Sie ist knapp 20 Meter hoch und fast 350 Meter lang: die Steinmauer mitten in Galtür – dort, wo die Lawine den größten Schaden angerichtet hat. Diese und weitere Schutzmauern in und um Galtür wurden nach dem Unglück errichtet und erinnern noch immer an die Katastrophe vor 25 Jahren. Am 23. Februar 1999 starben in Galtür 31 Menschen.
Bürgermeister erinnert sich an einen "Ort der Verwüstung"
Hermann Huber war damals stellvertretender und ist heute amtierender Bürgermeister von Galtür. An die Bilder von damals erinnert er sich auch ein Vierteljahrhundert später genau. Dort, wo die Lawine in den Ort eingedrungen ist, zeigte sich "ein Ort der Verwüstung", sagt Huber. "Autos waren übereinander gekeilt, Dächer waren abgeräumt". Wo zuvor Häuser standen, waren nur noch Trümmer.
Die Katastrophe bahnt sich im Winter vor 25 über einen längeren Zeitraum an: Nach sechs Wochen mit massiven Niederschlägen versinken die Alpen im Februar 1999 förmlich im Schnee. Tausende Touristen sitzen damals im Paznauntal fest. Die einzige Zufahrtsstraße muss ab Ende Januar immer wieder gesperrt werden.
Lawine rast mit über 200 Kilometern pro Stunde in den Ort
Am 23. Februar 1999 um 16:03 Uhr löst sich oberhalb von Galtür dann eine riesige Lawine und rast mit über 200 Kilometern pro Stunde in den Ort: eine Masse von geschätzten 120.000 bis 160.000 Tonnen Schnee, also 3.000 bis 4.000 LKW-Ladungen, sagen Lawinenexperten. Mehrere Häuser werden zerstört, mehr als 50 Menschen verschüttet. 31 können nur noch tot geborgen werden – darunter 21 Urlauber aus Deutschland.
Wegen eines Schneesturms können Hubschrauber erst rund 14 Stunden nach dem Lawinenabgang nach Galtür fliegen, bis dahin sind Urlauber und Einheimische auf sich allein gestellt. Dann beginnt die größte Luftbrücke in der Geschichte Österreichs: Mehr als 18.000 Menschen werden aus dem Tal geflogen. Einen Tag nach der Katastrophe in Galtür sterben im benachbarten Valzur sieben weitere Menschen durch eine Lawine.
Lawinenforscher: "Weniger trockene, mehr nasse Lawinen"
Mit der Frage, wie sich der Klimawandel auf Lawinen auswirkt, beschäftigt sich das Schweizer Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos. Demnach bedeute weniger Schnee nicht automatisch weniger Lawinen. Allerdings ändere sich durch den Klimawandel die Art der Lawinen.
Es werde wohl weniger trockene, aber mehr nasse Lawinen geben, sagt Dr. Michael Bründl. Diese seien für die Sicherungsdienste viel schwieriger zu beurteilen. Zudem könne man Nassschneelawinen – anders als Staublawinen – kaum künstlich auslösen. Als Gegenmaßnahme hilft im Ernstfall dann nur, gefährdete Bereiche eines Skigebiets vorübergehend zu sperren.
Auch Extremwetterereignisse spielen beim Entstehen von Lawinen eine Rolle. Weil die Atmosphäre wärmer wird, kann sie mehr Feuchtigkeit aufnehmen. "Das heißt: Die Möglichkeit, dass auch sehr intensive, sehr starke Niederschläge fallen, nimmt deswegen nicht ab, die gibt es nach wie vor. Das heißt, wir müssen auch mit extremen Niederschlägen und großen Lawinenereignissen rechnen", sagt Lawinenforscher Bründl. Verlässliche Vorhersagen zu Extremwetterlagen gebe es aktuell allerdings nicht, sagen die Forscher.
Forscher: Lawinen stoßen künftig wohl seltener bis in Tallagen vor
Die gute Nachricht: Katastrophenlawinen wie die von Galtür dürfte es künftig seltener geben, so das SLF. Liegt in tieferen Lagen wenig Schnee, dann können Lawinen, die sich weiter oben am Berg lösen, auf ihrem Weg ins Tal nicht noch mehr Schnee aufnehmen und rutschen dadurch wahrscheinlich auch nicht so weit ins Tal.
Außerdem habe man durch den Lawinenwinter vor 25 Jahren viel dazugelernt und arbeite nun mit besseren Wetterprognosen, mehr Daten und besseren Modellen. Eine Katastrophe wie damals kann sich Lawinenforscher Bründl deshalb nur noch schwer vorstellen. Zudem ist Galtür durch die Verbauungen am Hang und im Ort sehr viel besser geschützt sei als früher. Auch dieses Jahr erinnert die Gemeinde wieder mit einem Gedenkgottesdienst an die 31 Opfer der Lawinenkatastrophe in Galtür vor 25 Jahren.
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