings sind die Fälle bei Menschen in Asien, Afrika und im Nahen Osten aufgetreten. In Deutschland ist bisher laut RKI kein Fall von aviärer Influenza bei Menschen bekannt geworden.

Welche Symptome treten bei Vogelgrippe auf?

Beim Menschen bekannte, durch eine Infektion mit Vogelgrippe-Viren auftretende Symptome sind: Fieber, Husten, Kurzatmigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall. Im weiteren Verlauf der Infektion entwickelt sich oft eine Lungenentzündung, die zu Lungenversagen und schließlich zum Tod führen kann.

Gibt es Impfstoffe gegen Vogelgrippe-Viren?

Impfstoffe gegen Vogelgrippe-Viren, insbesondere gegen den Virustyp H5N1 gibt es. Sie werden aber von der WHO (externer Link) wegen der wenigen Infektionsfälle nicht empfohlen.

Schutz vor Vogelgrippeviren - wie sollte man sich verhalten?

Das RKI empfiehlt, keine verendeten (Wild-) Vögel bzw. (Wild-)Tiere anzufassen. Wer verendete Tiere aus beruflichen Gründen anfassen muss, sollte adäquate Schutzmaßnahmen treffen wie zum Beispiel Schutzkleidung tragen.

Vogelgrippe in Zahlen

Seit 2003 wurden laut WHO (externer Link) weltweit über 2.600 humane Erkrankungen und 1.100 Todesfälle mit aviärer Influenza nachgewiesen. Die mit Abstand meisten Fälle werden im asiatisch-pazifischen Raum registriert. Die meisten Infektionen wurden bislang durch die Subtypen A(H7N9) und A(H5N1) verursacht, es wurden aber auch andere aviäre Influenzaviren beim Menschen nachgewiesen (unter anderem A(H5N6), A(H9N2)), gibt das RKI (externer Link) an.

Im Audio: In den USA sind Milchkühe an H5N1 erkrankt

Milchkuh in der Landschaft
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Experten sind überrascht, dass Rinder mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 infiziert sind.

Dieser Artikel ist erstmals am 11.06.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.

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