Migranten stehen in einer Schlange in einer Erstaufnahme-Einrichtung.
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Symbolbild: Migranten stehen in einer Schlange in einer Erstaufnahme-Einrichtung.

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Ankerzentren in Bayern überfüllt – Appell an den Kanzler

Die Zahl der Asylbewerber steigt, die Ankerzentren in Bayern sind nahezu ausgelastet oder zum Teil bereits deutlich überbelegt. Die im Bund oppositionelle Union ruft nach dem Kanzler und macht ihm ein Angebot.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Ankerzentren für Flüchtlinge in Bayern sind entweder überfüllt oder fast komplett voll. Die Regierung der Oberpfalz meldet zurzeit eine Belegung (Stichtag: 19. September) mit rund 1.900 Menschen – allerdings gibt es eigentlich nur 1.450 Plätze. In mehreren Regierungsbezirken sieht es ähnlich aus. Die CSU ruft nach dem Kanzler: Er müsse das Thema Migration zur Chefsache machen.

Ankerzentren überbelegt – auch in Mittelfranken und Unterfranken

Ähnlich wie in der Oberpfalz sieht es im unterfränkischen Ankerzentrum aus: Die Einrichtung in Geldersheim/Niederwerrn (Landkreis Schweinfurt) hatte zuletzt fast 1.600 Menschen beherbergt. Platz ist jedoch nur für 1.200 Menschen. Die Zahl war vor einem Jahr und zum Jahreswechsel bereits ähnlich hoch. Das Ankerzentrum in Mittelfranken mit seinen Niederlassungen sei aktuell ausgelastet. Knapp 1.800 Betten stünden zur Verfügung, die Auslastung liege bei 110 Prozent, teilte ein Sprecher der Regierung mit. Aufnahmefähig könne die Einrichtung nur bleiben, wenn Menschen in die sogenannte Anschlussunterbringung wechseln können. Doch auch diese Einrichtungen seien ausgelastet.

Das Ankerzentrum in Oberbayern mit Hauptsitz in Manching (Landkreis Ingolstadt) und weiteren Standorten im Regierungsbezirk sei derzeit zu 95 Prozent ausgelastet, teilte ein Sprecher mit. Die Regierung von Schwaben bietet rund 1.450 Anker-Plätze. Zum 19. September waren 1.391 Geflüchtete dort untergebracht. Nach einem Rückgang der Zugänge im Frühjahr steige die Zahl der Neuankünfte seit einigen Monaten wieder stark an und sei auch kaum vorhersehbar.

"Keinesfalls mehr tragbar": Bambergs OB schreibt Brief an Herrmann

Während die meisten Regierungsbezirke das Ankerzentrum auf mehrere Dependancen verteilt haben, gibt es in Oberfranken nur eine große Unterkunft in Bamberg. Diese stoße schon seit Längerem mit ihrer Belegung an ihre Grenzen, sagte eine Sprecherin der oberfränkischen Regierung. Aktuell seien dort rund 2.550 Menschen untergebracht. Beim Start der Einrichtung 2015 sei eine Belegung von maximal 1.500 Menschen festgelegt worden, betonte der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD).

  • Zum Artikel: "Flüchtlingszahlen: Bayerns Landräte fordern Grenzkontrollen"
  • Er fordert, die Belegung deutlich zu reduzieren. "Dieses Unterbringungsvolumen ist aus Sicht der Stadt Bamberg keinesfalls mehr tragbar und droht die vorhandene Struktur, sowohl in der Ankereinrichtung selbst, aber auch im städtischen Umfeld, zu überfordern", schrieb er in einem Brief an Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Es komme mittlerweile sehr häufig zu Konflikten unter den Bewohnerinnen und Bewohnern. Diese seien vor allem auf den immensen Belegungsdruck zurückzuführen. "Ein deutlicher Hinweis, dass es so nicht weitergehen kann."

    Zur Chefsache machen: CSU-Innenexpertin appelliert an Scholz

    Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der Problematik aufgefordert, das Thema Migration zur Chefsache zu machen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sei "damit erkennbar überfordert", Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) "praktisch untätig", sagte die CSU-Innenexpertin der "Rheinischen Post". Die Union strecke dem Bundeskanzler "die Hand aus für die dringend benötigte Asylwende".

    Scholz müsse das Thema jetzt zur Chefsache machen. Die Bundespolizei benötige sämtliche Befugnisse für Zurückweisungen an den Grenzen. Erforderlich seien lageangepasste Kontrollen an den Binnengrenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, ergänzte Lindholz.

    "Schaffen das nicht mehr": Union bietet Scholz Pakt an

    Im Bundestag geht es am heutigen Freitag um einen Antrag der Union über einen "Deutschland-Pakt in der Migrationspolitik". Darin heißt es den Angaben zufolge auch, wer bereits in anderen Mitgliedstaaten einen Asylantrag gestellt habe oder wessen Asylantrag abgelehnt worden sei, solle "bei eigenmächtiger Weiterreise innerhalb der EU an den Binnengrenzen zurückgewiesen werden können". Zu dem vorgeschlagenen Maßnahmenbündel gehören auch Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz und "wirksame Rückführungsabkommen" mit Herkunftsländern. CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Dienstag gesagt: "Die ausgestreckte Hand von mir und von uns ist da."

    Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) sagte zudem in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner", es sei eine gemeinsame Entscheidung in der demokratischen Mitte zum Thema Migration nötig, um Populisten von links und rechts und Radikalen das Wasser bei dem Thema Migration abzugraben. "Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis", sagte Spahn. "Und da bin ich mir nicht sicher, ob es das innerhalb der Bundesregierung gibt." Die Zahlen zur Migration müssten "sehr deutlich" in "sehr kurzer Zeit runter". Er sagte auch: "Wir schaffen das nicht mehr" – wohl eine Anlehnung an den Satz der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel "Wir schaffen das".

    Gibt keine einfache Lösung: SPD-Innenministerin warnt

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte bei "Maybrit Illner" jedoch davor zu glauben, dass es einfache Lösungen gebe. Die irreguläre Migration müsse begrenzt werden, räumte sie ein. "Wir wollen das über Migrationsabkommen stärker steuern", sagte sie. Diese sollten Menschen ermöglichen, auf legalem Weg nach Deutschland zu kommen – und die vertraglich gebundenen Länder sollten sich dann verpflichten, Menschen, also abgelehnte Asylbewerber, zurückzunehmen.

    "Italien hält sich nicht an die Dublin-Rückübernahme. Und solange Italien das nicht macht, werden wir auch keine weiteren Geflüchteten aufnehmen", so Faeser. In der Europäischen Union sei ein Solidaritätsmechanismus verabredet. Rom müsse jetzt wieder auf Deutschland zugehen und seinen Verpflichtungen nachkommen.

    Mit Informationen von dpa und Reuters

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