Eine Intensivschwester steht am Bett eines Patienten.
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Auf den Intensivstationen wird die Lage immer angespannter. Intensivmediziner und Anästhesisten fordern deshalb ein sofortiges Gegensteuern.

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"Belastungen sind unerträglich": Intensivmediziner fordern 2G

"Belastungen sind unerträglich": Intensivmediziner fordern 2G

Wegen drastisch steigender Infektionszahlen hat Bayern den Katastrophenfall ausgerufen. Viele Intensivbetten sind belegt. Müssen Kranke und Verletzte bald abgewiesen werden? Intensivmediziner und Anästhesisten fordern 2G im öffentlichen Leben.

Die Lage auf den Intensivstationen in Bayern ist angespannt. Die Zahl der Corona-Infektionen steigt rasant – auch die Todesfälle haben sich vervielfacht. Das Robert-Koch-Institut meldete heute Morgen 13.197 Neuinfektionen. Außerdem wurden 63 Covid-19-Todesfälle in Bayern gemeldet. Fast jeder dritte der bundesweit 191 Corona-Toten kam somit aus dem Freistaat.

Patienten können nicht so schnell behandelt werden wie sonst

Für die Kliniken in Bayern hat das Folgen. Planbare Operationen werden bereits verschoben, Patientinnen und Patienten verlegt. Der Intensivmediziner Stefan John erlebt die aktuelle Situation aus nächster Nähe: Er leitet am Klinikum Nürnberg den Funktionsbereich Intensivmedizin. Noch seien die Intensivstationen im Freistaat nicht in einer Triage-Situation, in der die Ärztinnen und Ärzte entscheiden müssten, wen sie noch behandeln und wen nicht, berichtet John. "Aber wir sind tatsächlich in einer massiven Überlastungssituation, so dass viele Patienten verlegt werden müssen, dass viele vielleicht nicht ganz so schnell behandelt werden können wie es normalerweise der Fall ist." Ähnliches berichten heute Ärzte an den Arberlandkliniken in Viechtach und Zwiesel.

Anästhesisten fordern 2G und Booster-Impfung für alle

Für die Notärzte sei es inzwischen oft schwer, überhaupt einen Platz für ihre Patienten auf einer Intensivstation zu finden, so die Erfahrung des Nürnberger Intensivmediziners. Sie müssten viel rumtelefonieren und zum Teil auch längere Strecken fahren. Die derzeit schwierige Situation erfordert aus Sicht des Berufsverbands der Deutschen Anästhesisten aus Nürnberg (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesie & Intensivmedizin (DGAI) sofortige Maßnahmen. In einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Gesundheitsminister der Länder fordern die beiden Verbände sofort 2G in allen Bereichen des öffentlichen Lebens einzuführen, besonders bei Großveranstaltungen. Überall dort, wo 2G nicht umsetzbar sei, müssten wieder Kontaktbeschränkungen eingeführt werden. Außerdem soll es aus ihrer Sicht eine Booster-Impfung für alle geben, so die Anästhesisten in dem Schreiben.

Nicht-Covid-Patienten können nicht mehr gut versorgt werden

Die Auswirkungen der vierten Coronawelle führten dazu, dass Notfall-Patienten mit Herzinfarkten oder Schlaganfällen sowie Tumorpatienten "kaum noch nach unseren Qualitätsstandards medizinisch versorgt werden können", weil die Stationen mit Covid-19-Patienten voll seien. Der Verband warnt zudem vor mittelfristigen Folgen für die Gesundheitsversorgung, weil für immer mehr Ärzte und Pflegepersonal „die Belastungen nach fast zwei Jahren aufreibender Arbeit an vorderster Front der Pandemie unerträglich geworden sind“.

Intensivmediziner John: Unmut wegen Ungeimpfter groß

Auch der Nürnberger Intensivmediziner Stefan John beobachtet, dass die Stimmung beim Pflegepersonal schlecht ist. Wenn einer stundenlang im Vollschutz schwitzend Patienten betreuen müsse und dann immer wieder auf ungeimpfte Patienten treffe, "dann ist der Unmut oft groß, weil es eben vermeidbar gewesen wäre."

Noch immer gebe es in Deutschland zwischen 15 und 18 Millionen Menschen ohne Impfung, bei denen die Infektion ungebremst ablaufen könne. Dies führe dazu, dass auch Geimpfte keinen sicheren Schutz mehr hätten.

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Dr. Jens Deerberg-Wittram von den RoMed-Kliniken in Rosenheim
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Dr. Jens Deerberg-Wittram von den RoMed-Kliniken in Rosenheim