Für ganz Bayern ist am 8. August ein normaler Arbeitstag – nur nicht für die Augsburger. Die feiern an diesem Tag das Hohe Friedensfest, einen bundesweit einzigartigen Feiertag. 1650 wurde das Friedenfest zum ersten Mal begangen, die Protestanten feierten damals das Ende ihrer Unterdrückung.
Der Kern dieser Geschichte ist zeitlos aktuell, aus ihm leitet sich, laut einer Friedensbüro-Sprecherin, das heutige Verständnis der Friedensstadt ab: Niemand soll mehr aufgrund seiner Religion oder Herkunft ausgeschlossen werden.
Gottesdienste, Friedenstafel und Kinderfriedensfest
Das Friedensfest begann mit einem Ökumenischen Festgottesdienst in der Basilika St. Ulrich und Afra, die Festpredigt hielt der Schaumburger Landesbischof Dr. Oliver Schuegraf. In Evangelisch St. Ulrich gab es zeitgleich einen ökumenischen Familiengottesdienst.
Trotz dunkler Regenwolken und unsicherer Wetterlage nahmen dann viele Augsburger an weiß gedeckten Tischen auf dem Rathausplatz Platz, um an der traditionellen Friedenstafel miteinander zu essen und ins Gespräch zu kommen. Mit dabei ist heuer eine Delegation der Augsburger Partnerstadt Dayton (Ohio). Oberbürgermeisterin Eva Weber betonte in ihrer Ansprache, jeder könne selbst bestimmen, in was für einer Gesellschaft, in was für einem Land er leben wolle. Wer Frieden möchte, müsse sich aktiv dafür einsetzen, forderte Weber.
Weber: Demokratie muss mancher erst lernen
Das gelte auch für die Demokratie. Manch einer müsse Demokratie erst lernen, die Jugendlichen der Stadt Augsburg sollten daher künftig besser in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Weber betonte auch, dass Zuhören nicht gleich Zustimmen bedeute, dass eine Minderheit es aushalten müsse, wenn eine Mehrheit eine Entscheidung treffe. "Demokratie heißt auch immer, dass man im Gespräch bleibt", so die Oberbürgermeisterin.
Runder Tisch der Religionen
Diese Botschaft beherzigt der Runde Tisch der Religionen schon längst. Vertreter der großen Glaubensrichtungen der Stadt haben auf der Bühne ihre Friedensbotschaften verlesen und ein Stück Frieden im Kleinen demonstriert. Der jüdische Rabbiner neben dem Vertreter des schiitischen Islam, der katholische Priester neben dem evangelischen Dekan.
Beim Kinderfriedensfest im Botanischen Garten, im Zoo und dem Umweltbildungszentrum stehen die Kleinen bei Spielen und Mitmachangeboten im Mittelpunkt. Den Abschluss des Hohen Friedenfests bildet das Festkonzert der "Jungen Philharmonie Augsburg" in der St. Anna Kirche.
Friedensbüro: Demokratie ist mehr als wählen gehen
Ein umfangreiches Kulturprogramm unter dem Motto "#DEMOKRATIE" hat auf den Feiertag hingeführt, unter anderem mit einem "Running Dinner der Religionen", Theaterstücken, Konzerten, Lesungen und einem Hackathon gegen Rechtextremismus, so Thomas Weitzel vom Friedensbüro der Stadt. Denn es reiche eben nicht aus, "nur alle vier Jahre an die Wahlurne zu gehen und seine Stimme abzugeben, sondern wir müssen uns zivilgesellschaftlich auch engagieren und eintreten für die Demokratie", sagt Weitzel.
Außerdem entwerfen wechselnde Künstler jedes Jahr ein neues Friedens-Mural – ein großes Wandgemälde, das zum Motto des Friedensfestes passt und auch nach dem Friedensfest noch zu sehen ist. Das Wandbild der französischen Künstlerin Claire Prouvost und ihres Kollegen Soihe aus der Schweiz entsteht im Stadtteil Göggingen. Es trägt den Titel "Säulen der Demokratie unter einer starken Sonne".
Augsburgs Oberbürgermeisterin: Gefahren für die Demokratie
Aus Sicht von Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber sind die größten Herausforderungen für die Demokratie die wachsende Zustimmung zu Rechtspopulismus und Rechtsextremismus bei immer mehr Menschen. Aber auch die Demokratie-Resignation, die allgemein zu spüren sei, wie aus dem Grußwort der Oberbürgermeisterin hervorgeht.
Klimacamp-Aktivisten demonstrieren am Friedensfest
Alte Bekannte sind dagegen die Klimaaktivisten vom Klimacamp, die ebenfalls noch einmal beim Friedensfest dabei sein wollen. Sie haben zwar Ende Juli ihr Lager am Fischmarkt neben dem Rathaus offiziell abgebaut, werden aber am Feiertag noch einmal für besseren Klimaschutz und einen schnelleren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Stadt am alten Standort des Camps demonstrieren, so eine Sprecherin.
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