Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ist der "Autokönig" Christoph Zitzmann wegen Nötigung eines Polizeibeamten zu einer Geldstrafe von 65 Tagessätzen zu je 180 Euro verurteilt worden. Er hatte sich in Nürnberg vor allem als Verkäufer hochpreisiger Sportwagen einen Namen gemacht. Das Gericht blieb mit seinem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.
Psychiatrisches Gutachten: Panikreaktion wegen "Lichtexplosion"
Am letzten Verhandlungstag im Berufungsprozess hatten die Verteidiger insgesamt drei neue Beweisanträge gestellt. Zunächst legten sie ein psychiatrisches Gutachten vor, demzufolge Zitzmann lediglich aufgrund eines Reflexes stark abgebremst habe. Die "Lichtexplosion" aus Blaulicht und der Leuchtschrift "Stopp Polizei" habe in ihm eine akute Panikreaktion ausgelöst, erläuterte der Gutachter. Deswegen habe Zitzmann als routinierter Autofahrer stark auf die Bremse getreten.
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Abgelaufener TÜV und Polizei zu nah aufgefahren
In ihrem zweiten Antrag legten die Rechtsanwälte dar, dass der TÜV von Zitzmanns Auto an dem Tag bereits mehrere Monate abgelaufen war. Dies sei dem 54-Jährigen bei einer vorangegangenen Polizeikontrolle aufgefallen. Deswegen sei es nicht im Interesse des Autohändlers gewesen, einen Polizeibeamten gegen sich aufzubringen.
Ein dritter Antrag der Verteidigung zielte schließlich auf das Verhalten des Polizeibeamten, der Zitzmann einer weiteren Verkehrskontrolle unterziehen wollte. Dieser sei entgegen den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und auch polizeiinterner Regelungen zu dicht aufgefahren und habe daher den Unfall nicht mehr verhindern können.
Möglicherweise tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte
Im Lauf der Verhandlung ließ der Richter durchblicken, dass ein vorsätzliches, grundlos scharfes Abbremsen im Straßenverkehr im Falle eines Schuldspruchs nicht nur als Nötigung, sondern möglicherweise auch als tätlicher Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten gewertet werden könne. Dies könnte somit auch eine Haftstrafe nach sich ziehen.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft einigen sich auf Berufungsbeschränkung
Während einer Prozesspause einigten sich Verteidiger und Staatsanwaltschaft in der Folge auf eine Berufungsbeschränkung auf Rechtsfolgenausspruch. Das bedeutet, dass der Schuldspruch der Nötigung des Amtsgerichts bestehen bleibt und nur das Strafmaß neu verhandelt wird. Daraufhin zog die Verteidigung ihre Beweisanträge zwei und drei zurück.
Staatsanwaltschaft fordert Höchststrafe
Der Staatsanwalt wertete in seinem Plädoyer die Einigung auf eine Berufungsbeschränkung als Geständnis des Angeklagten. Er gab sich überzeugt, dass Zitzmann der Polizei durch das starke Abbremsen eine "Retourkutsche" für die Kontrollen verpassen wollte und forderte wegen der Nötigung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 200 Euro – die maximal mögliche Summe. Die Verteidigung verzichtete auf Wunsch ihres Mandanten auf ein Schlussplädoyer.
Hoher Schaden bei Auffahrunfall mit Einsatzwagen
In erster Instanz war Zitzmann im November 2022 wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 200 Euro verurteilt worden. Das Nürnberger Amtsgericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der 54-Jährige in der Silversternacht 2020/2021 am Laufertorgraben durch abruptes Abbremsen einen Auffahrunfall mit einem ihm folgenden Polizeiauto provoziert hatte. Dabei entstand allein am Einsatzfahrzeug ein Schaden von rund 11.000 Euro. Sowohl Zitzmann als auch die Staatsanwaltschaft hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt.
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