Neigetechnikzug
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Neigetechnik-Züge fahren in Bayern bisher noch mit Dieselantrieb. Das soll sich ändern.

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Abschied vom "Superzug": Zukunfts-Neigetechnik ohne Wasserstoff

Abschied vom "Superzug": Zukunfts-Neigetechnik ohne Wasserstoff

Bayern ändert sein Zukunftskonzept für den Zugverkehr in weiten Teilen des Freistaats. Anders als noch vor zwei Jahren verkündet, soll die künftige Neigetechnik-Flotte ohne Wasserstoffantrieb auskommen. Geplant sind jetzt reine Elektrozüge mit Akkus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Neigetechnik-Triebwagen bedienen den Nahverkehr in weiten Teilen Bayerns. Weil sie sich ähnlich wie ein Motorradfahrer in die Kurve legen, können sie auf kurvigen Strecken schneller fahren als herkömmliche Züge – sie sind daher wichtig, um Takt-Fahrpläne einhalten zu können.

Im März 2023 hatte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) verkündet, dass die Neigetechnik in Bayern nach 2030 eine Zukunft ohne Diesel haben soll. Damals sprach er von einem "Superzug", den die staatliche Bayerische Eisenbahngesellschaft entwickeln lassen werde. Der sollte sowohl über Akkus als auch über eine wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle verfügen, um die langen Strecken ohne Oberleitung – etwa zwischen Hof und Nürnberg – zu bewältigen. Die Neuentwicklung solcher Fahrzeuge galt bereits damals als ehrgeizig.

Bessere Akkus machen Wasserstoff überflüssig

Inzwischen haben neue Gutachten (externer Link) jedoch ergeben, dass auf den Wasserstoffanteil verzichtet werden kann. Dank leistungsfähigerer Akkutechnik soll es künftig reichen, wenn die Züge an den Endpunkten der Strecken per Oberleitung ihre Batterien aufladen. Unterwegs bräuchten die neu entwickelten Akkuzüge dann auch auf über 100 Kilometer langen Strecken wie Hof-Nürnberg nicht mehr nachladen.

Nur wenig neue Ladestellen nötig

Am bestehenden Bahnnetz sind dafür in Nordostbayern laut Verkehrsministerium nur geringe Anpassungen nötig: In den Bahnhöfen Bayreuth und Neustadt an der Waldnaab müssen Lademöglichkeiten hergestellt und einzelne Gleise am Nürnberger Hauptbahnhof mit einer leistungsfähigeren Oberleitung nachgerüstet werden.

Zudem müssen in Marktredwitz endende Züge zum Aufladen der Akkus ins tschechische Cheb oder nach Hof weiterfahren, solange die Elektrifizierung von Hof nach Marktredwitz noch nicht fertiggestellt ist. Auch die Neigetechnik in Schwaben soll künftig mit Akkuzügen betrieben werden, dort fahren dann die gleichen Fahrzeuge wie in Nordostbayern.

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Rund zehn Prozent der Regionalzugleistungen in Bayern werden mit Neigetechnik erbracht. Vor allem in Franken und Schwaben.

Bayerns Verkehrsminister Bernreiter freut sich: "Die neue Fahrzeugflotte wird dadurch technisch deutlich unkomplizierter und wirtschaftlicher. Außerdem kann der Aufbau einer Versorgungs- und Betankungsinfrastruktur für Wasserstoff entfallen." Beifall kommt auch von den Landräten der Kreise Hof und Kulmbach und vom Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth.

Pro Bahn: Gut, dass Bayern neuen Erkenntnissen folgt

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn lobt die Entscheidung. Er hatte bereits im Sommer 2023 gefordert, in Bayern auf reine Elektrozüge statt auf Wasserstoff zu setzen (externer Link). Die Planänderung des Freistaats komme nicht zu spät. Sie sei eine lobenswerte Reaktion auf neue Erkenntnisse.

"In Deutschland wird zu oft sklavisch durchgezogen, was man einmal angefangen hat", sagte Andreas Barth von Pro Bahn dem BR: "Man darf nicht die Angst haben, einmal Entschiedenes kritisch anzuschauen". Der Freistaat habe durch die Entwicklung nicht zwei Jahre verloren, sondern werde es jetzt deutlich einfacher haben, die nötigen Fahrzeuge rechtzeitig entwickelt zu bekommen. Bisher sind keine Akku-Neigetechnikzüge auf dem Markt.

Laufendes Vergabeverfahren wird geändert

Nach Angaben einer Sprecherin des Verkehrsministeriums hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft zwar 2024 das Vergabeverfahren für die Neigetechnik im Allgäu unter anderen Voraussetzungen gestartet. Es könne jedoch trotzdem weiterlaufen. Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse seien innerhalb des laufenden Verfahrens die Anforderungen an die neuen Neigetechnikfahrzeuge geändert worden. Der Wasserstoffantrieb sei nun nicht mehr enthalten. Laut Verkehrsministerium sollen die Akkuzüge "Anfang der 2030er Jahre" den Betrieb aufnehmen. In bisherigen Dokumenten war teils von 2032, teils von 2035 die Rede.

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