Es ist kurz vor sechs Uhr morgens am Plattlinger Bahnhof im Kreis Deggendorf. Alles scheint wie immer zu sein: keine vollen Züge, kein Chaos, gleich fährt der erste Zug Richtung München. Nur die Menschenschlange vor den Fahrkartenautomaten verrät, dass der 1. Juni kein normaler Tag am Bahnhof ist: Die Leute stehen an, um sich ein 9-Euro-Ticket zu kaufen.
9-Euro-Ticket - Das müssen Sie wissen
Zug ab jetzt billiger als das Auto
Ein Mann sagt, er steige ab jetzt um, nehme lieber den Zug, anstatt das Auto, um in die Arbeit zu fahren. "Das ist viel billiger mit neun Euro im Vergleich zu den hohen Spritpreisen". Ein anderer Mann pendelt ab jetzt von Plattling aus nach Erlangen in die Arbeit.
Aber auch für die, die bisher schon öfter mit der Bahn zur Arbeit gefahren sind, rentiert sich der Rabatt: "Ich pendle jeden Tag eine halbe Stunde - normalerweise hätte ich 150 Euro im Monat gezahlt, jetzt neun Euro", erzählt eine Frau.
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Bahn gewinnt Pendler und Ausflügler
Der Start des billigen Bahn-Tickets zeigt, dass einige Menschen weg vom Auto rein in den Zug geholt werden können. Die Bahn gewinnt neue Pendler dazu - zumindest für drei Monate. Denn das 9-Euro-Ticket gibt es im Juni, Juli und August.
Aber nicht nur Pendler profitieren vom Rabatt: Das Ticket lockt vor allem auch Ausflügler an. Aber: "Der große Ansturm kommt erst am Wochenende und in den Ferien", ruft ein Lokführer beim Vorbeigehen.
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Deutsche Bahn: Mehr Züge, mehr Busse, mehr Personal
Davon geht auch die Deutsche Bahn (DB) aus. Von einer Sprecherin heißt es hierzu auf Anfrage: "Da an den bevorstehenden Feiertagswochenenden und während der Sommermonate insbesondere mehr Freizeit- und Ausflugsfahrten unternommen werden, geht die DB davon aus, dass es vor allem entlang touristischer Strecken ein höheres Fahrgastaufkommen geben kann".
Man habe sich vorbereitet, wie es heißt: mehr Züge, mehr Sitzplätze, mehr Busse, mehr Personal. Über 700 zusätzliche Service- und Sicherheitskräfte sollen unter anderem den Ein- und Ausstieg unterstützen. Das sind mehr als viermal so viele wie in einem normalen Sommer.
9-Euro-Ticket: Die erste Zugfahrt eines Rentners
Aber schon zum Start des 9-Euro-Tickets sind in Plattling Ausflügler unterwegs, die den Rabatt schon jetzt unter der Woche nutzen: Laura Plankl unternimmt einen Ausflug mit ihrem Freund in ein Museum nach München. Wolfgang Weiß fährt aufgrund des billigen Tickets zum ersten Mal Zug: "Als Rentner hat man die beste Möglichkeit, dass man auf diese Art und Weise rumkommt und nicht immer daheimsitzen muss." Weiß ist bisher nur mit dem Auto gefahren, jetzt unternimmt er Städtetrips - und wünscht sich, dass die Aktion länger als drei Monate andauern könne.
Kritik am 9-Euro-Ticket von Bahn-Mitarbeitern
Das Angebot findet auch Beatrice Knauer sinnvoll. Sie macht gerade eine Ausbildung zur Lokführerin bei der Bahn. Knauer wird das Ticket nutzen, kritisiert es aber auch: "Ich finde es nicht ganz durchdacht, weil es viele Leute gibt, die das Angebot nicht nutzen können. Und ich denke, dass die Züge komplett überfüllt sein werden in den Ferien."
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Deutsche Bahn rät Reisen mit Zug im Voraus zu planen
Eine berechtigte Kritik. Auf der Internetseite der Deutschen Bahn heißt es nämlich: "Die DB bittet ihre Kunden und Kundinnen, Reisen an den Wochenenden, Feiertagen sowie in den Ferien im Voraus zu planen und auch auf weniger stark nachgefragte Verbindungen außerhalb der Stoßzeiten zurückzugreifen."
Um Reisen mit der Bahn zu planen, kann die Auslastung einzelner Züge auf der Internetseite der Bahn abgerufen werden. Stark frequentierte Züge werden mit einem entsprechenden Hinweis gekennzeichnet.
Außerdem weist die Deutsche Bahn darauf hin, dass die Fahrradmitnahme beim 9-Euro-Ticket nicht mit inbegriffen ist - für das Rad muss extra gezahlt werden. Dabei gilt aber: Sind die Züge zu voll, haben Fahrgäste Vorrang vor Fahrrädern. Deswegen rät die Deutsche Bahn, die Angebote von "Call-a-Bike" zu nutzen: An Zielorten und vielen Ausstiegsbahnhöfen können Fahrräder gemietet werden.
Für neun Euro zu allen Volksfesten
Am ersten Tag des 9-Euro-Tickets war noch kein Fahrgast mit dem Fahrrad in Plattling unterwegs. Das kann sich besonders in der Ferienzeit ändern. Gegen acht Uhr morgens stehen am Plattlinger Bahnhof immer noch Menschen an den Fahrscheinautomaten, um sich ein billiges Ticket zu kaufen. Einige werden es zunächst noch nicht nutzen, doch für Tagesausflüge nach Regensburg oder für Fahrten zu Volksfesten wie dem Gäubodenfest in Straubing würde es sich rentieren.
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