Dunkle Wolken verdecken die Sonne-ein Gewitter zieht auf, Gewitterwolken.
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Wetterstationen auf der ganzen Erde beobachten den Himmel nach den Vorgaben der WMO.

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Wetter und Klima: 75 Jahre Weltorganisation für Meteorologie

Am 11. Oktober 1947 wurde die Weltorganisation für Meteorologie gegründet. Weltweit werden nach ihren Vorgaben Wetterdaten gesammelt. Diese sind nicht nur für die Wettervorhersage unerlässlich, sondern auch für Klimaforscher wie Mojib Latif.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Die Weltorganisation für Meteorologie WMO ist eine Organisation der Vereinten Nationen mit 193 Mitgliedern und hat ihren Sitz in Genf in der Schweiz. Sie sorgt dafür, dass die Wetterdaten auf der ganzen Welt nach gemeinsamen Standards gesammelt und ausgetauscht werden.

Warum globale Wettermessungen wichtig sind

Der Klimaforscher Mojib Latif ist selbst Meteorologe und erklärt im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk, warum die globale Koordination der Wettermessungen so wichtig ist: "Für eine Vorhersage müssen wir tatsächlich wissen, wie die Wetterverhältnisse überall auf der Welt sind. Selbst weit entfernt, weil auch diese innerhalb einiger weniger Tage Einfluss auf unser Wetter haben können. Deswegen ist es so wichtig, dass die Erhebung der Daten, die Standardisierung der Daten international koordiniert wird, damit sie auch vergleichbar sind."

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Für eine gute Wettervorhersage seien zudem nicht nur Daten wie Luftdruck und Lufttemperatur an der Erdoberfläche notwendig, sondern auch Daten aus großen Höhen. Auch Flugzeuge sammeln deshalb unterwegs Daten, die in die Vorhersage einfließen. Deren Bedeutung zeigte sich zu Beginn der Corona-Pandemie 2020: "Als kaum Flugzeuge geflogen sind, hat man es auch tatsächlich an der Qualität der Wettervorhersage gemerkt, die wurde schlechter."

Klima ist Statistik des Wetters

Das Wetter ist der aktuelle Zustand an einem Ort, erläutert Latif. Klima ist hingegen das gemittelte Wetter, nach der Definition der WMO über einen Zeitraum von 30 Jahren. Klima sei also die Statistik des Wetters. Es gebe unter Meteorologen aber auch den Spruch "Klima ist das, was man erwartet. Und Wetter ist das, was man bekommt."

Extremwetterereignisse wie Dürren oder Flutkatastrophen sind Ausnahmen. Heute lässt sich berechnen, welchen Anteil der Klimawandel daran hat. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten, erklärt Latif: zum einen mit Langzeitbeobachtungen. An Wetterdaten über viele Jahrzehnte lassen sich statistische Trends erkennen. In Deutschland ist zum Beispiel die Temperatur in den letzten hundert Jahren um knapp zwei Grad gestiegen. Das könne man vergleichen mit dem Wettergeschehen in den Jahrtausenden zuvor. Diese könne man indirekt zum Beispiel aus der Untersuchung von Baumringen ableiten.

Wahrscheinlichkeit von Extremwetter deutlich höher als früher

Die andere Möglichkeit sind Klimamodelle. Das vorindustrielle Klima lässt sich berechnen, und wie wahrscheinlich damals Extremwetterereignisse waren. Das ist auch für die Gegenwart möglich. Ein Vergleich zeigt, um wie viel höher die Wahrscheinlichkeit heute infolge der globalen Erwärmung ist. Hinzu kommen Wetterextreme, die es in dieser Intensität gar nicht gab.

Diese Studien könnten deutlich machen, wie groß die Bedrohung ist, die vom Klimawandel ausgeht. Angesichts sich häufender Wetterextreme wie Überschwemmungen nach Starkregen und Rekord-Temperaturen im Sommer erkennen das viele Menschen aber inzwischen selbst, meint Latif.

Weichen stellen hin zu erneuerbaren Energien

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat in Europa eine Energiekrise ausgelöst, zwingt zum Sparen bei Öl und Gas. Latif hofft, dass wir jetzt endlich begreifen, dass wir aus Krisen auch lernen müssen. Schon 1973 gab es eine Energiekrise, die erste Ölkrise. Spätestens da hätte uns klar werden müssen, dass unsere Energieversorgung auf tönernen Füßen steht.

Aber wir haben jetzt in den letzten 50 Jahren nichts daraus gelernt, sondern uns immer weiter in die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen begeben. "Jetzt wäre es so wichtig, auch wenn man kurzfristig vielleicht mal einen Schritt zurückgehen muss, wirklich die Weichen zu stellen. Damit wir nicht irgendwann wieder in der gleichen Situation sind und nicht wissen, wo wir unsere Energie herbekommen sollen."

Kaum Hoffnung auf UN-Klimakonferenz im November

Am 6. November beginnt in Scharm asch-Schaich in Ägypten die 27. UN-Klimakonferenz COP 27. Latif fürchtet, dass es dort auch diesmal nicht vorangehen wird: "Seit diese Klimakonferenzen stattfinden, ist der weltweite Ausstoß von CO2 förmlich explodiert, also um 60 Prozent gestiegen. Deswegen glaube ich, dass jetzt die Länder, die wirklich etwas tun wollen - und Deutschland gehört zu diesen Ländern - vorangehen müssen und zeigen, dass es geht."

Wohlstand sichern durch Klimaschutz

Deutschland habe es übrigens gezeigt, dass sich der Kohlendioxid-Ausstoß senken lässt: Im gleichen Zeitraum, also seit 1990, in dem der weltweite Ausstoß um 60 Prozent gestiegen ist, sei er bei uns um fast 40 Prozent gesunken. Das heißt, die simple Gleichung "Klimaschutz gleich Wohlstandsverlust" geht für Latif nicht auf: "Ganz im Gegenteil. Ich behaupte, dass man Wohlstand nur wird sichern können, wenn man einen ambitionierten Klimaschutz betreibt."

Vom Wissen zum Handeln kommen

Das sei auch möglich, und Fatalismus fehl am Platz: "Die Lösungen sind ja da. Wir müssen sozusagen nur das umsetzen, was wir wissen, also wirklich vom Wissen zum Handeln kommen. Die erneuerbaren Energien sind ja im Überfluss auf der Erde vorhanden. Wir haben überhaupt kein Energieproblem auf der Erde. Wir müssen das nur nutzen. Aber das funktioniert natürlich nur durch internationale Zusammenarbeit. Und das ist, glaube ich, der wichtigste Punkt. Die Länder müssen zusammenarbeiten und müssen verstehen, dass sie alle letzten Endes davon nur profitieren können."

Anders gehe es nicht. Die Auswirkungen des Klimawandels seien so stark, dass sie am Ende auch die Weltwirtschaft behindern und vor allen Dingen auch die Weltsicherheit. Es werde mit Sicherheit zu gewaltigen Flüchtlingsströmen kommen, Hunger und Trinkwasserknappheit würden zunehmen und dadurch neue Konflikte entstehen. Die Welt würde ins Chaos stürzen, wenn wir nicht versuchen, die Klimaerwärmung zu begrenzen.

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