Iftar im Münchner Forum für Islam 2022
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Bayern und seine Muslime – kein unkompliziertes Verhältnis

Bayern und seine Muslime – kein unkompliziertes Verhältnis

Der Islam sei mittlerweile Teil von Bayern geworden, sagte Markus Söder schon vor zwölf Jahren. Aber ist das wirklich so? Anders als in anderen Bundesländern gibt es in Bayern keinen institutionalisierten Austausch zwischen Regierung und Muslimen.

Über dieses Thema berichtet: Der Funkstreifzug am .

Ein Mittwochabend im Fastenmonat Ramadan. Das Münchner Forum für Islam hat zum öffentlichen Fastenbrechen geladen – die Stimmung unter den Muslimen und Musliminnen aber war schon besser. Man fühle sich seit dem Angriff der Hamas ein bisschen ausgegrenzt, man erfahre Ablehnung, ist zu hören. Aber auch, dass die meisten Muslime hier geboren und aufgewachsen seien. "Die identifizieren sich mit Deutschland, die identifizieren sich mit der Demokratie, aber die erwarten auch was."

Idriz: "Die Landesregierung ignoriert Muslime total"

Obwohl viele Muslime hier geboren sind, fühlen sie sich oft nicht als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft, nicht vollständig anerkannt in ihrer kulturellen und religiösen Identität. Eine Mitverantwortung trage dafür auch die bayerische Staatsregierung, so die Kritik aus der Community. Denn anders als in anderen Bundesländern gebe es in Bayern keinen institutionalisierten Austausch, keinen direkten Draht in die muslimische Gemeinde, auch kein klares Bekenntnis seitens der bayerischen Politik – etwa, indem man zu offiziellen Terminen wie dem Neujahrsempfang des Ministerpräsidenten eingeladen werde.

Das passiere nicht, kritisiert der Penzberger Imam Benjamin Idriz. "Die Landesregierung ignoriert Muslime total. Wann hat der Ministerpräsident mal muslimische Vertreter zu einem Gespräch eingeladen?" Er vermisse hier auch den Willen, so Idriz.

Rinderspacher: "Brauchen diese Foren des Dialogs"

Rund 700.000 Musliminnen und Muslime leben in Bayern. Das sind etwa 6 Prozent der bayerischen Bevölkerung. Bei der Anerkennung der Muslime hinke Bayern allerdings hinterher, stellt auch der Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Markus Rinderspacher (SPD), fest: "Während es in Hamburg seit 2012 einen Staatsvertrag mit den und für die Muslime gibt, sind wir in Bayern noch weit davon entfernt. Wir haben noch nicht mal einen institutionalisierten Runden Tisch. Wir haben keine bayerische Islamkonferenz. Wir brauchen diese Foren des Dialogs."

Staatsvertrag: Hamburg war Vorreiter

Zwölf Jahre ist es her, dass Hamburg einen Staatsvertrag mit der Schura, also mit muslimischen Verbänden, unterzeichnet hat. Es ist damals das erste Bundesland, das eine rechtliche Grundlage vorlegt, um hier lebenden Muslimen ihre religiöse Praxis zu erleichtern. Fachleute werteten das als wichtigen Schritt hin zu mehr Integration.

Auch weil man es geschafft habe, unterschiedlichste muslimische Vertreter an einen Tisch zu holen, lobt die Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus : "Wir haben in Hamburg eine sehr diverse Moscheen-Landschaft, wie auch in Berlin oder Frankfurt am Main beispielsweise. Aber irgendwie ist man im Gespräch und das seit Langem."

Mit dabei sind allerdings auch umstrittene muslimische Verbände: Milli Görus und Vertreter der DITIB zum Beispiel. Zu Beginn sogar noch das Islamische Zentrum Hamburg, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt und laut Verfassungsschutz vom Iran finanziert und kontrolliert wird.

11. September: Besondere Rolle von Hamburger Moscheen

Für andere Bundesländer, inklusive Bayern, wäre das unvorstellbar. Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus bewertet das Hamburger Vorgehen insgesamt jedoch als richtigen Schritt, besonders vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der Rolle, die Hamburger Moscheen dabei spielten. "Der Druck, der daraus erwachsen ist, ist vielleicht auch nicht ganz unschuldig daran, dass man sich auch zusammensetzen musste und die Stadt auf die Moscheen zugegangen ist." Sowohl im Sinne der Dialogbereitschaft als auch einer stärkeren Beobachtung, so die Islamwissenschaftlerin.

Dieses Vorgehen ziele also in zwei Richtungen: Erstens gehe es darum, den Muslimen zu zeigen, dass sie dazugehören. Zweitens hoffe man so auch, Radikalisierungstendenzen schneller zu erkennen und die Gemeinden im Blick zu behalten, die demokratiefeindlich agieren. Ob die Strategie aufgeht, da scheiden sich die Geister. Aber klar ist: In einigen Bundesländern wie in Hamburg findet mehr aktive Auseinandersetzung und Einbindung von Muslimen statt als in Bayern.

Bayern: Werden Muslime übersehen?

Bisher begründete die bayerische Staatsregierung ihre Zurückhaltung stets damit, dass die muslimische Community sehr zersplittert sei. Es gebe nicht den einen Ansprechpartner, die Verbände seien untereinander sogar zerstritten. Das sei ein Faktor, aber auch eine Ausrede, entgegnet Imam Benjamin Idriz. Er findet, die Staatsregierung bemühe sich noch nicht einmal um die Muslime.

Tatsächlich werden der Islam und Muslime im aktuellen Koalitionsvertrag nicht erwähnt. Die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag hat zwar jeweils Sprecher für die evangelische und die katholische Kirche sowie einen Beauftragten für die jüdischen Gemeinden. Für Muslime ist kein Fraktionsmitglied explizit zuständig.

Islamwissenschaftler: Geht darum, gesehen zu werden

Dabei gehe es den hier lebenden Musliminnen und Muslimen nicht nur um rechtliche Fragen – etwa die sarglose Bestattung, den Islamunterricht oder den Moscheebau. Es gehe ihnen auch darum, gesehen zu werden, sagt der Erlanger Islam- und Rechtswissenschaftler Mathias Rohe. Der Staat könne vielfältige Signale geben: "Indem er sehr deutlich macht: Selbstverständlich wenden wir uns gegen Extremismen aller Art. Aber auf der anderen Seite nehmen wir all die vielen in Schutz, die nichts damit zu tun haben – sondern die zur großen, breiten Mitte dazugehören."

Genau diese Menschen müssten in Schutz genommen werden gegen Generalverdacht und gegen ungerechtfertigte Angriffe. Das wünschten sich Muliminnen und Muslime schon vor einigen Jahren, als sie für die bayerische Islamstudie befragt wurden – ein Forschungsprojekt, das Mathias Rohe leitete.

Innenminister Herrmann will Thema "anpacken"

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU sieht diesen Handlungsbedarf und verspricht, das Thema im Innenministerium "anzupacken". Herrmann sagt: "Wir brauchen angesichts auch der politischen Entwicklung da einen stärkeren Dialog. Deshalb wollen wir das, weil es ein Thema für die erfolgreiche Integration von Menschen auf Dauer in unserem Land ist."

Eine Staatsregierung, die auf Musliminnen und Muslime zugeht – im Münchner Forum für Islam jedenfalls würde sie offene Türen einrennen.

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