Wer sich eine Terrasse baut oder die Außenverkleidung erneuert, greift gern zur Douglasie. Immer öfter kommt das Holz aus Deutschland, der Nadelbaum aus Nordamerika liegt voll im Trend. Im südlichen Oberbayern gibt es bisher nur einen kleinen Bestand mit etwa 50 Exemplaren im Stadtwald von Wasserburg. Die mächtigen Stämme thronen hoch über dem Inn, sie überragen alle anderen Bäume. Das Erbgut der Einwanderer aus dem Staat Washington ist kostbar, deswegen wurden nun die Zapfen geerntet, aus denen viele tausend Douglasien-Schösslinge entstehen sollen.
Ernte-Arbeiter in 50 Meter Höhe
Baumpfleger müssen gute Kletterer sein. Jakob Bartenbach und Simon Scharf sind beides. Schnell steigen sie mit kräftigen Zügen am Seil die Bäume hinauf, über 40 Meter geht es in die Höhe. Sie verschwinden im Kronendach und fangen an, die Zapfen in weißen Säcken zu sammeln. Simon Scharf zieht eine Kamera nach oben und dreht seinen Kollegen auf dem Nachbarbaum. Auf den Bildern sieht man einen sehr speziellen Arbeitsplatz mit einer gigantischen Aussicht über die Stadt in der Innschleife und den breiten Strom bis zur Bergkette des Mangfall-Gebirges.
Es dauert nicht lang, da kommen Rufe von oben: "Achtung!" – und man geht in Deckung. Kurz danach krachen die vollen Säcke durch die Äste. Ist ein Baum abgeerntet, werden Proben genommen. Die beiden Baumpfleger begutachten ihre Beute. Scharf ist einigermaßen zufrieden, der Reifegrad stimmt, sagt er. Wenn die Zapfen offen wären, dann gäbe es kein Saatgut mehr. Aber der Haufen hier schaut nicht schlecht aus, sagt auch Jakob Bartenbach. Vorsichtig schneidet er ein paar Zapfen der Länge nach auseinander. "Hier und hier", sagt er, "diese dicken, weißen Körner, um die geht es, die sind das Saatgut der Douglasie."
Die große Hoffnung: 40.000 Setzlinge aus Wasserburg
Insgesamt ernten Bartenbach und Scharf in zwei Tagen 250 Kilo Zapfen von 22 Douglasien. Wie viel Saatgut die dann ergeben, wird sich noch zeigen. Es wird wohl mehr als ein Kilo sein, hoffen die Baum-Spezialisten. Und aus einem Kilo können, wenn alles gut läuft, rund 40.000 Setzlinge werden. Das freut Waldbesitzer und Förster aus dem Landkreis Rosenheim. Direkt unter den abgeernteten Bäumen besprechen sie das weitere Vorgehen.
Da braucht es vor allem Geduld, das wird klar, als Josef Aicher erklärt, wie aufwändig das Verfahren ist, bis ein Sämling von zehn Zentimeter Größe zustande kommt. Aicher hat sich mit seiner Baumschule auf die Aufzucht von Douglasien spezialisiert. Er hat ein paar Sprösslinge aus einer früheren Ernte von einem anderen Standort mitgebracht. Sie sind schon ein Jahr alt, brauchen aber noch zwei weitere, erklärt der Experte, bis sie in den Wäldern eingepflanzt werden können. Aicher zeigt in einer Palette auf Pflanzen, die vielversprechend ausschauen, es gibt aber auch Pflanzlöcher, in denen nichts aufgegangen ist.
Gute Geschäfte mit Douglasien-Holz
Warum nun wollen viele Waldbesitzer unbedingt Setzlinge aus dem Wasserburger Bestand? "Es ist schon auffällig, wie schön die Douglasien hier dastehen", sagt Michael Heffner von der Waldbesitzervereinigung Rosenheim. "Das hat sich einfach herumgesprochen bei uns, und jetzt warten viele auf Douglasien-Nachwuchs." Und er nennt neben der Vielfalt im Wald einen anderen guten Grund, auf den Baum mit den weichen, tiefgrünen Nadeln zu setzen. "Mit der Douglasie kann man viel mehr verdienen als mit der Fichte", sagt er. Das Holz sei widerstandsfähig im Außenbereich und deswegen sehr begehrt. Und wenn man den Baum weit hinauf gut entaste, dann bekomme man perfektes Holz mit hohem Wert.
Douglasien trotzen Kälte, Hitze und Trockenheit
Die Wasserburger Douglasien sind etwa 125 Jahre alt. Wie sie damals von der Pazifikküste im Staat Washington an den Inn kamen, das ist im Dunkel der Geschichte verloren gegangen. Aber sie stehen prächtig da, fühlen sich sichtlich wohl in Oberbayern. Ein einzigartiger Bestand sei das hier, sagt Michael Lukas von der Bayerischen Forstverwaltung. Er gerät ins Schwärmen über den Herzwurzler aus Amerika. Der könne sowohl kalte Winter mit viel Schnee ertragen, als auch Hitze und Trockenheit wegstecken. "Wir müssen unsere Wälder langfristig umbauen für die klimatischen Verhältnisse, die uns erwarten", meint Lukas, "und auch kurzfristig kann dieser Baum helfen, Schäden durch Borkenkäfer oder Stürme zu heilen." Der Fachmann sieht die Douglasie als wichtige Komponente, um den bayerischen Wald für die Zukunft zu rüsten.
- Zum Artikel: Dauerwald - Ist das der Wald der Zukunft?
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!