"Also das geht gar nicht, dass alle Klos gesperrt sind! Wissen Sie, dass ich schon eine halbe Stunde warte? Das ist Körperverletzung!", schimpft Alexandra Hagino. Ihre Aggression richtet sich gegen Fahrgastbegleiter-Azubi Colin Hartmann. Um seine Reaktion soll es heute gehen – denn die vermeintliche Pöbelei ist ein Szenario im Rahmen eines Trainings: Für Zugbegleiter, die tagtäglich kritische Situationen erleben und richtig damit umgehen müssen.
Betrunken, renitent, gewalttätig: Was Zugbegleiter erleben
Trainiert wird ganz real, in einem Zug. Allerdings steht der leer auf einem Wartegleis und den Part des aggressiven Fahrgastes, den übernimmt mit Alexandra Hagino eine Schauspielerin, die gleichzeitig auch die Trainerin ist. Vom betrunkenen Fußballfan bis hin zum renitenten Schwarzfahrer reichen die Szenarien, vor denen Zugbegleiter regelmäßig stehen. In den vergangenen Jahren haben Übergriffe massiv zugenommen, von verbalen bis hin zu körperlichen Angriffen. Die Gewerkschaften fordern regelmäßig strukturelle Maßnahmen, beispielsweise mehr Sicherheitspersonal oder Videoüberwachung.
Das Ziel der Übung ist es, durch richtiges Verhalten solch brisante Situationen zu entschärfen, gewalttätige Übergriffe zu verhindern oder einfach auch nur Streit unter Fahrgästen zu schlichten. Das Deeskalationstraining gehört zu jedem Ausbildungskurs für angehende Kundenbetreuer, auch für erfahrene Zugbegleiter gibt es Auffrischungskurse.
Konstruktive Lösungen finden
Wie hat Zugbegleiter Azubi Colin Hartmann reagiert? Seine Antwort auf die vermeintlichen Pöbler: "Ich versuche, eine Lösung zu finden." Eine konstruktive Lösung, findet Trainerin Hagino: "Was ich richtig gut fand: Dass du Empathie gezeigt hast, zu sagen, ich kann Sie wirklich sehr gut verstehen." Es sei definitiv nicht immer einfach, problematische Fahrgäste "einzufangen".
Das Übungsszenario hinterlässt Eindruck, obwohl die Trainingsteilnehmer natürlich wissen, dass es nur eine Übung ist: "Auch wenn es nur gespielt ist, ist es sehr ernst, man fühlt sich in einer Situation, wo wirklich was passiert", sagt Kundenbetreuer Markus Vöst. Für die angehenden Zugbegleiter wird es Mitte Dezember ernst, denn mit dem alljährlichen Fahrplanwechsel müssen sie zum ersten Mal allein auf Strecke.
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