Kein Verwaltungsgericht in Freyung – die Staatsregierung hat der groß angekündigten Behördenverlagerung jetzt eine Absage erteilt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, dass das Vorhaben nicht weiter verfolgt werde.
Die Errichtung eines niederbayerischen Verwaltungsgerichtes in Freyung sei zwar bislang Teil der Behördenverlagerung gewesen, jedoch konnte man sich nicht mit den Freien Wählern einigen. Zuerst hatte die Passauer Neue Presse (Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt) darüber berichtet.
Bürgermeister Heinrich enttäuscht und wütend
Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich (CSU) bezeichnet die Absage im BR-Interview als höchst ärgerlich. Heinrich wörtlich: "Wo kommen wir da hin, wenn man sich nicht mehr auf einen Kabinettsbeschluss verlassen kann." Die Zusage habe das Ziel gehabt, den Bayerischen Wald zu stärken. Das sei durch die Hintertür von den Freien Wählern blockiert worden.
"So etwas habe ich in der Form noch nicht erlebt. Das hat auch mit seriöser Politik nichts mehr zu tun und ist ein Schlag ins Gesicht." Olaf Heinrich, Bürgermeister von Freyung
Freyung hat bereits investiert
Das größte Problem für seine Stadt: Freyung habe das für das Verwaltungsgericht vorgesehene Gelände für einen siebenstelligen Betrag gekauft und dafür freigehalten. Der Freyunger Bürgermeister: "Jetzt müssen wir uns neu überlegen, was wir daraus machen. Die gemachten Schulden belasten den Stadthaushalt enorm."
Es ist die zweite schlechte Nachricht für Freyung zum Thema Behördenverlagerung innerhalb kurzer Zeit. Das 2016 von der Staatsregierung angekündigte Trainingszentrum für Spezialeinheiten der Polizei scheiterte wegen explodierender Kosten. Als Ersatz bekommt die Bayerwaldstadt ein Fortbildungs- und Tagungszentrum.
Freie Wähler brachten Nachbarstadt ins Gespräch
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte vor vier Jahren bei der Klausur in Seeon verkündet, dass der Bezirk Niederbayern ein eigenes Verwaltungsgericht bekomme. Bisher ist das Verwaltungsgericht in Regensburg für Niederbayern zuständig.
Der Standort Freyung galt als fast sicher. Allerdings hatten sich Kommunal- und Landespolitiker der Freien Wähler dagegen ausgesprochen und Freyungs Nachbarstadt Grafenau ins Gespräch gebracht. Denn Grafenau sei bei der Behördenverlagerungen bisher leer ausgegangen, und habe – anders als Freyung – einen Bahnanschluss. Wirtschaftsminister HubertAiwanger (Freie Wähler) sagte 2021 dem BR: "Grafenau ist die Stadt, die am unterstützungswürdigsten ist. Die CSU hat dem anfangs auch zugestimmt. Dann haben sie nochmal gegoogelt und gemerkt, dass in Grafenau kein CSUler regiert als Bürgermeister, dann haben sie ihre Aussage zurückgezogen."
In Grafenau ist Alexander Mayer von den Freien Wählern Bürgermeister. In Freyung ist Olaf Heinrich von der CSU Stadtoberhaupt. Aiwanger unterstellte der CSU, eine Entscheidung zu treffen, in der das Parteibuch eine Rolle spiele.
Landtagsabgeordneter wirft Aiwanger "Lari-Fari-Politik" vor
Der im Stimmkreis Freyung-Grafenau beheimatete Landtagsabgeordnete Stefan Ebner (CSU) kritisiert den Wirtschaftsminister nun in einem Statement: "Aiwangers unzuverlässige 'Lari-Fari'-Politik auf dem Rücken der Menschen im Bayerischen Wald ist die eines stellvertretenden Ministerpräsidenten unwürdig. Anstatt auf jede Bühne zu hüpfen und zu Themen zu sprechen, für die er fachlich keine Zuständigkeit hat, wäre es dringend notwendig, Wirtschaftspolitik für Bayern und Strukturpolitik für seine niederbayerische Heimat zu machen."
Innenminister Joachim Herrmann bedauert Aus für die Pläne
Auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann machte die Freien Wähler verantwortlich: "Die Freien Wähler haben die Entscheidung schon vergangenes Jahr immer wieder herausgezögert, weil es keine klare Zustimmung in ihrer Fraktion für den Standort Freyung gibt", so Herrmann im Gespräch mit dem BR-Studio Regensburg: "Deswegen kann das Projekt nicht weiterverfolgt werden. Ich bedauere das sehr."
"Wir halten es nach wie vor für richtig, ein eigenes Verwaltungsgericht für Niederbayern zu schaffen. Aber es gibt aktuell keinen konkreten Vorschlag der Freien Wähler, sondern nur ein Nein. Die Situation bleibt also erstmal, wie sie ist." Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
Dass die gemachten Schulden jetzt den Stadthaushalt Freyungs belasten, könne Herrmann verstehen. Zu den bereits getätigten Investitionen der Stadt und möglichen Kompensationszahlungen des Freistaats konnte er sich aber nicht äußern, sicherte jedoch eine Prüfung zu. Auch den auf Facebook erhobenen Vorwurf des Freyunger Bürgermeisters, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gehe es bei der Absage um "machtpolitische Spielchen auf dem Rücken der Region", wollte Herrmann im BR nicht kommentieren.
Wirtschaftsminister Aiwanger kontert die Vorwürfe
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) antwortete in einem Statement: "Ich wiederhole, was ich schon 2021 gesagt habe: Die CSU hatte damals kurzfristig dem Standort Grafenau zugestimmt, weil das Argument Bahnanschluss durchaus entscheidend für eine solche Ansiedlung ist. Grafenau hat einen Bahnanschluss, Freyung nicht. Auch aus dem Bereich der Justiz wurde unter anderem deshalb Freyung abgelehnt. Als die CSU aber festgestellt hat, dass Grafenau nicht von einem CSU-Bürgermeister geführt wird, haben sie ihre Zustimmung zurückgezogen und beharrten auf 'Freyung oder gar nichts'."
Man habe dann als Freie Wähler sogar Deggendorf vorgeschlagen, wo schon ein bestehender Gerichtsstandort ist, ein CSU-Oberbürgermeister und außerdem das Ankerzentrum für Asylbewerber, so Aiwanger weiter. Viele Verhandlungen des diskutierten Gerichts beschäftigen sich mit dem Thema Asyl. Also wäre es sinnvoller, dies möglichst nahe am Ankerzentrum abzuwickeln anstatt die Asylbewerber mit dem Taxi nach Freyung zu fahren. Aber leider habe sich die CSU zu dem Thema stur gestellt und Deggendorf geschlossen abgelehnt, so der bayerische Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef weiter.
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