Flüssiges Eisen in einer Gießerei, eine Hand mit einem schmutzigen Tuch
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Im Kurort Bad Windsheim gibt es dicke Luft. Die Anwohner einer Gießerei halten es nicht mehr aus: Überall ist Ruß und es stinkt.

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Dicke Luft im Kurort – Anwohner streiten mit Gießerei

Dicke Luft im Kurort – Anwohner streiten mit Gießerei

Ruß im Garten, Rost am Auto: Die Anwohner der Gießerei im mittelfränkischen Bad Windsheim haben es satt. Die Gießerei sieht sich im Recht, meint nichts falsch zu machen. Schwerindustrie in einem Kurort – ein Streit, der seit Jahren schwelt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Mit einem Feuchttuch in der Hand tritt Christian Schmitt auf die Terrasse seines Hauses im Mühlweg im mittelfränkischen Bad Windsheim. Er wischt über seinen Gartentisch, das Tuch wird schwarz mit Ruß. "Und das geht halt auch in die Lungen rein", sagt der zweifache Familienvater. Er wohnt nur wenige hundert Meter von der Gießerei Heunisch entfernt, nur ein Acker trennt sein Grundstück von dem des Industriebetriebs.

Gutachten bestätigt: Dreck stammt aus Gießerei

Der Ruß fliegt laut Schmitt auch in die Kinderzimmer seiner Söhne, im Haus stehen Luftfilter. Wenn seine Kinder vom Spielen im Garten zurückkommen, seien ihre Hände schwarz. Die Hauswand verdreckt, das Eisen in der Luft verursache orange Rostpickel auf seinem weißen Auto. Im Streit mit der Gießerei hat Schmitt bereits mehrere Gutachten in Auftrag gegeben – für insgesamt mehr als 40.000 Euro, wie er sagt. Diese bestätigen ihm, dass der Dreck nur aus einem Industriebetrieb wie einer Schweißerei oder Gießerei stammen können.

Gießerei unterschreitet Grenzwerte

Die beiden Geschäftsführern der Gießerei Christiane Heunisch-Grotz und Christian Gerhäußer leugnen nicht, dass ihr Betrieb Ruß und Dreck ausstößt – aber: "Wir unterschreiten die Grenzwerte bei Weitem", sagt die Co-Geschäftsführerin im Gespräch mit BR24. Die Gießerei stellt am Standort in Bad Windsheim vor allem Gussteile für Traktoren her, mehr als 600 Menschen arbeiten hier.

Laut dem Technischen Leiter der Gießerei, Dietmar Eckl, hat die Nachbarschaft des Werks lediglich "14 Prozent dessen zu erdulden, was der Gesetzgeber zulässt". Dazu habe die Gießerei eigene Gutachten erstellen lassen und Proben genommen. Würden sie so viel ausstoßen wie erlaubt, dann müssten die Anwohner und Anwohnerinnen den Dreck mit einer Schippe beseitigen, sagt Eckl. Um ihre eigenen Emissionen zu überprüfen, gebe es auch eine ständige Überwachungsanlage.

Landratsamt zwischen den Stühlen

Die Aufsicht trägt das Landratsamt Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim. Dessen Immissionsschutzabteilung kontrolliert die Gutachten, die die Gießerei dem Landratsamt vorlegen muss. Diese dürften zudem nur von akkreditierten Gutachtern erstellt werden. Das Landratsamt gibt zudem eigene in Auftrag – und kommt dabei zum gleichen Ergebnis: Die Gießerei unterschreitet alle Grenzwerte deutlich. Landrat Christian von Dobschütz (CSU) kann im Streit lediglich vermitteln.

Sogar wenn es um Stoffe geht, die keine Grenzwerte haben. Zum Beispiel für das Eisen, das Christian Schmitts Auto rosten lässt. Der Gesetzgeber habe – auch wenn es keine Grenzwerte für einen Stoff gebe – auch die Gesundheit der Menschen im Blick. Er gehe davon aus, dass das damit in Ordnung sei. "Aber wir haben auch Staubniederlassungsmessungen durchgeführt, da wird das Thema Eisenwerte mitberücksichtigt und die waren wirklich auf sehr niedrigem Niveau", sagt von Dobschütz zu BR24.

Mühlweg mobilisiert sich

Christian Schmitt ist nicht allein. Mehrere Anwohnerinnen und Anwohner im Mühlweg wollen die Belästigungen nicht hinnehmen. Nachts scheppern Gabelstapler, tagsüber riecht es an manchen Tagen wie eine schleifende Kupplung, der Ruß ist allgegenwärtig. "Es ist manchmal nicht schön, außen zu sitzen und einen Kaffee zu trinken. Es stinkt manchmal unerträglich", sagt Silke Städtler. "Bis vor Corona bin ich jeden Tag nach Nürnberg gefahren und hatte keine Schäden am Auto. Seit dem Homeoffice ist mein Auto mit Flugrost übersät", sagt Simone Frank. "Und das in einem Kurort", fügen beide hinzu.

Im Video: Was Wohnen neben der Gießerei bedeutet

Flüssiges Eisen in einer Gießerei, eine Hand mit einem schmutzigen Tuch
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Im Kurort Bad Windsheim gibt es dicke Luft. Die Fronten zwischen Gießerei und Anwohnern sind verhärtet. Ein Nachbarschaftsstreit im großen Stil.

Gießerei Heunisch will Belästigungen verringern

Christiane Heunisch-Grotz hat Verständnis für die Anwohner – bis zu einem gewissen Grad. Sie sagt, die Gießerei bestehe seit dem Jahr 1922 an dem Standort. Auch wenn sie damals noch unter anderer Führung war und sich die Produktion mit der Übernahme durch Heunisch erhöhte.

Die Geschäftsführer wollen für insgesamt 1,4 Millionen Euro Schutzmaßnahmen umsetzen, darunter ein begrünter Erdwall und eine Klimaschutzwand. Manches wurde bereits umgesetzt, manches ist in Planung.

Gerichtsverfahren mit offenem Ausgang

Trotzdem klagt Christian Schmitt. Er will Geld für sein verrostetes Auto. Die Gießerei will nicht haften, da sie weit im Rahmen des Erlaubten arbeiten. Doch: Der Ausgang ist offen – ein Gericht in Nordrhein-Westfalen urteilte in einem ähnlichen Verfahren für die Anwohner.

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