Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger verteidigte die Entscheidung seines Ministeriums, das die Erlaubnis für die Probebohrung erteilt hat.
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Der bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger und die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) waren zu Gast bei "jetzt red i".

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Aiwanger: Geplante Gasbohrung in Bayern wird "skandalisiert"

Aiwanger: Geplante Gasbohrung in Bayern wird "skandalisiert"

Der bayerische Wirtschaftsminister Aiwanger hat die umstrittenen Gasbohrungen im Landkreis Landsberg am Lech verteidigt. Die Grünen-Politikerin Lisa Badum kritisierte das Vorhaben bei "jetzt red i" dagegen scharf.

Über dieses Thema berichtet: jetzt red i am .

Tanja Spindler-Kratzl aus Reichling ist in Sorge: Bereits diesen Herbst soll in ihrem Dorf nach Erdgas gebohrt werden. "Es kann passieren, dass unsere Heimat bald nicht mehr lebenswert ist – weil sie zerstört ist", so ihre Befürchtung, die sie in der Sendung "jetzt red i" im BR Fernsehen äußerte. Sie sorgt sich vor allem um ihre Gesundheit – und ist damit nicht allein.

"Wir wissen, dass bei der Bohrung in bestimmten Tiefen Quecksilber und andere Gifte sind – und die kommen natürlich mit rauf", berichtet Rainer Christl. Viele Bürgerinnen und Bürger in Reichling sorgen sich vor allem um das Trinkwasser, denn der Bohrturm soll nur 200 Meter neben einem Wasserschutzgebiet errichtet werden.

Badum: Bürger werden "ohne Not" in Gefahr gebracht

Die Bundestagsabgeordnete der Grünen Lisa Badum äußerte Verständnis für diese Ängste – und kritisierte die geplanten Gasbohrungen scharf. "Hier werden ohne Not Bürger in Gefahr gebracht." Es wundere sie, "dass man hier im Alpenvorland in so einer schönen Landwirtschaft einem Gaskonzern den roten Teppich ausrollt, seitens der bayerischen Staatsregierung".

Für Badum, Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Bundestag, leisten die Bohrungen in Reichling keinen Beitrag zur Energiesicherheit. "Da soll in einem Jahr die Menge an Gas gebohrt werden, die Bayern an einem Tag verbraucht." Für sie ist klar: "Deutschland braucht kein Gas aus Reichling." Stattdessen müsse man sich jetzt noch intensiver dem Ausbau der erneuerbaren Energien widmen.

Aiwanger: Bohrturm nur "zehn Prozent so hoch wie ein Windrad"

Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verteidigte die Entscheidung seines Ministeriums, das die Erlaubnis für die Probebohrung erteilt hat: Der Antrag sei 2022 gestellt worden – "da hatten wir hier Energiekrise hoch drei, da ist Herr Habeck in den arabischen Ländern rumgefahren und hat den Bückling machen müssen vor Diktatoren".

Nun habe man jedoch die Möglichkeit, "Gas vor der Haustür" zu gewinnen. Auch Michael Hofmann aus Dießen, der ebenfalls im Publikum saß, sieht in den Bohrungen eine große Chance. Er plädierte dafür, dass Bayern sich in der Energieversorgung eigenständig aufstellt. "Es ist unanständig, dass wir das Fracking-Gas aus Amerika verheizen, aber unser eigenes Gas, da sind wir uns zu schade dazu."

Aiwanger betonte, dass bei den geplanten Probebohrungen ein bestehendes Rohr aus den 1980er-Jahren verwendet wird – damals wurde in der Region nach Erdöl gebohrt. Es werde demnach lediglich der Beton aus dem Rohr rausgebohrt – es gebe "keine Bohrung in die Tiefe", so Aiwanger. "Wenn wir eine Tiefengeothermie machen würden, würde Herr Habeck kommen und das feiern. Und diese bestehende Gasbohrung wird jetzt so skandalisiert." Auch die Kritik an dem 40 Meter hohen Bohrturm könne er nicht nachvollziehen: Dieser sei schließlich nur "zehn Prozent so hoch wie ein Windrad".

Diskussion um gestrichene Förderabgabe für Unternehmen

Lisa Badum von den Grünen kritisierte, dass die Region "überhaupt gar nichts" von den erwirtschafteten Gewinnen bekomme. Das liege daran, dass Bayern – anders als andere Bundesländer – keine Förderabgabe auf Erdgas erhebe. "Herr Aiwanger, das Ganze scheint mit ein bisschen dubios zu sein", resümierte die Grünen-Politikerin.

Der bayerische Wirtschaftsminister entgegnete, dass die Förderabgabe bereits "vor 20 Jahren abgeschafft" worden sei. Doch die Gemeinde würde trotzdem profitieren, so Aiwanger. "Wenn hier gebohrt wird, dann gibt es Gewerbesteuer für die Gemeinde." Außerdem seien bei derartigen "Großvorhaben" auch die Unternehmer in der Regel spendabel und könnten die Gemeinden bei Projekten unterstützen.

Geschäftsführer spricht von "Hochrisikoprojekt"

Daniel Jürgensen, Geschäftsführer der beauftragten Firma MRH (Mineralöl-Rohstoff-Handel-GmbH) war ebenfalls in der Sendung zu Gast. Danach gefragt, ob sich die Bohrungen für seine Firma auch noch bei einer Förderabgabe von bis zu zehn Prozent lohnen würden, verwies er auf die geplanten Probebohrungen: "Das hängt davon ab, wie viel wir hier finden." Es handle sich um ein "Hochrisikoprojekt", von dem noch nicht sicher sei, ob es am Ende wirklich umgesetzt werden.

Der von vielen Seiten kritisierte Bohrturm werde nach sechs Wochen zurückgebaut, um das Areal werde eine Hecke gepflanzt. Die Gemeindebewohner würden die Bohrungen "nicht sehen und nicht riechen", betonte der Geschäftsführer. Ob er die vielen Kritiker in Reichling an diesem Abend überzeugt hat, bleibt allerdings fraglich.

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