Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat das geplante Heizungsgesetz und die Berliner Bundespolitik bei einer Demonstration am Samstag in Erding scharf kritisiert. Dafür erntete er viel Applaus. Kritiker werfen dem stellvertretenden Ministerpräsidenten aus Niederbayern Populismus und fehlende Abgrenzung nach rechts vor.
Aiwanger schlägt scharfe Töne an
Aiwanger sagte auf der Veranstaltung, an der laut BR-Reportern auch AfD-Anhänger und Querdenker teilnahmen: "Wir können nicht weiter zuschauen, wie diese Grün dominierte Ampel Deutschland an die Wand fährt." Die Grünen wollten nicht das Klima retten, sondern Eigentum und Wohlstand zerstören.
Das Heizungsgesetz bezeichnete Aiwanger als "Wahnsinn", es müsse "in die Tonne getreten" werden. Der Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident bedankte sich bei den Menschen vor Ort: In Erding sei der Stein ins Rollen gebracht worden, der diesem Gesetz den Boden unter den Füßen wegziehen werde.
Auch übte er Kritik an der demokratisch gewählten Regierung. Wörtlich sagte der Freie-Wähler-Chef dessen Partei laut jüngstem Bayerntrend bei zwölf 12 Prozent liegt: "Jetzt ist der Punkt erreicht, wo die große schweigende Mehrheit sich die Demokratie zurückholen muss und denen in Berlin sagen: 'Ihr habt ja wohl den Arsch offen da oben.' Wir wollen unsere Demokratie zurückholen."
Aiwanger fordert Rücktritt der Bundesregierung
Die Folgen von Corona und Ukrainekrieg seien noch nicht bewältigt, da werde schon "die nächste Sau durchs Dorf getrieben". Aiwanger warf der Ampel vor, sie wolle "dieses Land spalten und an die Wand fahren". Außerdem sagte er Richtung Bundesregierung, sie solle sich "endlich an die Seite der normalen Bevölkerung" stellen. Wenn die Regierung einen Funken Anstand hätte, würde sie zurücktreten, so der Freie-Wähler-Chef, der aus Rottenburg an der Laaber im Landkreis Landshut kommt.
Weiter sprach er von "Berliner Chaoten", die das Land spalten wollten: "Hier steht heute die Mitte der Gesellschaft. Diese Mitte der Gesellschaft wird diese Berliner Chaoten vor sich hertreiben." Seine Kritik richtete sich auch gegen die Medien, die seiner Meinung nach "nicht an der Seite der normalen Bevölkerung" stünden. "Und ich hab die Nasen voll, wenn man morgens die Zeitung aufschlägt und man das Radio anmacht und es kommt nur linksgrüner Gender-Gaga."
Vom Publikum - etwa 13.000 Menschen waren laut Polizeiangaben zur Demo nach Erding gekommen - gab es viel Zustimmung für den Freie Wähler-Chef. Während Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und FDP-Landeschef Martin Hagen über weite Strecken ausgebuht wurden, johlte die Menge – vor allem dann, wenn es nicht um das Heizungsgesetz, sondern um Aiwangers Generalkritik ging.
Auch im Netz bekam Aiwanger Zustimmung – aus den eigenen Reihen. So twitterte sein Partei-Kollege Fabian Mehring: "Klartext in Erding: Fulminanter Auftritt von Aiwanger. Wo er Recht hat, hat er Recht, der Chef. Wie heute auf der Demo von Monika Gruber!"
Parteiübergreifende Kritik an Aiwangers Wortwahl
SPD und Grüne warfen Söder und Aiwanger "destruktiven Populismus" und "Stimmenfischen am rechten Rand" vor. "Keine eigenen Vorschläge, stattdessen Ängste schüren und erneut Stimmen am rechten Rand fischen: Das zahlt am Ende beim Original ein", warnte zum Beispiel Grünen-Landeschef Thomas von Sarnowski auf Twitter. Markus Söder war bei dem Gang auf die Bühne lautstark ausgebuht worden. Im Anschluss grenzte er sich jedoch in seiner Rede von AfD und "Anti-Demokraten" ab.
Das SPD-nahe Informationsportal über Rechtsextremismus in Bayern, "Endstation Rechts", twitterte von der Veranstaltung: "Aiwanger stellt seine Rede gar unter das Motto 'Rettung der Demokratie', ist mit Medienschelte kurz vor 'Lügenpresse'. Inhalte hatte er keine. Pfiffe kassierte der Populist keine."
Heftige Kritik kommt von CDU-Politiker und Mitglied des Europäischen Parlaments, Dennis Radtke. Auf Twitter schrieb er: Aiwanger gieße Benzin ins Feuer und werde "mitschuldig sein, wenn unsere Demokratie von Populisten ausgehöhlt und gekapert wird". Erding sei ein Tiefpunkt im demokratischen Diskurs.
Florian Roth, Politologe und Grünen-Stadtrat in München, zieht in einem Tweet ein Zitat des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump heran: "The silent majority is back, and we're going to take the country back. Donald Trump, Phoenix, 2015" und setzt darunter: "Jetzt ist endlich der Punkt erreicht, wo sich die schweigende große Mehrheit im Lande die Demokratie zurückholen muss. Hubert Aiwanger, Erding, 2023."
Video: Demo in Erding gegen das Heizungsgesetz mit prominenten Rednern
Hinweis: Dass das Informationsportal über Rechtsextremismus in Bayern, "Endstation Rechts", SPD-nah ist, wurde in diesem Artikel noch nachträglich ergänzt.
Hinweis: Ob sich bei der Veranstaltung auch Rechtsextreme befanden, wird derzeit noch redaktionell geprüft. Deshalb wurde der Hinweis darauf, dass Rechtsextreme teilgenommen hätten, entfernt.
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