Wofür gibt Bayern Geld aus? Welche Projekte sind der Staatsregierung besonders wichtig? Und was würde die Opposition anders machen? Um diese wichtigen Fragen geht es bei der Haushaltsdebatte im Bayerischen Landtag, die an diesem Dienstag begonnen hat. Drei Tage lang diskutieren die Abgeordneten über die geplanten Ausgaben der einzelnen Ressorts und Geschäftsbereiche - zum Auftakt verteidigte die Regierungskoalition ihre Pläne.
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Herrmann: Finanzieller Spielraum für Zukunftsthemen
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) betonte, der gesamte Haushalt stehe für Stabilität und Zukunft in unsicheren Zeiten. Er verwies auf den Klimawandel, die Corona-Pandemie sowie den Angriffskrieg Wladimir Putins auf die Ukraine. Bayern sei erfreulicherweise in der Lage, angesichts dieser Herausforderungen in die Zukunft des Landes zu investieren.
Der neue Staatshaushalt sei aber "kein Haushalt der Krisenbewältigung, sondern ein Haushalt der Zukunft". Der Staatskanzleichef hob die Investitionsquote hervor, die von 14 auf 16 Prozent steige. Bayern habe genug finanziellen Spielraum, um die Themen anzupacken, die für die Zukunftsfähigkeit des Landes wichtig seien. Als Schwerpunkte nannte er die Bildung, "das Setzen sozialer Standards", die bayerische Hightech-Agenda sowie ein großes Klimaschutz-Paket.
Finanzminister Albert Füracker (CSU) hatte davor nach einer Kabinettssitzung betont, dass die finanziellen Folgen des Ukraine-Kriegs für Bayern bisher unabsehbar seien. Er nannte den Etat für 2022, der nach den Haushaltsberatungen am Donnerstag im Landtag beschlossen werden soll, "solide und vorausschauend". Insgesamt umfasst der bayerische Haushalt für das kommende Jahr rund 71 Milliarden Euro. An den vereinbarten Schwerpunktsetzungen will die Staatsregierung laut dem Finanzminister auch in den aktuellen Krisenzeiten festhalten.
Hartmann: Es wird "mit Geld um sich geschmissen"
Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann warf der Staatsregierung vor, bei ihren geplanten Ausgaben falsche Schwerpunkte zu setzen. Es werde "mit Geld um sich geschmissen, ohne in unsere Zukunft richtig zu investieren". Ein Beispiel sei das Landespflegegeld für pflegende Angehörige: Seit 2018 seien dafür 1,5 Milliarden Euro ausgegeben worden – "aber kein einziger neuer Pflegeplatz wurde damit geschaffen".
Das gilt laut Hartmann auch für die Kitas: Statt mehr Plätzen, vor allem im Hort-Bereich, gebe die Staatsregierung viel Geld für Zahlungen an Eltern aus, die Kinder im Krippenalter haben. Gemeint ist damit das bayerische Familiengeld, Eltern erhalten im Freistaat für Kinder zwischen dem ersten und dritten Geburtstag monatlich jeweils 250 Euro.
Hartmann attestierte Bayern ein "Jahrzehnt der verpassten Chancen", unter anderem in der Energiepolitik. Abermals forderte der Grünen-Politiker mehr Windräder und Photovoltaik-Anlagen im Freistaat – die aktuell von Söder geforderte Atomkraft-Verlängerung sei eine "Phantomdiskussion". Weitere Baustellen in Bayern sind laut Hartmann Schulen, Universitäten, das Schienennetz, der öffentliche Nahverkehr, kommunale Schwimmbäder und generell die digitale Infrastruktur. Fazit des bayerischen Oppositionsführers: "Ein dicker Geldbeutel ist noch lange kein Garant für gute Politik."
Pohl: "Gott sei Dank haben wir dicken Geldbeutel"
Freie-Wähler-Haushaltsexperte Bernhard Pohl entgegnete auf die Vorwürfe Hartmanns an die Regierungskoalition: "Gott sei Dank haben wir einen dicken Geldbeutel." Das sei dank der Steuerzahler und vor allem einer "guten und vorausschauenden Finanzpolitik" der Fall. Er sei sehr froh, dass die Staatsregierung deshalb Krisen bewältigen könne. "Wir bearbeiten die Zukunftsfelder der Politik" – Bildung, Forschung und Entwicklung und Wirtschaft."
Pohl sagte, die Haushaltspläne der Regierungsfraktionen seien "gut durchdacht" – und vom Ziel der Freien Wähler geprägt: der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Freistaat. Er hob hervor, dass in Bayern die "berühmte Metropolen-Politik" der Vergangenheit angehöre. CSU und Freie Wähler ruderten "jetzt gemeinsam in Richtung Regionalität". Pohl betonte: "Wir investieren in die Regionalität, wir investieren in regionale Infrastruktur."
Mang: "Durchgehende Schuldenorgie"
Der AfD-Abgeordnete Ferdinand Mang nannte den vorgesehenen bayerischen Haushalt einen "weiteren Sargnagel für unseren vergehenden Wohlstand". Seine Fraktion habe am Haushaltsplan so viel zu kritisieren "wie nie zuvor" – und deshalb fast 300 Änderungsanträge eingereicht. Konkrete Beispiele nannte Mang nicht, er sprach von einer "durchgehenden Schuldenorgie". CSU und Freien Wählern attestierte der AfD-Politiker eine "grüne Planwirtschaft".
Von Brunn: Haushaltsentwurf "rückwärtsgewandt"
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn kritisierte den Haushaltsentwurf als "in zentralen Bereichen rückwärtsgewandt", da er eine soziale Schieflage aufweise. Nötig seien beispielsweise mehr Investitionen in den Bau bezahlbarer Wohnungen. Der Freistaat sei schön, "aber zugleich viel zu teuer, vor allem beim Wohnen". Trotzdem vernachlässige Ministerpräsident Markus Söder die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum: "Ihre BayernHeim ist ein Flop!" Wenn die Staatsregierung nun die Mittel für die Wohnraumförderung trotzdem senken wolle, sei es ein "Schlag ins Gesicht für die Menschen, die verzweifelt nach einem Dach über dem Kopf in Bayern suchen". Die SPD fordere daher, die Landesmittel für die Wohnraumförderung um 645 Millionen auf eine Milliarde Euro zu erhöhen.
Wichtiger denn je sei außerdem eine unabhängige, bezahlbare und klimafreundliche Energieversorgung. Jetzt – wie es Söder fordert – auf eine Verlängerung der Atomkraft zu setzen, sei angesichts der Gefahr von Cyberattacken gerade aus Russland "schier verantwortungslos". Die SPD wolle lieber neben Wind und Sonne auch die Erdwärme stärker nutzen, die CSU und Freie Wähler bisher vernachlässigt hätten. Zudem ist aus Sicht von Brunns ein Akzent für gute Schulen und Kitas nötig – sowie ein Augenmerk auf eine gute Krankenhausversorgung "gerade auch auf dem Land".
Hagen: "Ihre Bilanz ist dürftig"
FDP-Fraktionschef Martin Hagen beklagte ebenfalls, dass die Staatsregierung seit dem Atomausstieg 2011 kein umfassendes Energiekonzept vorgelegt habe. Stattdessen hat Bayern seitdem laut Hagen die Windkraft blockiert und den Trassen-Ausbau von Nord nach Süd verzögert. Wie andere Redner kritisierte der FDP-Politiker die bisherige Bilanz der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim, die bislang keine einzige neue Wohnung geschaffen habe.
"Ihre Bilanz eineinhalb Jahre vor Legislatur-Ende ist dürftig", sagte Hagen Richtung Söder. Geliefert habe der Ministerpräsident nur bei der Entwicklung der Staatskanzlei selbst: In seiner bisherigen Amtszeit seien die Personalkosten um 42 Prozent gestiegen. Laut Hagen hat Söder in der Regierungszentrale inzwischen 40 Prozent mehr Personal als sein Vorgänger Horst Seehofer. "Warum kamen all die Vorgänger mit weniger Personal aus - und haben damit übrigens bessere Ergebnisse gebracht?" Hagen kritisierte zudem, dass Söder den Haushalt bei der Debatte im Landtag nicht selbst vorstellte und begründete.
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